Der Blickfang im »Dox Restaurant« im »Hyatt Hotel«: die offene Showküche von Küchenchef Paul Hoffmann.

Der Blickfang im »Dox Restaurant« im »Hyatt Hotel«: die offene Showküche von Küchenchef Paul Hoffmann.
© Gerrit Meier

Gourmettempel Düsseldorf

Düsseldorf ist eine Mode-Stadt, keine Frage. Die Kö ist weltbekannt. Doch die Stadt am Rhein kann sehr viel mehr: Die Vielfalt an kulinarischen Köstlichkeiten ist beispiellos.

Düsseldorf und Mode, das ist wie München und das Oktoberfest. Eines ohne das andere ist kaum vorstellbar. Schließlich zählt die Königsallee zu den führenden Luxus-Einkaufsstraßen Europas. Dass die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen abseits von Mode und Messen einiges mehr zu bieten hat, zeigt die Restaurant-Landschaft der Metropole, die so vielfältig ist wie in keiner anderen vergleichbaren Stadt. Von Gourmettempeln und Sternerestaurants über traditionelle Wirtshäuser, Bistros und Wochenmärkte bis hin zu Austern-Ständen, Brauereien und Weinbars. Die Rheinländer lieben es, zu essen und zu trinken, insbesondere auswärts.
Als Restaurant-Gast ist der Düsseldorfer anspruchsvoll, lässt sich sein kulinarisches Vergnügen aber auch gerne etwas kosten. Andererseits kann er auch ein richtiger Sparfuchs sein und freut sich über Rabatte und günstige Angebote. Schlaue Wirte wissen daher: Der Düsseldorfer Gast wählt das Gericht für zehn Euro, meckert dann aber nicht über das Glas Wein, das mindestens genauso viel kostet. Hat er sich in ein Restaurant verliebt, ist er treu, über Jahrzehnte hinweg. Aber nur so lange, bis an einem Abend eine winzige Kleinigkeit nicht stimmt. Egal, ob im Service oder auf der Rechnung – dann ist radikal Schluss mit der Treue zu seinem bis dato Lieblingsrestaurant. Und das wird dann selbstverständlich auch allen Freunden kommuniziert. 
Ist man aber nett zu seinem Düsseldorfer Stammgast, umgarnt ihn ein wenig, serviert stetig leckeres Essen und gibt hier und da mal einen Prosecco oder einen Espresso aus, kann einem als Gastronom nichts passieren. 

Sternerestaurants wie das »Im Schiffchen« von Jean-Claude Bourgueil, das »Berens am Kai« von Holger Berens und das »Dr. Kosch« von Volker Drkosch bewegen sich seit Jahren an der kulinarischen Spitze. Aber auch sie spüren, dass sich die Zeiten ändern. Dass weiß-gestärkte Tischdecken, ein aufdringlicher Kellner im Rücken und zu vornehmes Verhalten nicht mehr angesagt sind. Junge Gäste wollen unkonventionell, dabei aber trotzdem gut essen und suchen sich explizit Restaurants mit jungen Spitzenköchen aus. Genau diese wachsen in Düsseldorf stetig nach und wurden bereits mit Sternen
dekoriert: Bastian Falkenroth und sein »Nenio« neben dem angestammten Restaurant »U«, Dany Cerf im »Le Flair« oder Yoshi Nagaya im gleichnamigen japanischen Restaurant.

Benjamin Kriegel, der wahre Botschafter der jungen, unkonventionellen kreativen Küche, ist ein Shootingstar mit Sterne-Lob. Zuletzt war Kriegel, der viel von Christian Jürgens in der »Überfahrt« am Tegernsee gelernt hat, Souschef im Düsseldorfer »Victorian«, bevor er als Küchenchef in das Restaurant »Fritz’s Frau Franzi« ins »The Fritz Hotel« wechselte. Es brauchte nur wenige Monate, bis Michelin ihn dort entdeckte und für die Speisekarten-Kategorien »Spaßbringer«, »Gemüsegarten« oder »Wasserstoff« auszeichnete. Bis dahin kamen zwar schon viele Düsseldorfer ins Restaurant, seit dem Stern aber rennen sie ihm die Bude ein. Die roh marinierte Fjordforelle mit fermentiertem Chinakohl, Schwarzwald-MISO und Ponzu-Vinaigrette, das Trüffelei mit Spinat und Madeirasauce oder der Kabeljau in Meerwasser gebeizt sind exzellent.

