Weinboom in Kroatien

In jüngster Zeit ist die kroatische Weinlandschaft gehörig in Bewegung geraten. Wo Rebberge zu versteppen begannen und bereits duftender Ginster oder Lavendel statt Reben die ehemaligen Weingärten schmückte, wird nun wieder Wein angebaut.

Die Aufteilung der kroatischen Weinlandschaft in zahlreiche Untergebiete ­orientiert sich an den geo­grafi­schen und klimatischen Gegebenheiten der einzelnen Regionen. Man könnte sie grob in Istrien, die Küstenzone mit Dalmatien und den Inseln sowie den Norden, das slawonische Gebiet, gliedern.

Kontinentalkroatien mit dem Donau-Gebiet besteht aus den sieben Weinbau-­Bereichen ­Zagorje-Medjimurje, Plešivica, ­Pokuplje (Kupa-Gebiet), Prigorje-Bilogora, Slavonija (Slawonien) und Podunavlje (Donaugebiet); hier werden vorwiegend Weiß­weine produziert. Im Weinbaugebiet mit der Bezeichnung »Kroatisches Küstenland« ist vor allem Dalmatien bekannt, wo sich die Rebflächen von Rijeka bis nach Dubrovnik ­erstrecken und etwa 50 Prozent der arbeitenden Bevölkerung im Weinbau beschäftigt sind.

Das Kroatische Küs­tenland ist in die Wein­bau-Bereiche Istrien, Sjeverna Dalmacija (Norddalmatien), Srednja/Juzna Dalmacija (Mittel- und Süddalmatien mit vielen Inseln wie Hvar, Korcula, Lastovo und Vis) und ­Dalmatinska Zagora (Dalmatinisches Hinterland) gegliedert. Hier wachsen vor allem ausgezeichnete kraftvolle Rotweine aus autochthonen Rebsorten wie zum Beispiel Plavac Mali (kroat. »Kleiner Blauer«). Dessen Verwandte, der Zinfandel aus Kalifornien oder der Primitivo aus Apulien, sind in der Weinwelt bereits besser bekannt.

In Dalmatien sind große Entwicklungen im Gange: Auf der Insel Hvar etwa hat der Erfolgswinzer Zlatan Plenkovic sein kleines Familienweingut sukzessive zu ­einer veritablen Großkellerei weiterentwickelt. Auch andere Weingüter wie Grabovac, Milicic, Skaramuca oder Andro Tomic haben die Initiative ergriffen. Dazu gesellen sich die traditionsreichen Genossenschaften wie Donja Banda, Svirce oder Dingac. Hier dreht sich alles um eine ganz besondere Rotweinsorte, die unter verschiedenen Namen abgefüllt wird: Auch wenn »Postup«, »Dingac« oder eine andere Bezeichnung auf dem Etikett zu lesen ist, handelt es sich doch immer um Plavac Mali. In der Hand des richtigen Önologen kann aus diesen Trauben ein sehr eigenständiger und großer Wein entstehen.

Diese Tatsache hat neue Investoren nach Dalmatien gelockt – dass darunter auch Amerikaner sind, verwundert nicht. Über viele Jahrzehnte wurde nicht nur in Kalifornien nach der Wiege des Zinfandel, der das önologische Nationalheiligtum Amerikas schlechthin darstellt, geforscht. Über den Umweg zu einem nahen Verwandten im italienischen Apulien,dem bereits genannten Primitivo, fand man – wie die Genanalyse zeigt – in Kroatien den Ur-Zinfandel, eine fast vergessene Rebsorte mit dem Namen »Crljenac«. Dieser ist auch ein ­Elternteil des hoch geschätzten Plavac Mali.

von Peter Moser

Weiteres zu kroatischen Winzern und ihren Weinen finden Sie in Falstaff 05/2010

>> Peter Mosers Verkostungsnotizen »Best of Kroatien 2010«