Tasting vom 26.03.2014
Rotwein ist fast überall in der Riesling-Hochburg Rheingau ein Nischen- und Nebenprodukt – außer im Ort Assmannshausen. Dort im Rheinknie, wo sich der Fluss aus der Ost-West-Richtung nach Norden zu drehen beginnt, wachsen Spätburgunder mit einer Eigenständigkeit, die außerhalb Burgunds nur an wenigen anderen Orten anzutreffen ist. Nicht von ungefähr sind viele Kenner und Liebhaber im In- und Ausland bereit, für die namhaftesten dieser Weine Preise zu bezahlen, die sich mit denen sehr guter Premiers Crus von der Côte de Nuits messen können. Dabei ist der große Wiedererkennungswert des Assmannshäusers untrennbar mit den Schieferböden des Höllenbergs und seiner Nachbarlagen verknüpft: Diese verleihen den Weinen – im Zusammenspiel mit den vielerorts noch bewahrten alten Rebbeständen – eine strahlende Pikanz und eine typische, zu Cassistönen neigende Frucht. Vom Ahr-Spätburgunder, einem Terroir-Verwandten, unterscheiden sich die Assmannshäuser typischerweise durch eine noch stärkere Fokussierung: Auch bei moderaten Alkoholgraden sind die Aromen eindringlich, und selbst die ganz und gar auf Eleganz bauenden Weine mit heller Farbe und nur zartem Gerbstoff reifen ungemein gut. Auch in unserer Probe (verkostet von einer mehrköpfigen Falstaff-Jury) dominieren Weine aus Assmannshausen die Spitzenplätze. Sehr gute Resultate erzielten auch die Weine aus Assmannshausens Nachbarorten Lorch und Rüdesheim: Hier wächst der Spätburgunder unter vergleichbaren Bedingungen. Doch unsere Probe belegt auch, dass die rote Burgundersorte auch andernorts im Rheingau immer ernster genommen wird – und höchst beachtenswerte Weine hervorbringt. Die Böden dieser Weine sind allerdings in der Regel nicht von Schiefer geprägt – zwischen Johannisberg und Hochheim stehen die Spätburgunder-Weinberge meist auf Kalk. Eine zusätzliche, willkommene Facette im kontrastreichen Spektrum der Rheingauer Weine. Notizen von Ulrich Sautter