Grado: Fischerdorf mit viel Charme, Authentizität und einer ganz besonderen Küche.

Grado: Fischerdorf mit viel Charme, Authentizität und einer ganz besonderen Küche.
© mauritius images

Long Weekend Grado

Grado ist ein Ort, der Antwort gibt auf die Sehnsucht des Nordeuropäers nach Meer, Sonne, guter Küche, feinen Spaziergängen und der Leichtigkeit des ­Dolce Vita. Und das zu jeder Jahreszeit.

Freitag

Fischkultur: Feinschmecker sind hier bestens aufgehoben – dank der typischen, nach überlieferten Rezepten gekochten Gerichte.

Sonne, Strand, Meer, Kultur und Genuss. All das ist Grado – und noch viel mehr. Denn der Ort in der Lagune ist immer noch ein Fischerdorf, und das macht auch seinen unvergleichlichen Charme aus. Man liebt Grado, weil es lebendig ist und vom Hafen mit den bunten Fischerbooten bis zu endlosen Stränden mit flachem Wasser genau das verkörpert, was der Mensch aus dem Norden mit einer entspannten Zeit im Süden so verbindet. Man erreicht die goldene Insel über die zauberhafte Lagune, und ein wunderbar altmodisches Schild verweist auf »La Spiaggia della Mitteleuropa« (Der Strand Mitteleuropas). Allein dieser Satz ist beredter Zeuge der Geschichte des Ortes. Enge, pittoreske Gassen, verwinkelte kleine Plätze, die Campielli, schöne Campanile, der stolze Dom Sant’Eufemia oder seine kleine Schwester Santa Maria delle Grazie – alles auf engstem, einst dem Meer abgetrotztem Raum erbaut.

Einen Tag sollte man auf jeden Fall der Altstadt widmen, die natürlich nicht nur mit schöner Architektur und immer wieder besonderen Einblicken punktet, sondern mit ihrer Tradition und Kultur auch ein magischer Ort ist, an dem man so viel entdecken kann. Immer jedoch ist es auch ein köstlicher Platz der außergewöhnlichen Genüsse, vor allem der authentischen Gradeser Küche, die geprägt ist von maritimer Kultur und der langen Tradition der Sonneninsel im Fischfang.

Die einstige Abgeschiedenheit mitten im Meer hat eine Fischküche entstehen lassen, wie sie besser nicht sein könnte. Und nicht nur im berühmten Boreto tummelt sich feinstes, frisches Meeresgetier. Sagen Sie aber niemals Fischsuppe zum Boreto, das ist ein absolutes No-Go. Versuchen sollten Sie ihn aber unbedingt – und vielleicht nicht nur einmal, denn jedes Restaurant gibt »seinem« Boreto eine eigene Note und besondere Zutat. Und eines ist sicher: Das einstige Arme-Leute-Gericht hat sich zu einer köstlichen Verbindung dessen gemausert, was das Meer hergibt. Zum Beispiel im »Agli Artisti«, wo Alessandro Corazza nicht nur den Boreto, sondern generell Fischküche vom Feinsten zubereitet. Ganz besonders: Cannolicchi, ein Mini-­Boreto aus Tintenfisch mit Polenta; danach wäre ein köstliches Fritto misto eine Idee.

Der Fischreichtum der Lagune spiegelt sich auch auf der Speisekarte der »Tavernetta all’Androna« wider. Passera (Flunder) aus dem Meer, Bisato (Aal), Poratto (eine Variante der Seezunge) oder Cucco (Steinbutt) werden hier zu göttlichen und sehr eigenständigen Gerichten, denn nicht nur die Fischnamen sind in Grado ein wenig anders.

Samstag

Lagunen-Genuss: Das Spiel der Gezeiten, der Wechsel von Ebbe und Flut ist hier spürbarer als an anderen Orten der Oberen Adria. Das gefällt auch den vielen Fischarten.

Audrey Hepburn, Kaiserin Elisabeth und Ernest Hemingway haben eines gemeinsam: Sie liebten Grado. Heute tun das Prominente und Normalbürger gleichermaßen – und verwandeln den Ort, vor allem im Sommer, zu einer quirlig-sommerlichen Oase der Lebensfreude. Wer aber Einsamkeit, Stille und unberührte Natur sucht, der kann hinaus in die Lagune schippern und eine einmalige Landschaft und die Casoni (Fischerhütten) entdecken. Ideal für Lagunen-Romantiker: Man reist per Ausflugsschiff, Taxiboot oder mit einem privaten Mietboot stressfrei auf eine Laguneninsel und isst dort authentische Fischgerichte.

