Tasting vom 02.01.2005
Bordeaux. Der Cercle Rive Droite ist eine junge Gemeinschaft von Produzenten, die sich den Weingärten am »rechten Ufer« der Appellation Bordeaux widmen und sich aus den insgesamt 18 verschiedenen Unterappellationen dieses sehr großen Anbaugebietes mit einer fast unübersehbaren Zahl von Etiketten zusammen setzt. Neben den Klassikern wie St.-Emilion und seinen Satelliten, Pomerol und Fronsac, stellt man ein signifikantes Auftreten von Domainen fest, die aus den AOC Canon-Fronsac, Lalande-de-Pomerol, Blaye, Premières Côtes, Côtes de Castillon, Côtes de Bourg, Bordeaux Supérieur, und den Côtes de Francs kommen. Heute zählt die Gemeinschaft des Cercle Rive Droite bereits 137 Mitglieder und Dutzende neue Betriebe haben ihre Aufnahmeanträge hinterlegt. Die Grand Jury Européen wurde eingeladen, die Weine des Jahrgangs 2002 in Blindverkostung zu bewerten, wobei auf die Hierachie und die Herkunft bei der Reihung keinerlei Rücksicht genommen wurde. Wie bei der GJE üblich wurde die Reihung durch Los sowie die Auswertung des Ergebnisses unter notarieller Aufsicht durchgeführt. Mit der technischen Ausführung war die Mannschaft von Château de la Dauphine in Fronsac betraut, wo die Probe unter idealen Bedingungen von 16. bis 18. November abgehalten wurde. An dieser Stelle dankt die GJE dem Präsidenten des CRD, Dr. Alain Reynaud (Château Quinault l’Enclos) und seiner Assistentin Martine Héricé für ihre effektive Unterstützung und die perfekte Logistik. Auch den Schülern des Lycée Technique aus Libourne sei gedankt, die die Probe vorbildlich praktisch begleiteten. Diese erste Probe der GJE mit Weinen vom rechten Ufer zeigte, wie wichtig die Arbeit der Winzer im Weingarten ist, denn obwohl es schon stimmt, dass Weine dabei waren, die ein bekannt gutes Terroir haben, konnten sich auch Weine in Szene setzen, von denen man das a priori nicht unbedingt behaupten kann. Der Wein von Reignac, einem Bordeaux Supérieur ist das perfekte Beispiel dafür, dass die Arbeit des Winzers immer noch Faktor Nummer 1 für ein gutes Ergebnis ist und ein prestigereiches Terroir noch keine Garantie für einen tollen Wein darstellt. Es ist aber durchaus hilfreich, wenn man einen großen Wein wie den von Château Rouget aus Pomerol anstrebt, einen Wein mit einer aromatischen Komplexität, der Finesse und Tannine von großer Eleganz besitzt. Ein toller Wein in 2002, aber auch schon in 2001, wie der Rouget, der beim Abschlussdinner dieser Verkostungsserie gereicht wurde, eindrucksvoll zeigen konnte. Zwanzig Crus haben die Jury vollends überzeugen können: keinerlei bedeutende Fehler, ausgerüstet mit essenzieller Qualität, mit einer Tanninfinesse im Abgang, die lange und präzise ist, geben sie Zeugnis von ihren Herkunftsgebieten und dem Qualitätsdenken derer, die sie erzeugen. Es sind Weine für das pure Vergnügen, oftmals ausgezeichnet durch ein ansprechendes Preis-Leistungs-Verhältnis, ihre unkomplizierte Attitüde und so angenehme Speisenbegleiter bei jedem konvivialen Abendessen. Der zweite Block (bis 3,5 Sterne) wird dargestellt durch Weine, die korrekt gemacht sind, aber durch eine noch größere Bemühung in Weingarten und Keller durchaus zu verbessern sind. Angetroffen wurden aber auch Muster, die in jeder Beziehung als unzulänglich zu bezeichnen sind, hier sind sofortige Anstrengungen einzuleiten, will man nicht vom Markt in aller Strenge für die Nachlässigkeiten bestraft werden. Die Zeiten, wo sich fast jeder kleine Bordeaux verkaufen ließ, wenn nur der Preis passte, sind lange vorüber. Im Gegenteil, der Wind des Weltmarktes droht auch in Bordeaux alljene aus den Regalen zu blasen, die nicht mit aller Entschlossenheit an der bestmöglichen Qualität arbeiten. Die Zahl nach der Sterne-Bewertung ist der tatsächliche Rang im Gesamtklassement, denn die Weine sind innerhalb der Sterne alphabetisch gereiht, jene Weine, die mit einem Herz-Symbol (die allerbesten mit zwei) gekennzeichnet sind, haben mir persönlich besonders gut gefallen. von Peter Moser