Ein Leben ohne Pasta ist möglich, aber sinnlos. Das wissen auch die besten Italiener in Deutschland.

Ein Leben ohne Pasta ist möglich, aber sinnlos. Das wissen auch die besten Italiener in Deutschland.
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Italienische Küche: Die besten Restaurants in Deutschland

Die »cucina italiana« hat während der Corona-Krise ihren Ruf als beliebteste Küche der Welt untermauert. Diesen Gastronomen gelingt es auch bei uns, ein Stück Italien ins Land zu holen.

Die Münchner brüsten sich gern damit, die nördlichste Stadt Italiens zu sein. Natürlich stimmt das nicht, Italiens nördlichste Stadt heißt Ster­zing und liegt in Südtirol, fünf Kilometer Luftlinie vor der österreichischen Grenze entfernt. (Sie ist übrigens sehr schön.) Wahr ist hingegen, dass in keiner anderen deutschen Stadt so viele Menschen mit italienischen Wurzeln leben. Knapp 28.000 sind es, danach folgen Stuttgart und Köln mit jeweils rund 19.000.

Das schlägt sich in der Zahl der italienischen Restaurants nieder. Zwar gibt es keine exakten Statistiken darüber, doch eine näherungsweise Umfrage für diesen Text in Stadtverwaltungen und Gastronomieverbänden legt nahe, dass München mit gro­ßem Abstand führt. Fast 600 Lokale gibt es in der Stadt, darunter etliche Eck-Pizzerien, aber auch das älteste italienische Restaurant Deutschlands, die »Osteria Italiana«, die 1890 eröffnet wurde.

In München steht die einzige deutsche Filiale der Feinkost­kette »Eataly«, und auch Langläufer gehobener Italo-Küche, wie das »Acetaia« und das »Acquarello«, sind in München beheimatet. Die bayerische Landeshauptstadt bleibt das deutsche Zentrum für die »cucina italiana«, das muss man den Münchnern lassen.

Um die Ravioli im »Acetaia«  reißen sich nicht nur Stammgäste. Das Münchner Lokal gehört seit Jahren zu den besten Italienern Deutschlands.
© Benjamin Olszewski
Um die Ravioli im »Acetaia«  reißen sich nicht nur Stammgäste. Das Münchner Lokal gehört seit Jahren zu den besten Italienern Deutschlands.

Pasta-Export boomt

Die italienische Küche ist Umfragen zufolge noch immer die populärste kulinarische Stilrichtung der Welt. Ihr Boom, der in den 1980er-Jahren weltweit begann, hat nie aufgehört, nicht in Deutschland und auch nicht in anderen Ländern. Besonders sichtbar war die Anziehungskraft zuletzt im Corona-Jahr 2020: Supermarktregale, in denen sich Pasta sonst stapelt, sahen nach den ersten Lockdown-­Ankündigungen aus wie von Barbaren geplündert; der italienische Branchenverband Filiera Italia meldete für 2020 ein Pasta-­Exportplus von 20 Prozent.

Dass der große kulinarische Schatz des Landes jenseits der Alpen so viel mehr ­beinhaltet als Pasta und Pizza, beweisen die gehobenen Restaurants, die sich über ganz Deutschland verteilen. Der Norditaliener Mario Gamba zelebriert seine Küche seit mehr als 25 Jahren auf formidable Art und Weise. Nach Stationen unter den bes­ten Köchen und vielen Jahren im Ausland eröffnete er 1994 sein eigenes italienisches Restaurant in München, und schon wenige Jahre später bekam das »Acquarello« einen Stern.

»Ich mache eine Küche ohne Spoiler, man erkennt immer das Produkt. (...) Wenn du dein Essen erklären musst, dann hast du etwas falsch gemacht.« 

Im Dezember 2020 wurde Gamba vom italienischen Restaurantführer Gambero Rosso zum »Koch des Jahres« gekürt – als Auswanderer im kalten Deutschland, wohlgemerkt. Sein Geheimnis? Ganz schlicht, sagt er: »Ich mache eine Küche ohne Spoiler, man erkennt immer das Produkt.« Und: »Wenn du dein Essen erklären musst, dann hast du etwas falsch gemacht.«

Läuft auch im Lockdown

Ohne große Worte funktioniert auch das derzeitige Corona-Angebot des »Acetaia«. Ein üppiges Menü für 120 Euro steht auf der To-go-Karte, außerdem der Klassiker des Hauses, die Ravioli mit zweierlei Pecorino und Mascarponefüllung. Nicht viel, und trotzdem mehr als ausreichend, um den Anspruch des Publikums zu befriedigen. »Ich nehme unser Angebot schon nach wenigen Stunden offline, weil wir so schnell ausverkauft sind«, sagt Geschäftsführer Michele Perego. Gute Produkte, gute Rezepte – braucht es wirklich bloß diese beiden Zutaten, um ein erfolgreiches Restaurant zu führen? Was macht einen guten Italiener aus?

