González Byass besitzt 800 Hektar in Jerez. Die Viña Esteve verfügt über Weingärten mit Pedro-Ximénez-Reben.

González Byass besitzt 800 Hektar in Jerez. Die Viña Esteve verfügt über Weingärten mit Pedro-Ximénez-Reben.
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World Champions: Gonzáles Byass

Im Jahr 1835 begann im andalusischen Jerez ein junger Mann mit dem Sherrygeschäft. Heute ist der Familienbetrieb González Byass ein Big Player im internationalen Weinbusiness.

Die andalusische Abendsonne legt ihre letzten goldenen Strahlen auf die Kuppel der nahen Kathedrale von Jerez. In der Sherry-Bodega von González Byass herrscht nun Ruhe. Die letzten Besucher des Tages haben das Areal beschwingt verlassen. »Unser Weingut hat sich zu einer echten Sehenswürdigkeit der Stadt entwickelt«, sagt Mauricio González-Gordon, »die Leute kommen aus aller Herren Länder zu uns.«
Mauricio González-Gordon, das ist nicht nur ein besonders wohlklingender Name, der Mann ist vor allem seit 2006 Präsident eines monumentalen Weinunternehmens und verkörpert die fünfte Generation des spanischen Konzerns González Byass, der seine Produkte in mehr als 100 Länder exportiert. »Einige Hunderttausend Leute besuchen uns hier jedes Jahr. Die einen wollen nur schnell durchlaufen, andere mit einem Sommelier in Ruhe Sherry-Raritäten probieren. Alles ist möglich. In Zukunft können die Leute auch gleich hier übernachten«, schmunzelt der sympathische Chef des Hauses, »wir werden bald mit dem Bau eines Hotels direkt auf dem Gelände beginnen.«

»Es ist unser Auftrag, die lange Tradition der Sherry-Weine mit einem aktuellen Ansatz im 21. Jahrhundert fortzuschreiben.«, Mauricio González Präsident González Byass

Mauricio González-Gordon ist seit 2006 Präsident von González Byass.
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Mauricio González-Gordon ist seit 2006 Präsident von González Byass.

Der Sherry ist das Fundament von González Byass. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1835 von Manuel María González Ángel – in der Stadt Jerez de la Frontera. Alles wunderbar schöne Namen. Unterstützt wurde der junge Mann damals von seinem Onkel Pepe, der ihm sein ganzes Wissen über das Solera-Verfahren weitergab – ihm wurde zum Dank deshalb später mit der Marke »Tío Pepe« ein flüssiges Denkmal gesetzt.
Im Jahr 1844 entschied sich González, seine Firma mit der seines englischen Importeurs Robert Blake Byass zusammenzuschließen, und so entstand González Byass. Diese Zusammenarbeit währte über Generationen, doch 1988 schied die Byass-Familie aus, und heute ist das Unternehmen zur Gänze in der Hand der Nachfahren des Gründers. »Die González haben eben den Sherry im Blut», sagt Mauricio, »noch heute sind 150 Menschen dieses Namens für uns tätig, und kein einziger Byass mehr, das sagt doch einiges aus.«

Ihrer Zeit voraus

Das Weingut war das erste in Spanien mit fließendem Wasser und elektrischer Beleuchtung, und selbst das erste Eisenbahnprojekt Spaniens verdankt das Land der Familie González. Heute beherbergt das weitläufige Firmen­areal inmitten der Altstadt von Jerez eine Vielzahl von sehenswerten Bodegas, darunter die 1862 von Gustav Eiffel entworfene »La Concha«. In turmhohen Stapeln von zigtausend Holzfässern reifen hier die fortifizierten Grundweine heran. 
Die jeweilige Verweildauer im Fass hängt ganz vom gewünschten Endprodukt ab. Sherry-Kenner schätzen die breite Palette an Topprodukten, die von Master Blender Antonio Flores kreiert werden, darunter Highlights wie die Finos aus der Serie »En Rama«, die über viele Jahre in der Solera gereiften VORS-Sherrys oder der rare Palo Cortado mit Jahrgangsbezeichnung.
Die international bekannteste Marke ist aber der »Tío Pepe«, der bereits 1888 markenrechtlich geschützt wurde. Als Markenzeichen entstand eine Flasche mit einem roten Mäntelchen und einem breitkrempigen Hut samt Gitarre, um die andalusische Herkunft des Weines zu unterstreichen. Heute ist »Tío Pepe« weltweit der Inbegriff für einen guten, trockenen Sherry. 
Die Sherry-Bodega González Byass befindet sich in Jerez-Stadt, im Zentrum der D.O. Jerez. Das Unternehmen besitzt in der Zone Jerez Superior nicht weniger als 800 Hektar. Es sind Lagen auf 20 bis 70 Meter Seehöhe, in einem feuchtwarmen Klima, ideal für das Wachstum der Reben. Das wahre Kapital aber sind die legendären Albariza-Böden: ein Terroir mit sehr hohem Kalkanteil, wodurch die Feuchtigkeit im Boden gehalten wird. Das ist nicht ganz unwichtig, denn die Sommer in Andalusien sind lang und trocken. 