Abseits der Sterne

Aber es ist eben nicht nur die moderne Sterne-Küche, durch die sich die Stadt am Rhein auszeichnet. Die Düsseldorfer sind gesellig, gehen gerne aus, oft jeden Abend »after work«. Dass die Rechnungen in den Sterne-Restaurants dafür zu hoch sind, liegt auf der Hand. Aus diesem Grund geht es auch den vielen anderen Lokalen jenseits des Sterne-Olymps sehr gut. Schlicht, weil sie sich für den täglichen Besuch eignen: vom »Gasthaus Stappen« und Italiener von »Casa Luigi über das »Amici« bis zum Restaurant der Familie Saitta. 
Und auch auf dem Markt geht man gerne essen. Ortsfremde mögen anfangs ungläubig den Kopf schütteln, bis sie einmal selbst auf dem Carlsplatz waren, dem ältesten noch betriebenen Marktplatz der Stadt. Er liegt im Herzen von Altstadt und Carlstadt und ist der Hotspot der rheinischen Kommunikation. Ein Ort, den man vorzugsweise mittags oder am Samstag besucht, um zu sehen und gesehen zu werden. Man steht beim Inder, bei der Erbsensuppe oder beim Pizzabäcker, besucht Kaffee- und Patisserie-Stand, schaut an der Steakschmiede oder bei Fladi und dessen nordafrikanischem Essen vorbei und lässt es sich gut gehen, während man fröhlich all seine Bekannten um sich herum grüßt. Sogar für den Abend gibt es seit Kurzem einen Stand. »Concept Riesling« schenkt auch nach
offiziellem Ladenschluss gerne das ein oder andere Glas aus. 

Nicht nur die moderne Sterneküche zeichnet die Stadt am Rhein aus. Die Düsseldorfer sind gesellig. Sie gehen gerne aus, oft jeden Abend »after work« oder auf den Markt. 

Tradition und Moderne

Wer statt Wein lieber ein schnelles Glas Champagner trinken möchte, ist bei der Austernbar von Patrick Le Guern an der richtigen Adresse. Der Franzose, stolze 70 Jahre alt, liebt es, seine Gäste zu bewirten, Meeresfrüchte zu servieren und mit jedem Einzelnen anzustoßen. Dafür hat er sich in der Einkaufspassage der Schadow Arkaden einen schicken Verkaufsstand bauen lassen, der sich seit dem Verkauf seines Lokals »Patrick’s Seafood No. 1« im Medienhafen gerade zum Treffpunkt von ganz Düsseldorf entwickelt. Denn genau so lieben es die Düsseldorfer: unkonventionell, unkompliziert und gern im Stehen – solange garantiert ist, dass man vor Ort auch Freunde und Bekannte trifft. Dann kommt der Rheinländer wieder. Vorausgesetzt natürlich, der Champagner ist kalt und die Austern sind frisch. 
Unkonventionell ist auch das Restaurant »Sansibar« inmitten einer Damenblusenabteilung im Modehaus Breuninger. 2013 im Kö-Bogen eröffnet, befindet sich diese moderne Kopie der Sylter »Sansibar« im ersten Stock und serviert selbstverständlich auch die legendäre Sansibar-Currywurst mit Pommes wie auf der Nordsee-Insel. 

Eines der ältesten Restaurants der Stadt ist das »Weinhaus Tante Anna« inmitten der Düsseldorfer Altstadt. Das historische Weinhaus ist in einer ehemaligen Jesuitenkapelle untergebracht und lockt mit frischer Feinschmeckerküche mit traditionellen Wurzeln und einer exzellenten Weinkarte. Ganz in der Nähe fasziniert die Gastronomie des neuen Andreas-Quartiers im ehemaligen Amts- und Landgericht. Mit dem Steakhaus »MASH« – kurz für »Modern American Steak House« – und dem typisch französischen Bistro »Café du Sommelier«, wurden gleich zwei erfolgreiche Gastronomie-Konzepte aus Kopenhagen an den Rhein gebracht. Neben dem lichtdurchfluteten Wintergarten mit Palmen und Olivenbäumen beeindruckt die gigantische Weinkarte des Cafés mit mehreren Hundert Positionen. Zu dem Ensemble im Andreas-Quartier zählt auch eine spanische Tapas-Bar und ein künstlerisch anmutendes Café, das nach Mutter Ey benannt ist, der legendären Gastronomin und Galeristin Johanna Ey, die in den 20er- und 30er-Jahren ein großes Herz für Düsseldorfs Künstler hatte.

Brauerei Uerige
Foto beigestellt

Pils, Hefe oder Alt? Die Düsseldorfer lieben ihr Alt!

 Über Düsseldorfs Altbierbrauereien zuerzählen bedeutet, Eulen nach Athen zu tragen. Bei aller Liebe zum Wein und anderen edlen Getränken: Der Düsseldorfer trinkt Alt. Punkt. Das tut er im »Uerige«, im »Schlüssel«, im »Schumacher«, im »Kürzer« und im »Füchschen«. Er tut es in der Altstadt, in seinem Stadtteil – egal: Fragt man fünf Düsseldorfer nach ihrem Lieblings-Alt, bekommt man fünf verschiedene Antworten. Am besten probiert man sie alle selbst aus. Direkt in der Brauerei oder auf der großen Rheinkirmes: Die lockt jährlich Mitte Juli auf die Rheinwiesen nach Oberkassel und lädt nicht nur zu Riesenrad- und Achterbahnfahrten, sondern vorrangig in die Partyzelte, die vorzugsweise von den hiesigen Brauereien bewirtet werden. 
Altbier ist aber selbstverständlich kein Muss. Zahlreiche Weinbars bieten köstliche Alternativen. Mit rund 250 Positionen auf der Karte hat die »Eiskellerbar«, zentral gelegen in der Altstadt, eine große Auswahl. Ein ganz besonderer Pluspunkt: Auch die besten Tropfen werden hier offen ausgeschenkt.

Brauhäuser

Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2018

Zum Magazin

Anke Kronmeyer
Autor
Mehr zum Thema