Der runde Chai von Château Lafite-Rothschild ist einer der berühmtesten Wein­keller der Welt.

Der runde Chai von Château Lafite-Rothschild ist einer der berühmtesten Wein­keller der Welt.
© F. Poincet – OccitMedia

World Champions: Lafite

Sehnsuchtsname für Bordeaux-Freaks und ein absolutes Ausnahme-Château: Seit 150 Jahren ist der französische Zweig der Rothschild-Familie im Besitz des weltberühmten Weinguts Lafite in Pauillac.

Seinen Namen hat Lafite vom gaskognischen Begriff »La Hite«, der für eine Erhebung, einen Hügel steht. Lafite war schon in frühen Zeiten der Name einer Seigneurie, die die Blutgerichtsbarkeit in der Gemarkung Pauillac innehatte. Die Namensträger der Herrschaft tauchen bereits in Dokumenten des Mittelalters auf – erstmals ein Gombaud de Lafite im Jahr 1234, später ist dann 1355 ein Jean de Lafite als Einwohner von Pauillac urkundlich belegt. Im 17. Jahrhundert ist das Gut im Besitz der Familie de Ségur, die unter Jacques de Ségur den Rebberg um 1670 und in den frühen 1680er-Jahren neu strukturiert. Dessen Sohn Ale­xandre heiratete übrigens 1695 Madame de Clauzel, die Erbin von Château Latour; ihr Sohn war Besitzer beider Güter, die 1855 als Premiers Grands Crus Classés eingestuft wurden.
Als die Französische Revolution losbrach, war das berühmte Weinschloss im Besitz von Nicolas Pierre de Pichard, dem Parlamentspräsidenten von Guyenne. Nach der Kassation durch den Staat wurde der Besitz 1797 an Jean de Witt, Besitzer einer holländischen Companie versteigert, die sie nur drei Jahre später um 1,2 Millionen Francs wiederum an drei Holländer verkaufte. 1818 wurde Lafite um eine Million an Madame Barbe-Rosalie Lemaire veräußert. Frau Lemaire war die Gattin eines Lieferanten der Armee Napoleons, Ignace-Joseph Vanlerberghe, ein wichtiger Getreidehändler und Waffenlieferant des kleinen »großen Kaisers«. Drei Jahre später wurde es offiziell um denselben Betrag an den englischen Bankier Samuel Scott übertragen. Scott, und später sein Sohn, verwalteten das Gut auch tatsächlich bis 1867.
In Wirklichkeit aber waren beide, Vater wie Sohn, nur die Bevollmächtigten von Aimé-Eugène Vanlerberghe, dem Sohn von Madame Lemaire und Ignace-Joseph Vanlerberghe. Als dieser im Jahre 1866 starb, kam in dessen Nachlass ein Dokument zum Vorschein, das ihn als wahren Eigentümer der Domaine auswies. Somit war fast ein halbes Jahrhundert lang unbekannt, dass der echte Besitzer Lafites immer noch Vanlerberghe hieß.

Baron Éric de Rothschild mit Tochter Saskia, die nun das Weingut leitet.
Foto beigestellt
Baron Éric de Rothschild mit Tochter Saskia, die nun das Weingut leitet.

Seit jeher Eleganz

Ab dem Jahr 1798 war durchgehend die Familie Goudal mit der praktischen Administration betraut, dort gab man das Verwalteramt von Vater zu Sohn weiter. Legendär war Joseph Goudal, der das Gut in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Erfolg zu Erfolg führte. 1815 schrieb der bekannte Weinhändler Lawton von der Firma Tastet and Lawton über Lafite: »Er besitzt am meisten Eleganz und Delikatesse und hat den feinsten Saft der drei Premiers Crus.«
1868 erwarb Baron James de Rothschild das Château Lafite aus dem Nachlass von Ignace-Joseph Vanlerberghe. Baron James, das Oberhaupt des französischen Zweigs der Rothschilds, verstarb bereits drei Monate nach dem Kauf. Nun wurden seine Söhne Alphonse, Gustave und Edmond Eigentümer des Guts; ihre Nachfahren teilen sich bis heute den Besitz. In der Folge durchlief das Weingut Strecken mit Licht und Schatten, große Jahrgänge, aber auch Reblaus, Mehltau, Kriege und Wirtschaftskrisen hinterließen Spuren in den Annalen des illustren Betriebs. Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich Baron Élie de Rothschild mit wechselndem Erfolg um die Wiederauferstehung des Guts, und es gelang ihm, neue Märkte, allen voran die USA, für Lafite zu erschließen.

Die bis ins 19. Jahrhundert wechselhafte Geschichte des Weinguts Lafite-Rothschild reicht bis ins Jahr 1234 zurück.
© F. Poincet – OccitMedia
Die bis ins 19. Jahrhundert wechselhafte Geschichte des Weinguts Lafite-Rothschild reicht bis ins Jahr 1234 zurück.

