© Roger Gruether

Eine Reise durch die Alpen: Top of Schweiz

Die alpinen Skiorte sind ein internationales Aushängeschild der Schweiz. Die Atmosphäre der Orte und die Kulinarik bewegen sich auf Spitzenniveau. Ein Streifzug zu den Hotspots dieses Winters.

Fragen Sie einen mittelmäßig informierten Norweger, Kroaten oder Kanadier, welche Ortschaften er in der Schweiz namentlich kennt. Zürich und Genf wohl, vielleicht Luzern und Basel. Bern, wenn man im Geografieunterricht aufgepasst hat. Winterthur, St.Gallen, Biel? Fehlanzeige. Was aber fast alle kennen: St. Moritz, Davos, Gstaad. Viele auch noch Zermatt, Verbier oder Crans-Montana. 
Kein Zweifel, die alpinen Destinationen sind in vielerlei Hinsicht das Aushängeschild der Schweiz. Dafür gibt es gute Gründe, besonders im Winter. Ein Blick auf das verschneite Matterhorn oder die Jungfrau ist ebenso wenig zu toppen, wie das Licht über den zugefrorenen Engadiner Seen. Die meisten Skigebiete sind dank ihrer Höhe schneesicher und verfügen über exzellente Wintersportanlagen. Nicht zuletzt sind einige Orte zu Synonymen für Jetset und gehobenes Highlife geworden, und gerne sonnt man sich ein wenig im Licht der (meist unsichtbaren) Promis. Wer allerdings behauptet, dass hier die Durchschnittspreise für Dienstleistungen im Schnäppchensektor liegen, ist ein Schönfärber.

Dass man an diesen Orten aufs Beste verköstigt wird, versteht sich quasi von selbst. Wir beginnen unseren gastronomischen Rundgang (bei dem wir das Engadin für andere Gelegenheiten aufsparen) in Gstaad. In der idyllischen, nicht allzu schroffen Bergwelt des Berner Oberlands, bekannt für Tennis und klassische Musik, geben zwei Lokale den Ton an.
In der »Chesery« kocht seit 1984 Robert Speth; er ist längst ein Grandseigneur der Schweizer Spitzenküche geworden. Berühmt ist sein Fisch, besonders wenn es um die »Grosses pièces« geht. Daneben gelingt ihm auch alles Gefiederte hervorragend – die Bresse-Poularde von unserem letzten Besuch ist uns in bleibender Erinnerung. Der Gegenpart der »Chesery« ist der Newcomer »Alpina Gstaad«. Hier ist seit letztem Jahr Martin Göschel für die Gastronomie zuständig, Marcus G. Lindner ist weitergezogen. Göschel gebietet gleich über zwei hoch gewertete Restaurants, nämlich das klassische »Sommet« und das japanische »Megu«. Man hat also die Qual der Wahl. Im Berner Oberland wollen wir auch die Lenk nicht vergessen; im »Lenkerhof« kocht Stefan Lünse zur Freude der Hotelgäste wie der Food-Touristen laufend besser.

Schwenken wir nach Graubünden. Selbst wenn man das Engadin beiseite lässt, haben die Bündner Wintersportorte den Gourmets einiges zu bieten. Davos ist allerdings nicht so dicht mit hochklassigen Restaurants bestückt, wie man dies angesichts seiner Größe und Bedeutung vermuten würde. Zum Glück gibt es Armin Amrein und sein »Glow«. Ohne ihn auf ein Gericht reduzieren zu wollen: Seine Entenleber auf karamellisiertem Apfel muss man unbedingt probiert haben.
Einen unwiderstehlichen Chalet-Charme strahlt das »Guarda Val« auf der Lenzerheide aus. Hier hat eben der junge Sternekoch Adrian Bürki von Thomas Walz übernommen – wir sind zuversichtlich, dass er nahtlos an die Terroirküche seines Vorgängers anknüpfen kann. Und selbst Laax, das sonst vor allem auf die kulinarisch unkomplizierte Snowboard-Jugend setzt, hat ein hochklassiges Lokal zu bieten. Im »Mulania« kocht der Routinier Michael Bauer ein deutlich von seiner österreichischen Heimat geprägtes Programm.

