Flüssige Geschichte, die Erinnerungen an Manner Schnitten verursachen kann: Wer könnte da schon nein sagen?

Flüssige Geschichte, die Erinnerungen an Manner Schnitten verursachen kann: Wer könnte da schon nein sagen?
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Whisky-Legende fischt am fernen Strand: Balvenies »27 years« mit Caroni-Finish

Wenn sich der legendärste »Malt Master« des schottischen Whiskys und die Kult-Destille der Rum-Welt treffen, ist Aufmerksamkeit gewiss: Der »27 years« vom Balvenie reifte in Fässern von »Caroni«, der vor 20 Jahren verschwundenen Brennerei in Trinidad.

Eine abgewetzte Ledertasche stand am Beginn der »seltenen Entdeckung an fernen Gestaden«, wie der neue Whisky aus der »Stories«-Collection von The Balvenie heißt. In diesem Behältnis bringt John Barrett immer seine Entdeckungen in den Verkostraum der Brennerei nach Glasgow. Barrett ist der Mann hinter »Bristol Classic Rum«, einem unabhängigen Abfüller, der vor allem für einen zehn Schiffscontainer umfassenden Bestand an Caroni-Rum bekannt ist. Und eben mit Rum-Proben aus der 2003 aufgelassenen Destillerie – einst größter Arbeitgeber Trinidad-Tobagos – stellte sich Mr. Barrett bei seinem Freund David Stewart ein.

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Karibischer Kult-Rum für Schottland

Der legendäre Malt Master, der heuer sein 60. Dienstjubiläum (!) bei Balvenie in Dufftown feiert, hatte sofort Pläne mit den karibischen Fässern, die in Bristol lagerten. Zum einen hat er das heute übliche »Finish« in anderen Hölzern als US-Weißeiche mitbegründet, zum anderen zählt der 14 Jahre gereifte »Caribbean Cask« zu den beliebtesten Whiskys aus dem Portfolio der William Grant&Sons gehörenden Brennerei. Ihn verwandelte Anne Linden (»ice & tasty«) in einen Cocktail, der wie »ein Tanz, die raue Schönheit Schottlands mit der tropischen Lebensfreude von Trinidad & Tobago vereint«. Lindens »Call of an Island« sorgte mit Bananen-Muskat-Zucker und Mango-Essig für einen geschmacklichen Ausflug in die Karibik, ehe es in München an die Anatomie des »A rare discovery from distant shores« ging.

»Eigentlich war ein 21 Jahre alter Whisky geplant«, verriet Markus Heinze beim Launch im Auktionshaus »Karl & Faber«. Doch dann entschied man sich für eine ebenfalls zur Diskussion stehende Version aus Madeira-Fässern. »Ein Glücksfall für Whiskyfreunde«, wie es Markenbotschafter Heinze vor dem Dinner nannte. Im künstlerischen Ambiente stimmte dann Sound aus Trinidad auf den raren »27 years« ein. Anthony Joseph, Dichter und »spoken word«-Artist, erinnerte mit seiner drei-köpfigen Band u. a. an seinen Vater (»Er liebte Rum«!) mit dem vertonten Gedicht »Buddah«. Und meditativ wurde die Stimmung, als die ersten Kostproben des Whiskys ins Glas kamen.

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So schmeckt der »27 years« aus dem Rum-Fass

Die überraschend helle Farbe des 27-jährigen Whiskys, die man bei Balvenienatürlich nicht mit Färben «aufbesserte«, hat mehrere Gründe. Zum einen lagerten die Fässer in Bristol im Lagerhaus, wodurch weniger intensive Reifeprozesse ablaufen als beim »tropical ageing«. Vor allem aber investierte Caroni nicht in neue Fässer, wie John Barrett zu seinem Bestand ausführt. Doch keine Angst, die Nase meldet sofort reichhaltigste Eindrücke! Klar stehen die gelben Tropenfrüchte – Ananas und Mango vor allem – dem Verkoster vor Augen, mit etwas Luft denkt man gar an Pfirsich. Ein leichter Rauch-Ton, wie kalte Asche, mengt sich ebenso wie Honig ins Duftbild. Österreicher dürfen in der schokoladigen Note von braunem Zucker aber auch an »Manner Schnitten« denken.

Mit viel Würze legt der 48% kräftige Balvenie am Gaumen los; die trockene Stilistik des britischen Rum-Stils blitzt hier schon auf. Vor allem prägt sie das lange und von »hard spice«-Noten wie Piment und Zimt geprägte Finale. Dazwischen denkt man an Bananenchips, wer etwas Wasser zum Aufschließen ins Glas tropft, wird aber auch mit cremigen Noten belohnt. Der Nachklang zeigt zarten Pfeffer und ganz hinten auch leichte Rum-Süße. Ein ultra-komplexes Kunstwerk für Kenner (und »Caroni«-Sammler sowieso)!

Erhältlich soll die Rarität nur die kommenden zwei Jahre sein, die Flaschenpreise spiegeln mit 1.250 Euro die seltene Kombination wider. Und so gilt auch für diesen Whisky, was John Barrett über seine letzten Trinidad-Fässer sagt: »Wenn unsere Bestände abgefüllt sind, kommt nichts mehr nach. Das ist flüssige Geschichte«!

Roland Graf
Autor
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