Tasting vom 29.04.2014
Deutschlands bekannteste Silvaner kommen nicht aus Rheinhessen, sondern aus Franken – und sind bekannt für ihren trockenen, mineralischen Zuschnitt. Doch auch Rheinhessen hat eine alte Silvaner-Tradition: Noch vor 40 Jahren wuchs in Rheinhessen fast genauso viel Silvaner wie Riesling. Dabei fallen die rheinhessischen Silvaner meist etwas weicher aus als ihre Pendants aus Franken, sie neigen zu größerer Fülle und zuweilen zu einer buttrigen Würze, die sie in die Nähe der Burgundersorten rücken können. Auch spielen manche Winzer Rheinhessens beim Silvaner mit einem ähnlichen Gehalt an Restzucker wie beim Riesling – innerhalb des trockenen Geschmacksbilds. Das kann eine zarte Abrundung darstellen, ging der Falstaff-Verkostungsjury aber manchmal auch zu weit. Denn einen gewissen Liebreiz bringt der Silvaner auch dann ins Glas, wenn er ganz und gar trocken ausgebaut wurde. Gerade Weine, die die Mineralität ihrer Böden zum Ausdruck bringen möchten, stehen am besten ohne Restzucker da: Die Duftigkeit des Silvaners und sein natürlicher Schmelz bilden von sich aus ein genussvolles Gegengewicht zum mineralischen Kern. Bei den Jahrgängen zeigten sich die 2012er-Weine jetzt mit einer sehr angenehmen Flaschenreife – Lagenweine werden weitere zwei Jahre an Komplexität zulegen, Gutsweine sind sicher jetzt während der Spargelsaison und den ganzen Sommer über auf ihrem Höhepunkt. Die 2013er bestechen durch ihre nervige Frische: Auch sie kann man den Sommer über schon mit Genuss antrinken, man darf aber durchaus ein paar Flaschen fürs nächste Jahr auf die Seite legen. Neben der klassischen Kombination mit Spargel bietet sich der vielseitige Silvaner bei Tisch als Begleiter von Süßwasserfischen, Geflügel und vegetarischen Gerichten an. Aber beispielsweise auch zum Tafelspitz mundet er bestens. Notizen von Ulrich Sautter