Blick von der Terrasse des Schlosshotels Velden Richtung Pörtschach.

Blick von der Terrasse des Schlosshotels Velden Richtung Pörtschach.
© A Capella Hotel Schloss Velden

Wörthersee – Die Riviera Kärntens

Es gibt eine erstaunliche Bandbreite an touristischen Angeboten, die Freunde von aufgemotzten GTIs mit Gummi-Fetisch ebenso anspricht wie anspruchsvolle Genießer.

An keinem anderen heimischen Badesee gibt es eine höhere Anzahl an ausgezeichneten Restaurants. Die Falstaff Gourmetclubtester vergaben nicht weniger als 24 Gabeln an Betriebe rund um den See. Natürlich ist der Abgang von Silvio Nickol in die historischen Gemäuer des Wiener Palais Coburg ein schmerzlicher Verlust, doch sein Nachfolger Stefan Lastin will an die Erfolge des allseits gelobten Deutschen anknüpfen.

Auf seinen Vorgänger angesprochen meint Las­tin: »Wir wollen niemandem hinterherkochen. Wir machen das, was wir können, und ziehen unser Ding durch.« Der geborene Kärntner will im Schlosshotel Velden verstärkt auf regio­nale Küche mit Produkten aus der nächsten Umgebung setzen, ohne auf die Highlights der internationalen Küche zu verzichten. Der Fisch braucht gerade mal zehn Minuten vom See in die Küche, das Wild kommt von den Jägern aus der Region, das Lamm von der Millstätter Alm und das Kalb aus dem Mölltal.

Eines der Highlights beim ersten Lokalaugenschein waren die Variationen vom Wörthersee-Saibling, bestehend aus Gurkentürmchen mit Saiblingskaviar, Carpaccio mit Gurkenwürfeln und Zitronenvinaigrette, gebratenem Filet auf Zaziki und gebackenem Saiblingsbällchen mit Gurkensorbet mit frischen Kräutern. Die Performance von Lastin zur Eröffnung des neuen »Schlossstern« war eindrucksvoll und lässt für die Zukunft einen neuen Fixstern am Wörthersee erhoffen.

Groß aufgekocht

Abgesehen von Lastin werken in den hochdekorierten Küchen rund um den See vor allem Zugereiste, von den Einheimischen anerkennend »Beutekärntner« genannt. Im etablierten Veldener »Caramé« etwa schwingt der Deutsche André Stahl seinen Kochlöffel. Das Res­taurant im Herzen von Velden wirkt durch seine durchgehende Glasfassade einladend offen. Der Wahlkärntner pflegt einen modernen Küchenstil, sucht aber bewusst die Distanz zur Molekularküche und will anstelle von Show­elementen den ursprünglichen Geschmack der Grundprodukte sprechen lassen.

In der umfassenden Weinkarte findet man garantiert den passenden Begleiter für jedes Gericht. Stahls Vorgänger Hubert Wallner hat nach einer Saison im Aenea mit dem neu eröffneten »See Res­taurant Saag« einen fulminanten Start hingelegt. Der gebürtige Niederösterreicher schaute seinen Lehrmeistern Heinz Hanner, Toni Mörwald, Hans Haas und Martin Sieberer genau auf die Finger und kann nun im Vorzeigeprojekt im Seebad Saag beweisen, dass er den Kochgranden in nichts nachsteht. Viel Aufmerksamkeit widmet er der Reinanke vom Wörthersee, die er in wechselnden Variationen anbietet. Im Moment gibt es sie mit Veronelli-Olivenöl konfiert und zweierlei Sellerie – roh mariniert und als Mousseline.

Über den für die Gäste zugänglichen Weinkeller mit über 500 Positionen wacht Sommelière Ines Hofstadler, die heuer mit dem Vineus ausgezeichnet wurde. Das jugendliche Konzept ist vom perfekten Service über die kompetente Weinberatung bis hin zum chilligen Ambiente derart stimmig, dass das Restaurant bereits nach der ersten Saison den begehrten Falstaff-Preis für das beste Szenelokal Österreichs erobern konnte.