Auf der Isola di Anfora im »Ai Ciodi« etwa gibt es nur, was frisch aus der Lagune kommt, und das wird von der  Familie Tognon seit vielen Jahren zu köstlichen Sarde in saor oder zu fantastischen Spaghetti al nero di seppia verarbeitet. Piero Pasolini drehte hier 1969 seinen berühmten Film »Medea«, und seither ist die Faszination ungebrochen. Die Lagune besteht aus vielen hundert Inseln, und die Vielfalt an Muschel- und Fischarten ist groß: Venusmuscheln, viele Garnelenarten, Seezungen, Barsche, Sprotten, Glatthaie, die hier dann Sardela beziehungsweise Can heißen.

Grado hat eine alte kulinarische Tradition, in der Fisch gemeinsam mit einfachen und geschmackvollen Zubereitungen, zum Beispiel bei Sepe sofegae, dem gedämpften Tintenfisch, oder Peverasse al baso, einem exquisiten Muschelgericht, die Hauptrolle spielt. In der Altstadt von Grado und in der Lagune warten die Wirtsleute mit diesen Gradeser Besonderheiten auf: Zum Beispiel im »Zero Miglia« und im »Ristorante al Pellegrino« auf der Isola Barbana. Typische Fischküche findet man auch im »Alla Borsa« und in der »Trattoria de Toni«. Tage in Grado, das heißt Sonne, Strand und vor allem immer auch Zeiten des Schlemmens. Vor oder nach einem köstlichen Mahl kann man als südlicher Flaneur am Lungomare Nazario Sauro die Weite des Meeres und den Sonnenuntergang genießen. Vor den nächsten Köstlichkeiten sollte man unbedingt in der »Bar al Porto« am Alten Hafen einen Apero-Klassiker zum Einstimmen auf das (nächste) Dolce Vita probieren.

Sonntag

Über das Meer fliegen: Sportliche Überflieger genießen atemberaubende Blicke über die Lagune und das schimmernde Wasser.

Sportlichkeit ist angesagt, bevor man zum genussvollen Abschluss vielleicht noch ein weiteres der schönen Lokale besucht. Wer sich nicht besonders anstrengen will und eine herrliche Aussicht von oben bevorzugt, der kann mit einem Ballon über Grado aufsteigen oder mit dem Flugzeug über die Naturschutzgebiete der Stella-Flussmündung und das Valle Canal Novo, Marano Lagunare oder die UNESCO-Städte Palmanova und Aquileia fliegen und dabei einen exklusiven Aperitif schlürfen.

Kite- und Windsurfer kommen in der Marina Julia auf ihre Kosten. Die besondere Küstenformation und sehr oft auch der berühmte Wind Bora machen den Platz zur einzigen offiziellen Abflugbahn für klassische Kitesurfer oder das gerade angesagte Hydrofoil-Surfen in diesem Küstenabschnitt. Grado bietet für Surfer oder Segler auch spezielle Fahrten vom Strand zu den Laguneninseln an. Was man bei einem Pa­no­ramaflug von oben gesehen hat, sollte man auf dem Heimweg dann unbedingt besuchen: Aquileia.

Die romanische Basilika Santa Maria Assunta gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist vor allem wegen der grandiosen Bodenmosaike ein Must. Es sind dies größten Mosaike der westlichen christlichen Welt, die zudem außergewöhnlich gut erhalten und restauriert sind. Gleich neben dieser großartigen kulturellen Sehenswürdigkeit wartet die »Pasticceria Mosaico Aquileia« mit köstlichen Dolce auf, die sich hervorragend zum Mitnehmen eignen. Das Dolce Aqvileia zum Beispiel ist ein »Reisedessert« aus Zutaten wie im alten Rom: Nüsse, Feigen, Honig, ummantelt mit einem knusprigen Teig. Und wenn man schon auf dem Weg ist, dann lohnt sich ein Abstecher ins »1883 Restaurant«, wo man die beste Mischung aus Tradition und Moderne auf den Tellern, in den Gaststuben und wunderschönen Zimmern vorfindet. Ein Ort zum Einkehren, Bleiben, vor allem aber zum Immer-wieder-Kommen. Auch, aber nicht nur, auf dem Weg zur goldenen Insel in der Lagune Grado.

Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2019

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Ilse Fischer
Ilse Fischer
Autorin
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