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Long Weekend in Edinburgh

Edinburgh erwacht aus seinem kulinarischen Dornröschenschlaf – nie gab es bessere Zeiten für Genießer, um der schottischen Hauptstadt einen Besuch abzustatten.

Freitag

Wir lunchen in einem der angesagtesten Restaurants Edinburghs, trinken »5 o’clock tea« und gönnen uns ein schottisches Sternemenü.

Schottlands raue Seele ist Edinburgh auf den ersten Blick nicht anzusehen – erbaut auf sieben Hügeln, entzückt die Stadt mit ihren engen Gassen in der mittelalterlichen Altstadt, mit den georgianischen Bauten im New Town anstatt mit einer vibrierenden, aufstrebenden Gastrokultur. Das Hotel »Kimpton Charlotte Square« befindet sich in einem der georgianischen Häuser der Neustadt. Gekonnt modernisiert verbirgt sich hinter der altehrwürdigen Fassade ein modernes, pulsierendes Stadthotel.

Für den Lunch haben wir im »Timber­yard« reserviert, eine angesagte Adresse, untergebracht in einem Backstein-Lagerhaus. Das von Familie Radford geführte Restaurant arbeitet eng mit wenigen lokalen Produzenten zusammen. Aus den erstklassigen Produkten zaubern sie mit ihrem Team ebenso einzigartige Gerichte, veredelt mit Methoden der nordischen, aber auch der klassisch-französischen Küche. Im »Timber­yard« wird die New Scottish Cuisine gelebt, wenn man so will.

Edinburgh ist für Städtereisende wie gemacht – die Stadt ist wirklich kompakt, und fast alle Transfers lassen sich zu Fuß bewältigen. Vom »Timberyard« ist es kein weiter Weg in die mittelalterliche Altstadt. Hier steht ein wichtiger Programmpunkt an, wenn man sich auf den britischen Inseln befindet: der »5 o’clock tea«. Legendärster Ort dafür ist das »The Colonnades at the Signet Library«. Umgeben von hohen Bücherregalen genießen wir auf Polstermöbeln einen authentischen, schottischen Nachmittagstee samt klassischen Sandwiches und natürlich Teegebäck.

Zum Dinner zieht es uns ins »21212«, die Wirkungsstätte des schottischen Altmeisters Paul Kitching. Seit zehn Jahren hält dieser seinen Michelin-Stern und gehört mit seinen Kreationen zwischen Tradition und augenzwinkernder Moderne längst zu den Stars der neuen, britischen Küche. Das saisonale Menü wechselt wöchentlich.

Ausklingen lassen wir den Abend in der Bar des »Angels Share Hotel«, einer der ersten Adresse für Whiskyliebhaber. Neben einer ausgedehnten Auswahl an schottischen Etiketten findet man hier auch internationale Whiskys – und natürlich mixt das kompetente Team daraus auch gerne erstklassige Whisky-Cocktails.

Samstag

Wir besuchen eine Destillerie, entdecken kulinarische Schätze in der Altstadt und genießen schottisch-asiatische Fusionsküche.

Whisky-Aficionados kommen nicht nur in Edinburghs Bars auf ihre Kosten. Nur 15 Minuten fahren wir bis zur Brennerei Glenkinchie. Die Distillery mit dem passenden Übernamen »Malt of Edinburgh« bietet Transfers aus der Innenstadt an. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz, und ab 10 Uhr morgens werden jeweils geführte Touren angeboten – von der einfachen Besichtigung bis zum ausgedehnten Tasting rarer Tropfen.

Zurück in der Stadt genießen wir einen ungezwungenen Lunch im »Fhior«. Das junge Gastropaar Scott und Laura Smith hat hier 2018 seinen Traum eines modernen Fine-Dining-Lokals verwirklicht. Unprätentiös-modern geht es zu und her. Zu Mittag wählt man seine Gerichte je nach Vorlieben und Appetit selber aus. Die Smiths rücken bei jedem Gericht ein ausgewähltes, schottisches Produkt ins Zentrum – logisch, dass hier bestes Seafood auf die Teller kommt.

