René Frank und Oliver Bischoff (r.) vom »Coda« wünschen sich mehr Klarheit von der Politik.

René Frank und Oliver Bischoff (r.) vom »Coda« wünschen sich mehr Klarheit von der Politik.
© Chris Abatzis

»Wir werden wieder da sein, wenn wir dürfen«

René Frank und Oliver Bischoff betreiben das sterneprämierte Dessert-Restaurant »Coda« in Berlin. Im Interview schildert Bischoff, wieso das To-Go-Angebot gestrichen wurde – und warum er glaubt, dass die Gastronomie der Hauptstadt sich neu erfinden wird.

Falstaff: Sie sind seit einem halben Jahr in Zwangspause – können Sie kurz Ihren momentanen Tagesablauf beschreiben?
Oliver Bischoff: Mein Co-Geschäftsführer René Frank und ich kümmern uns um die Geschäftsführung. Es gibt viel Bürokratie zu klären, die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit null. Ein Restaurant wie unseres von 100 auf 0 herunterzufahren ist anfangs viel Arbeit, dann kommt Stagnation, und solange wir nicht genau wissen unter welchen Umständen wir wieder öffnen dürfen, steht fast alles komplett still. Wir kümmern uns derzeit vor allem auch um unsere anderen Projekte. Für die Mitarbeiter ist es kaum zu ertragen, alle wollen wieder arbeiten.

Haben Sie durchgerechnet, wieviel Geld Ihnen durch den Lockdown verloren gegangen ist? Um welche Summe handelt es sich ca.?
Es gibt zwei Seiten der Medaille. Erstens die konkreten Verluste, noch sind diese nicht genau zu beziffern. Wir sind im sechsstelligen Bereich. Viel wesentlicher sind aber zweitens die Umsatz- und Gewinn-Ausfälle. Wir sind als Unternehmer darauf angewiesen, Gewinne zu machen, um unsere Zukunft zu sichern. Wir bekommen keine Rente und werden von zukünftigen Gewinnen zunächst unsere Verluste während der Pandemie abzahlen. 

Mussten Sie Mitarbeiter entlassen? 
Nein, Kurzarbeit ist ein ausgezeichnetes Mittel um Entlassungen zu vermeiden. Da fällt es auch nicht schwer, noch einen solidarischen Aufstockungsbeitrag beizusteuern. Die Mitarbeiter bekommen derzeit kein Trinkgeld, das bedeutet eine erheblichen Verdienstausfall.

Wie sehen Sie Ihre Perspektive?
Sehr gut, da unser Konzept hervorragend angenommen wurde und wir ein sehr stabiles Unternehmen sind. Wir klagen nicht, sondern sehen Chancen. Wir freuen uns darauf, dass es irgendwann wieder los geht und warten bis dahin ab. 

Was fehlt Ihnen am meisten?
Klarheit. Klare Ansagen und Beschlüsse. Einen Betrieb wie unseren hochzufahren dauert einige Wochen. Genauso lang dauert es, diesen wieder herunterzufahren. Das ist mit erheblichen Kosten verbunden. Wir können also nur öffnen, wenn wir sicher sind, dass wir nicht wieder schließen müssen. Nach dem ersten Lockdown haben wir auch erst im Juli wieder aufgemacht und nicht Mitte Mai. 

Was macht Ihnen Hoffnung?
Berlin. Wir sehen eine große Chance, dass Berlin sich in dieser Krise neu findet. Neues entsteht. Wir lieben diese Stadt und sehen ausreichende Kreativität, auch eine solche Krise zu überstehen.

Hören Sie hin und wieder von Gästen?
Ein wenig über Instagram, aber das ist für uns auch nicht entscheidend. Wir haben treue Berliner Gäste plus ein sehr internationales Publikum. Die werden auch alle irgendwann mal wieder da sein. Es gibt derzeit keine neuen Entwicklungen bei uns, wir stehen einfach da wie eingefroren. Wichtig zu wissen ist, dass wir diese Krise meistern werden. Wir werden wieder da sein, wenn wir dürfen.

Gibt es irgendetwas Positives, das Sie der Krisenzeit abgewinnen können?
Jede Krise bringt einen Wandel mit sich, jeder Wandel hat etwas Gutes. Der Markt wird gerade bereinigt. Es gibt wieder Flächen, neue, starke Konzepte werden aufblühen. Ehrlich gesagt war der gastronomische Markt auch etwas überflutet von wenig spezialisierten und veralteten Konzepten. 

Welche Rolle spielt das To-Go-Geschäft für Sie?
Im ersten Lockdown haben wir ein To-Go Angebot geschaffen. Es stellt sich aber auch immer die Frage wofür man es macht? Für die Mitarbeiter, für den Umsatz oder für die Gäste? In unserem Fall für die Mitarbeiter und die Gäste. Wirtschaftlich zahlen wir ordentlich drauf, daher haben wir uns im zweiten Lockdown dazu entschlossen abzuwarten und uns darauf zu konzentrieren, was wir wirklich gut können: unser Inhouse Konzept verfolgen, sobald wir wieder dürfen. Leider ist unser Restaurantkonzept überhaupt nicht geeignet für Take Away. Unsere Gerichte werden über Monate entwickelt und sind sehr aufwendig. Außerdem braucht es Küchentechnik, die nur wir bei uns haben. 

Würden Sie sagen, Sie haben das Beste aus der Krise gemacht?
Ja, wir haben einen sehr guten Umgang mit dem Team. Außerdem haben wir gelernt, auch einfach mal die Füße still zu halten und abzuwarten, bis Klarheit herrscht. Ein Konzept in Windeseile anzupassen oder zu verändern funktioniert vielleicht in fünf Prozent der Fälle, wenn man alle geltenden Regeln beachtet.

Für wann rechnen Sie mit der Wiedereröffnung?
Wir rechnen mit August 2021 mit einer Öffnung der Innengastronomie, solange es keine Mutationen gibt. Wir beschäftigen uns aber auch mit dem Gedanken erst in 2022 wieder öffnen zu können.

Gibt es etwas aus Ihrem aktuellen Corona-Angebot, das Sie nach dem Lockdown behalten werden?
Wir haben eine Tafelschokolade für die Berlin Box entwickelt. Diese wird es bei uns in absehbarer Zeit in einer Gutschein-Kombi geben. 

Dieses Interview ist Teil des Artikels »Sechs Monate Lockdown – Top-Gastronomen ziehen Bilanz«. Einen Überblick und den Verweis auf weitere Koch-Interviews finden Sie hier.

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