»Herzblut«, sagt ein Mann, der es wissen muss. Andreas Schlapa hat nicht nur das »Acetaia«, sondern mit dem »Vinaiolo« und dem »Hippocampus« zwei weitere Lokale der Extraklasse in München populär gemacht. Und auch wenn ohne Herzblut gewiss nichts läuft, beruht sein Erfolg doch auf konkreteren Dingen. Da wäre zunächst einmal die sorgfältige Auswahl seines Personals, das der Doyen fast immer aus Italien rekrutiert. »Es beeindruckt mich, wenn ich in einem Café in Neapel noch immer den gleichen Barista wie vor 20 Jahren sehe«, sagt Schlapa. Einen Kellner, der binnen sechs Monaten in drei Münchner Restaurants zu finden sei, könne er nicht gebrauchen.

»Es beeindruckt mich, wenn ich in einem Café in Neapel noch immer den gleichen Barista wie vor 20 Jahren sehe« 

Er kümmert sich zudem persönlich um die Einrichtung, lässt Stühle anfertigen und bringt, wenn es sein muss, schon mal einen kompletten Fußboden nach Deutschland oder importiert einen antiken Kaufmannsladen. Zur mancherorts noch gepflegten folkloristisch-unterwürfigen Begrüßung per »Ciao Signorina, ciao Dottore« hat Schlapa eine klare Meinung: »Ich verbiete sie meinen Leuten.« In der Küche dagegen, das ­sei klar, hätten die Chefs freie Hand.

Matteo Ferrantino aus Apulien hat mit seiner mediterranen Küche zwei Sterne für das »bianc« erkocht.
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Matteo Ferrantino aus Apulien hat mit seiner mediterranen Küche zwei Sterne für das »bianc« erkocht.

Je höher die Weihen sind, die sich ein Könner am Herd erkocht hat, desto weiter entfernt sich die Küche von der Interpretation, die Deutsche so schätzen. Häufig ist es nicht mehr bloß Italien, das die Küche inspiriert, sondern der gesamte Mittelmeerraum. Eindrucksvolles Beispiel ist Matteo Ferrantino, der für das »bianc« in Hamburg zwei Sterne erkocht hat und spanische, portugiesische, französische Elemente genauso einfließen lässt wie italienische. Und die freie, moderne Gourmetküche von Nicholas Hahn im »Ristorante Ai Pero« könnte ebenso gut in Mailand erfolgreich sein – man bekommt sie aber im Städtchen Andernach.

Eine Großstadt ist eben keine zwingende Voraussetzung für herausragende italienische Küche, wie auch Iris Dellavecchia und ihr aus dem Piemont stammender Mann Beppe beweisen. Östlich von Hamburg, im kleinen Ort Glinde, steht die piemontesische Spielart auf dem Menü des »San Lorenzo«, eine der reichhaltigsten Regionalküchen des Landes. Köstlich etwa die Agnolotti, gefüllt mit Ragout vom Fassone-Rind, dessen Fleisch lange im eigenen Reifeschrank abhängt. Dazu ein greifter Barolo, magnifico!

Ein wenig muss man natürlich auch ­noch schwärmen von Meistern wie Carmelo Greco in Frankfurt und seinen siziliani­schen Gamberoni, von Daniele Corona auf »Schloss Filseck« und seiner Bernsteinmakrele oder von Roberto Carturan in Köln, der nicht nur mit den Muscheln in Safransud punktet, sondern freitags auch mit Gesang – schöner wäre nur noch, wir könnten endlich wieder auch zu Besuch kommen. Wenige Wochen noch, baci e a presto!

Das »San Lorenzo« in Glinde beweist, dass anspruchsvolle »cucina italiana« auch in kleineren Orten möglich ist.
© Bettina Kuelper
Das »San Lorenzo« in Glinde beweist, dass anspruchsvolle »cucina italiana« auch in kleineren Orten möglich ist.
Philipp Elsbrock
Philipp Elsbrock
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