Das »Goldberg«, in dem Philipp Kovacs gekonnt mit Kontrasten spielte (hier ein Amuse Bouche), schließt Anfang Juli. 

Das »Goldberg«, in dem Philipp Kovacs gekonnt mit Kontrasten spielte (hier ein Amuse Bouche), schließt Anfang Juli. 
© Matthias Ring

Zwei-Sterne-Restaurant »Goldberg« schließt für immer

Küchenchef Philipp Kovacs zieht sich im Sommer aus der besten Adresse in Fellbach zurück. Er kommt damit dem Auslaufen des Pachtvertrags zuvor und will sich nun neu orientieren. Ob er in der Region Stuttgart bleibt, ist völlig offen.

Eine glückliche Zeit lang war die Stadt Fellbach, die mit ihren nicht mal 50.000 Einwohnern direkt vor den Toren Stuttgarts liegt, als »Klein-Baiersbronn« eine Genusshochburg: Den drei Prädikatsweingütern Aldinger, Schnaitmann und Heid standen drei Spitzenrestaurants mit insgesamt vier Michelin-Sternen gegenüber. Ab dem Sommer allerdings wird es nur noch eines geben, denn wie nun bekannt geworden ist, sperrt das Zwei-Sterne-Restaurant »Goldberg« am 2. Juli zum letzten Mal auf, um dann für immer zu schließen.

Das edel ausgestattete Restaurant befindet sich in der »Schwabenlandhalle«, einem Multifunktionsbau mit Kongress- und Theaterveranstaltungen. Für die gastronomische Versorgung der Mehrzweckhalle ist das Unternehmen des »Catering-Königs« Jörg Rauschenberger zuständig, der in Stuttgart mit dem »Cube« oben im »Kunstmuseum« auch ein Restaurant mit großer touristischer Strahlkraft betreibt. Die Pacht in der Schwabenlandhalle aber »bindet viel Personal und bietet wenig Rendite«, sagt Rauschenberger, der sein Unternehmen neu aufstellen will. In der Pandemie seien ihm im Catering-Bereich nicht nur mehr als 250 Aushilfskräfte, sondern auch Dutzende Festangestellte abhandengekommen. »Schweren Herzens« also müsse er sich auf das Kerngeschäft konzentrieren und somit auch das »Goldberg« aufgeben, in das er eigenen Angaben zufolge einen siebenstelligen Betrag investiert hatte.

Der Pachtvertrag in der »Schwabenlandhalle« läuft zwar bis Ende 2024, aber so lange will Philipp Kovacs nicht warten. Er ist seit 2012 Küchenchef im »Goldberg«, holte 2015 erstmals einen Michelin-Stern und hat mit seinem Team jüngst die 2021 verliehenen zwei Sterne bestätigt. Er sagt: »Wenn man weiß, dass man nur noch geraume Zeit in seiner Wohnung ist, zieht man ja auch keine neue Wand mehr ein.« Er brauche eine neue, langfristige Perspektive, dabei sei »noch alles offen«, so der 39-Jährige.

Schon Ende des Jahres hatte sich in Fellbach Armin Karrer aus privaten Gründen nach 18 Jahren von seinem Hotel »Zum Hirschen« und dem Gourmetrestaurant »Avui« verabschiedet. Der Altmeister und gebürtige Tiroler war 25 Jahre in Folge mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Sein Nachfolger im Hirschen, Tobias Favorat, strebe keine Sterneküche an. Somit verbleibt als einzige ausgezeichnete Adresse in Fellbach »Oettingers Restaurant« im Hotel »Hirsch«. Michael Oettinger, Küchenchef und Geschäftsführer des Familienbetriebs, freut sich wenig über das künftige Alleinstellungsmerkmal. »Im Gegensatz zu Baiersbronn wird hier nicht um den Touristen gekämpft, sondern leben wir von gegenseitigen Empfehlungen aus dem Einzugsgebiet.« Auch für die Region Stuttgart ist die Aufgabe des »Goldberg« ein schwerer Schlag, hatte die Landeshauptstadt in der Pandemie doch schon die einst besten Adressen »Top Air«, »Zirbelstube« und »Olivo« verloren.       

Matthias Ring
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