In turmhohen Stapeln von zigtausend Holzfässern reifen in der von Gustav Eiffel entworfenen Bodega «La Concha» die fortizifierten Grundweine heran.
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In turmhohen Stapeln von zigtausend Holzfässern reifen in der von Gustav Eiffel entworfenen Bodega «La Concha» die fortizifierten Grundweine heran.

Die Hauptsorte der Region und für die Sherryproduktion ist der Palomino. González Byass besitzt aber auch als einziges Weingut in der Region Anlagen mit Pedro Ximénez. Die besten Trauben aus dem Esteve-Weingarten werden zum Top-PX namens »Noé« verarbeitet, der mindestens 30 Jahre reift, bevor er auf die Flasche kommt. Dieser Wein ist der süßeste aus der Premium-Range VORS (Vinum Optimum Rare Signatum), für die Chefkellermeister Antonio Flores nur die ältesten und besten Partien des jeweiligen Sherry-Stils verwendet.
Berühmt und begehrt ist auch der trockene Amontillado Muy Viejo »Del Duque«. Seine Wurzeln reichen weit zurück, denn der Gründer von González Byass konnte im 19. Jahrhundert noch 16 Fässer einer Solera erwerben, die etwa 300 Jahre davor vom Duque de Medinaceli erworben wurden. Diese ganz spezielle DNA ist wohl Teil des Besonderen an dieser Weinkreation. Kaum ein anderer kommerzieller Amontillado kommt an eine derartige Komplexität und Aromenfülle heran.
Eine weitere Rarität ist der halbtrockene Palo Cortado Muy Viejo namens »Apostoles« (VORS). Er ist das Bindeglied zwischen einem Amontillado und dem etwas süßeren und stoffigeren Oloroso. Wer diesen Stil bevorzugt, sollte zum Oloroso Muy Viejo »Matusalem« greifen. Auch diese intensive Cuvée aus Palomino und Pedro Ximénez reifte über 30 Jahre im Holzfass und kann wunderbar mit Schoko­desserts kombiniert werden. 

Seit 1835 zählt González Byass zu den berühmten Namen im Sherry-Business. Die Fino-Sherry-Ikone »Tío Pepe« wird in über einhundert Länder der Welt exportiert.

