Tasting vom 23.11.2012
Wenn man Winzer nach der Qualität des aktuellen Jahrgangs befragt, gilt es immer, etwas vorsichtig zu sein. Der Jahrgang, der sich gerade im Verkauf befindet, wird nämlich immer am meisten gelobt. Daher war ich etwas skeptisch bei der Verkostung des Jahrgangs 2008. Nach rund 200 verkosteten Weinen steht aber fest: 2008 ist ein weiterer großer Jahrgang! Damit erlebt Piemont, genauer gesagt die südliche Region um Alba, wo die Königsweine – Barolo, Barbaresco und Roero – entstehen, den dritten großen Jahrgang in Folge. Auf den als klassisch eingestuften 2006er, der sich mit sehr kernigem und dichtem Tannin zeigte und verschlossen war, folgte der unheimlich charmante und zugängliche 2007er, der mit verführerischem Duft und relativ geschmeidigem Tannin erfreute. Der 2008er ist nun eine Mischung aus den beiden Vorgängern: stärker tanninbetont und strenger als der 2007er, aber doch auch schon sehr zugänglich. Wer daher Kreszenzen aus 2007 vorrätig hat, sollte weiterhin diese genießen und in zwei bis drei Jahren dann zum 2008er greifen. Nach sieben bis acht Jahren können die gereiften 2006er aus dem Keller geholt werden. Wie die Verkostung der Barbaresco-Weine, die ja ein Jahr kürzer als Barolo reifen, zeigte, dürfte auch der 2009er nicht von schlechten Eltern sein. Generell ist eine hohe Qualität der Weine festzustellen: Das durchschnittliche Niveau der Winzer ist in den letzten Jahren enorm gestiegen, schlimme Ausreißer nach unten gibt es kaum noch. Wer aber wirklich vom Piemont träumen möchte, sollte dennoch zu den Spitzenweinen greifen. Notizen von Othmar Kiem