Im Wallis trauern manche noch Roland Pierroz nach, einst einer der höchst gewerteten Köche des Landes. Trost spendet den Verbier-Gästen Mirto Marchesi. Er will seine südlichen Wurzeln nicht verleugnen, lässt sich aber auch vom kulinarischen Erbe des Wallis inspirieren. Ein Erlebnis sind generell seine Ravioli – die blanke Perfektion. Auf der anderen Seite der Rhône, in Crans-Montana, sind Franck Reynaud im »Pas-de-lOurs« und Pierre Crepaud im »Le Mont Blanc« die besten. Crepauds etwas gestelzte Wortspiele auf der Karte mögen Geschmackssache sein. Seine Teller hingegen werden alle begeistern, besonders der St. Pierre mit Szechuan-Pfeffer, emulsionierter Alpenbutter und Aromen von Verveine und Basilikum.

Mehr Haute Cuisine als Zeit

Wer immer die Alpen aufgefaltet hat, das Matterhorn ist sein Meisterwerk. Es ist zusammen mit dem Fujijama und dem Kilimandscharo wohl der berühmteste Berg der Welt, und Zermatt profitiert davon. Die Dichte an guten Restaurants ist hier einmalig. Nicht weniger als 19 Punktelokale verzeichnet der Gault Millau. Zum Vergleich: St. Moritz bringt es samt dem nahen Champfèr nur auf 16. Um sich da durchzuessen, reichen die Winterferien bei Weitem nicht aus. Herausragend ist das »After Seven« im »Backstage Hotel«.

Aushängeschilder des Hauses sind Ivo Adam, der Rockstar unter den Schweizer Köchen, und der Hotelier-Künstler Heinz Julen. Wie man es von Adam nicht anders erwartet, zündet der Tausendsassa ein Feuerwerk an Kreativität, dessen Detailbeschreibung Magazine füllen würde. Ganz anders gelagert ist das »Ristorante Capri« im »Mont Cervin Palace«. Hier treibt Salvatore Elefante die italienische Küche auf das höchste Level, das in diesem Genre denkbar ist. Die kulinarischen Ikonen Italiens von Pasta bis zu Meeresgetier empfangen aus den Händen von Elefante den Adelstitel.

Das beste Restaurant in den Walliser Wintersportorten befindet sich allerdings nicht in Zermatt, sondern im diskreteren Saas-Fee. Markus Neff hat sich im »Fletschhorn« seit Langem etabliert. Die Reise in das etwas abseits des Ortskerns gelegene Haus lohnt sich, beispielsweise wegen des Oberwalliser Lammrückens unter der Roggenbrotkruste. Aber auch wegen des riesigen Weinkellers mit Schwerpunkt auf Walliser Gewächsen.
Wenn von Schneesport und -vergnügen die Rede ist, vergisst man über den alpinen Disziplinen gerne die nordischen. Langläufer sind oft einsamer als Skipistenfahrer, und sie stören sich nicht daran. Sie fühlen sich auch in verschneiten Wäldern wohl, etwa in den jurassischen Freibergen.

In dieser Gegend führt kulinarisch kein Weg an Altmeister Georges Wenger im »Le Noirmont« vorbei. Wenn jemand weiß, was klassisch veredelte Terroirküche bedeutet, dann er. Zudem ist sein Weinkeller phänomenal. Apropos, wenn man einmal beim Zechen übertrieben hat, ist man nachher auf der Loipe eine kleinere Gefahr für die Mitmenschen als auf der Piste. Dafür muss man beim Langlaufen aber auch mehr leiden ...

Erschienen in
Gourmet im Schnee 2017

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