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Wer hingegen einen trockenen Sherry-Stil bevorzugt, der sollte sich mit dem Begriff »En Rama« vertraut machen. Darunter versteht man einen unfiltrierten und ungeschönten trockenen Sherry, wie er zu Zeiten üblich war, als man diese Weine noch direkt aus dem Fass trank. Diese ungeschliffenen Sherry-Diamanten bieten dem Kenner besonders viele Facetten und stellen den ursprünglichen Ausdruck des Fino-Sherrys dar. Um in den Genuss dieser Weine zu gelangen, musste man früher persönlich in den Keller kommen und vor Ort probieren. Seit einigen Jahren bietet González Byass diese fragile Spezialität aber auch in Form einer »En Rama«-Version des berühmten Fino »Tío Pepe« an. 
Und wer sich die unterschiedlichen Entwicklungsstufen eines klassischen trockenen Sherrys erschließen möchte, der sollte sich die vier Versionen der »Palmas«-Serie nebeneinander stellen. Man beginnt mit dem salzigen, von den Florhefen geprägten Fino »Una Palma«, der sechs Jahre gereift wurde. Acht Jahre verbrachte der »Dos Palmas« in der Solera, bevor er abgefüllt wurde. Der Fino »Tres Palmas« durchläuft das Solera-System zehn Jahre lang und kann schon als Übergang zum trockenen Amontillado gesehen werden. 
Den Abschluss bildet dann der »Cuatro Palmas«, ein Amontillado, der etwa 40 Jahre unter Hefeflor gereift wurde. Er entstammt einer Kollektion von fünf sehr alten Fässern, der »Solera Museo« – von diesem Sherry wird ein halbes Fass pro Jahr abgefüllt. Sherry ist und bleibt das Herz von González Byass, das Segment macht heute etwa 25 Prozent des Umsatzesaus. »Wir haben aber rechtzeitig begonnen, auch in Richtung Spirituosen und auf den klassischen spanischen Qualitätsweinbereich zu setzen. Mit Wein und Cava machen wir heute etwa die Hälfte unseres Geschäfts«, erklärt der Hausherr.

Nicht nur feiner Sherry gehört zum Weinimperium von González Byass, sondern auch der Rioja Beronia.
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Nicht nur feiner Sherry gehört zum Weinimperium von González Byass, sondern auch der Rioja Beronia.

Und so ging man 1980 daran, erstmals in Sachen Wein auch außerhalb der D.O. Jerez zu investieren, und erwarb die Bodega Beronia in Rioja, die für ihre Reserva- und Gran-Reserva-Weine bekannt ist. »Unser Ziel war immer ein gesundes Wachstum mit Augenmaß«, so Mauricio González, »deshalb haben wir uns auch bei den Weinen entschieden, das Angebot aus verschiedenen Regionen zu verbreitern, denn Spanien ist reich an spannenden Terroirs.« 
Wohl deshalb gibt es heute auch weißen Beronia aus der D.O. Rueda sowie Cavas und Stillweine der Marke Vilarnau aus Penedès. Investiert wurde auch in die Finca Constancia in Kastilien und in die Finca Moncloa bei Cádiz. 2008 wurde überdies Viñas del Vero in die Riege der González-Byass-Weingüter integriert. Dazu gehören zwei weitere Juwelen aus Somontano: die Bodega Blecua und Pago de Secastilla. 
2016 wurde das Weingut Pazos de Lusco in Rías Baixas erworben, das für seine ausgezeichneten Albariños bekannt ist. Letzter wichtiger Coup war jedoch die Übernahme der Marken Domecq und Pedro Domecq von Pernod Ricard durch Bodegas Las Copas, ein Unternehmen in Mexiko, das je zu Hälfte González Byass und der Grupo Emperador gehört. 
Damit ist man in Lateinamerika gut aufgestellt, aber auch den US-amerikanischen Markt hat man mittlerweile stark im Visier. Erst vor einem Jahr hat González Byass mit Veramonte jenes Weingut aus Chile erworben, das über den größten Marktanteil unter den chilenischen Weinen in den USA verfügt. 

Das Weingut Veramonte in Chile verfügt über den grössten Marktanteil unter den chilenischen Weinen in den USA.
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Das Weingut Veramonte in Chile verfügt über den grössten Marktanteil unter den chilenischen Weinen in den USA.

Auch zum Spirituosen-Sortiment von González Byass gehören einige sehr prominente Marken. Allen voran Brandy de Jerez von Lepanto sowie Soberano und Insuperable. Oder der Rum Flor de Caña aus Nicaragua und The London No 1 Original Blue Gin, Mom Gin und Nomad Whisky aus Großbritannien – natürlich alles in Sherryfässern vollendet. 
Es ist jetzt dunkel geworden in Jerez, aus den Gassen hallt beschwingte Flamenco-Musik. »Es ist Zeit für den Aperitif«, meint Mauricio González-Gordon, »wir könnten den Abend ruhig mit dem neuen Jahrgang des Tío Pepe en Rama beginnen. Da kann eigentlich gar nichts schiefgehen.«
Es mag kaum jemand überraschen, dass sich jetzt niemand bemüßigt fühlt, ihm zu widersprechen.
Tasting: Best of Gonzáles Byass

Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2017

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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