Ein Must für Gourmetreisende ist ein Besuch der Edinburgh-Filiale von Harvey Nichols in der Altstadt. Insbesondere die Feinkost-Abteilung lässt keine Souvenirwünsche offen. Von dem Kaufhaus ist es kein weiter Weg zur National Gallery oder zur National Portrait Gallery. Beide Institutionen zeigen Werke großer schottischer und internationaler Künstler – und das in atemberaubender, typischer Edinburgher Kulisse.

Nach einem ausgedehnten Museumsbesuch und einem anschließenden Altstadtbummel zieht es uns zum Aperitif ins »Ondine«. Austern findet man in Edinburgh natürlich häufig, bessere als hier haben wir allerdings nirgendwo gegessen. Je nach Saison stehen mehrere Sorten zur Auswahl.

Paul Wedgwood gehört zu den Vorreitern der neuen schottischen Küche – ein Must für unser Samstagsdinner. Wedgwood kocht schottisch mit Asia-Touch. Eine Interpretation des Nationalgerichts Haggis, kombiniert mit Taube bietet er genauso an wie eine schottisch inspirierte Miso-Suppe.

Sonntag

Wir genießen authentische schottische Gerichte, besuchen die Queen in ihrer Residenz und dinieren im hippen Hafenviertel.

Am letzten Tag unserer Edinburgh-Reise zieht es uns nochmals zu einem kulinarischen Hotspot. Das Gastropub »Scran & Scallie« öffnet zum Frühstück bereits um 8.30 Uhr, ab 12 Uhr wird Lunch serviert. Geführt wird es von zwei der besten Köchen Schottlands: Tom Kitchin und Dominic Jack. Wer früh aufstehen mag, kriegt Klassiker wie Eggs Benedict oder schottische Pancakes serviert, zu Mittag stehen dann Pies, Fish & Chips und natürlich Haggis auf dem Menu. Warum man diese Gerichte genau hier essen sollte? Im »Scran & Scallie« werden zum größten Teil beste regionale Zutaten verwendet, und besser schmecken die Gerichte ebenfalls nirgendwo – und das sagen nicht nur wir, sondern auch viele Einheimische.

Am Sonntagnachmittag besuchen wir das Edinburgh Castle auf dem Castle Rock – denn wer hier nicht war, hat Edinburgh nur halb besucht. Danach gehen wir weiter zum Holyrood Palace, der offiziellen Residenz von Königin Elizabeth II. in Schottland. Der Palast ist über die Royal Mile direkt mit dem Castle verbunden. Bei Schönwetter empfiehlt es sich, im ausgedehnten Holy­rood Park zu verweilen – ein wenig wildes Schottland inmitten der Stadt. Bei gutem und bei schlechtem Wetter lädt die Queen’s Gallery zur Besichtigung von Kunstwerken aus der Royal Collection ein.

Schottland gehört definitiv zu den Käsenationen Europas. I.J. Mellis Cheesemonger ist ein Käseladen und -Café mit mehreren Filialen. Die Selektion sucht ihresgleichen. Das bestens geschulte Personal lässt uns gerne probieren, bevor wir uns ein Stück erstklassigen Schafskäse mitnehmen – samt passenden Crackers und Chutneys.

Unsere letzte Station, »The Little Chartroom«, befindet sich in Leith. Das lebhafte Hafenviertel stand bei den Einheimischen lange in Verruf und mausert sich gerade zum Trendquartier – Kreative leben hier heute neben Alteingesessenen. Der perfekte Nährboden für die schottisch-französisch inspirierte Küche des jungen Gastropaares Shaun McCarron und Roberta Hall.
Unseren letzten Dram Whisky genießen wir in der »The Devil’s Advocate Bar« – mehr als 500 Scotchs und Whiskys verschiedener Herkunft stehen hier zur Wahl.

Benjamin Herzog
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