Frischer Wind in alten Gemäuern

Baron Éric de Rothschild, selbst mit einem Sechstel am Weingut beteiligt, entschloss sich 1974, neben seiner Tätigkeit als Bankier die Leitung von seinem Onkel Baron Élie zu übernehmen. Mit seinen 34 Jahren spürte er wohl, dass es am Gut in Pauillac nicht so gut lief, wie es eigentlich laufen sollte, und er begann, dem Weingut die nötig gewordene Aufmerksamkeit zu schenken. Es kam zu ­entsprechenden Änderungen beim Personal, und alsbald wurde auch mit Investitionen in Weingärten und Kellerei begonnen. Ein frischer Wind wehte durch die alten Gemäuer, und das Terroir begann wieder das zu liefern, was man von einem Premier Grand Cru Classé erwarten durfte.
Spätestens mit dem Jahrgang 1982 konnte man auf Château Lafite-Rothschild wieder einen Führungsanspruch geltend machen. In den Jahren von 1985 bis 1987 ließ Baron Éric einen neuen, kreisrunden Fasskeller für mehr als 2000 Barriques errichten, gebaut nach den Plänen des weltberühmten spanischen Architekten Ricardo Bofill. Unter der Ägide von Baron Éric hat die Dachgesellschaft namens Domaines  Barons de Rothschild (DBR) zahlreiche weitere renommierte Weingüter in Bordeaux, in anderen Teilen Frankreichs, aber auch im Ausland erworben. In Sauternes Château Rieussec (1984), in Chile Los Vascos (1988), in Pomerol Château L’Evangile (1990), die Domaine d’Aussieres im Languedoc (2008) und das neue Projekt in Penglai in der Provinz Shandong in China, für das vor zehn Jahren der Grundstein gelegt wurde.
Als Bankier im Bereich des Private-Banking-Sektors der Rothschild-Bank ist es Éric de Rothschild gewohnt, mit großen Summen zu hantieren, hier werden Kundenvermögen im Milliarden-Euro-Bereich veranlagt. Er hatte mit dem Balance-Akt zwischen der Welt des Weins und der Bank nie Probleme, sah da niemals einen Gegensatz, sondern eher Ähnlichkeiten. »In beiden Metiers ist man gut beraten, langfristig zu denken. Setzen wir auf Lafite-Rothschild neue Reben, pflanzen wir sie für unsere Enkel. Wenn wir nach Jahren die ersten Früchte ernten, dann dauert es manchmal Jahrzehnte, bis der Wein, den wir daraus machen, richtig gereift ist. Und wenn man im Bankgeschäft Erfolg haben will, dann sollte man ebenfalls nicht kurzfristig denken«, so Baron de Rothschild.

Der Keller von Château Lafite-Rothschild offenbart einzigartige historische Schätze.
© F. Poincet – OccitMedia
Der Keller von Château Lafite-Rothschild offenbart einzigartige historische Schätze.

Neue Weichen zum Geburtstag

Und wenn nun im Jahr 2018 die Zeichen auf Thronübergabe bei Lafite-Rothschild stehen, darf man getrost davon ausgehen, dass auch dies von langer Hand vorbereitet wurde. Am 8. August jährt sich nämlich das Datum des Ankaufs des Weinguts zum 150. Mal. Zu diesem runden Jubiläum werden die Weichen neu gestellt sein. Baronin Saskia de Rothschild, 1987 geboren und das zweite Kind von Éric de Rothschild, hatte bereits in den vergangenen Jahren neben dem Vater den stellvertretenden Vorstandsvorsitz bei den Domaines des Barons de Rothschild inne, deren Leitung und damit auch die Führung von Château Lafite-Rothschild sie nun übernimmt.
Die Absolventin der HEC und der Columbia University begann ihre Karriere als Journalistin bei der »International New York Times« in Paris und in Westafrika und beteiligte sich bereits seit 2008 an der Verwaltung und technischen Betreuung der Weingüter. Als neuer CEO und Präsident hat Jean-Guillaume Prats die Position von Christophe Salin übernommen, der mehr als 30 Jahre lang als rechte Hand des Barons erfolgreich wirkte. Prats kennt Lafite-Rothschild bestens, war doch sein Vater der Besitzer von Château Cos d’Estournel, das am Hügel nördlich von La­fite liegt. Jean-Guillaume hat den Nach­barbetrieb selbst 14 Jahre lang geleitet, bevor er als Chef der Weinsparte zum Luxusgüterkonzern LVMH wechselte. Christophe Salin, der zum Senior Advisor der Gruppe DBR ernannt wurde, wird für die Kontinuität bei diesem Übergang Sorge tragen.
Éric de Rothschild selbst denkt mit 78 Jahren nicht an Ruhestand: »Christophe Salin und ich selbst haben über dreißig Jahre lang gemeinsam an der Entwicklung von Lafite und den Domaines gearbeitet. Nun begrüßen wir mit Freude ein neues Tandem, das nach dem strebt, was wir am besten beherrschen: exzellente Weine zu erzeugen.«
Zum »Best of Lafite-Rothschild« Tasting!

Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2018

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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