Speisen entsprechend den Mondphasen

Das »Leon« im Schloss Leonstain in Pörtschach hat die Kritiker in den letzten Jahren nicht ganz glücklich gemacht, allerdings wurde die Ausrichtung bewusst etwas bodenständiger gewählt. Der Schwerpunkt liegt auf regionaler und nachhaltiger Küche mit Anspruch. Schlossherr Chris­toph Neuscheller betreibt eigene Fischzuchten und beliefert auch einige seiner Kollegen. Gäste loben besonders die Patisserie. Eine der gemütlichsten Strandbars des Sees ist im Moment »Leon Beach«. Pächter Gerd Nussbaumer ist der Gründer des erfolgreichen »Lakeside« am anderen Seeufer und brachte für seine neue Aufgabe entsprechendes Know-how mit. Der Schwerpunkt liegt auf alkoholischen Genüssen, aber verhungern muss man dank kleiner und einfacher Speisenauswahl nicht. Gesunde, genussvolle Küche nach den vier Elementen findet man im neuen »La Balance«, das im gleichnamigen Hotel mit herrlichem Blick über den See untergebracht ist. Nicht nur die Speisenauswahl richtet sich nach den Mondphasen, sogar die Farbgestaltung passt sich entsprechend an – an Feuertagen erstrahlt das Restaurant in Rot, an Erdtagen sind die Farben eher gedeckt. Das Seerestaurant »Kropfitschbad« verfügt über eine der schönsten Terrassen am Wasser, und die Küche hat sich in den letzten Jahren erfreulich gesteigert. Die Tische stehen nahe am Schilf, und die Abendstimmung wird durch den offenen Kamin auf der Terrasse noch gemütlicher.

Kulinarischer Ausflug

Auf unserer Seerunde geht es weiter nach Klagenfurt, wo man das »Dolce Vita« in der Altstadt nicht unerwähnt lassen darf. Es ist mit drei ­Gabeln das höchstdekorierte Restaurant am Wörthersee und begeistert mit ausgezeichneter Fischküche. Das »Fischrestaurant Sicher« in Tainach liegt 20 Autominuten vom See entfernt und passt somit geografisch eigentlich gar nicht in diesen Artikel, aber es ist zu gut, um es auszulassen: Die Brüder Sicher sind für ihre Saiblingszucht und den Saiblingskaviar über die Grenzen des Landes hinaus bekannt und beliefern Toprestaurants wie das »See Restaurant Saag«. Die Küche wird jedes Jahr besser, der Garten ist zauberhaft, der Service sehr aufmerksam, und nachhaltiger als bei den ­Sichers geht es wohl nirgendwo zu.

Highlights am Südufer

Nach diesem Abstecher in den Osten führt uns die kulinarische Rundfahrt an das malerische Südufer des Wörthersees. In Reifnitz, wo sich der GTI-Stau für heuer Gott sei Dank schon wieder aufgelöst hat, liegt das Designhotel Aenea. Nach dem schweren Unfall des herausragenden Talents Alexander Sowinetz im Vorjahr kocht heuer Harald Rindler klassisch österreichisch, »jung und frech interpretiert«. Das bereits erwähnte »Lakeside« bietet ein unschlagbar gemütliches Ambiente direkt am Seeufer. Die gute mediterrane Küche und die gepflegten Drinks ziehen die Kärntner Society an, die Prominenz wählt die Anreise per Boot und legt öffentlichkeitswirksam am hauseigenen Steg an.

Traditionsreich und bodenständig

Wirklich authentische Kärntner Schmankerln findet man aber weder in chilligen Bars noch in teuren Luxushotels, sondern in den preislich ungleich attraktiveren Buschenschankbetrieben mit eigener Landwirtschaft. Die Auswahl ist groß, und Urlauber können sich an den Empfehlungen der Initiative »Gutes vom Bauernhof« orientieren. Die Gäste erfrischen sich mit süffigem Apfelmost und stärken sich bei einer guten »Jaus’n« mit frischem Brot, Speck, Geselchtem, hausgemachter Butter und knackigem Gemüse – alles aus eigener Produktion. Beispielhaft sei mit der »Buschenschenke Jost« hier nur ein Betrieb genannt: Rosi Aichholzer verkörpert die Kärntner Gastfreundschaft in idealtypischer Weise und ist für ihre Brot- und Backwaren bei Einheimischen und Stammgästen äußerst beliebt.

Aus Falstaff Magazin Nr. 05/2011

Bernhard Degen
Autor
Marion Topitschnig
Autor
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