Auch als Rentner bleibt Karl-Heinz Rebitzer »seinen« Reben treu. 

Auch als Rentner bleibt Karl-Heinz Rebitzer »seinen« Reben treu. 
© Andreas Stöckinger

Wein Trophy-Ehrung für Rebitzers Lebenswerk

Karl-Heinz Rebitzers Karriere macht sprachlos. Er stand fünfzig Jahre in Diensten des Fürsten zu Castell-Castell, ­zwanzig Jahre an der Spitze des Weinguts.

Es war ein Versuch, zur Emotion vorzustoßen, sagt Karl-Heinz Rebitzer, und dabei kräuseln sich freundliche Lachfältchen um seine ganz und gar jung gebliebenen Augen. Die Rede ist von einer »Weinprobe ohne Worte«, die der jetzt für sein Lebenswerk Geehrte vor fünfzehn Jahren aus der Taufe gehoben hat. »Wie technisch wir oft werden, wenn wir über Wein sprechen! Ich komme ja auch aus einer Zeit, in der Analysen den Ausschlag gaben: Restzucker, Säure, Alkohol. Aber dabei geht es beim Wein doch um Emotion: um Neugierde, Verbundenheit, Freude, Leidenschaft, Selbstbewusstsein und Glück.« Gemeinsam mit dem Escherndorfer Winzerstar Horst Sauer und mit Markus Schoebel von der Genossenschaft Divino Nordheim engagierte Rebitzer Pantomimen, Musiker und Lichtkünstler, um zu einem Sechs-Gänge-Menü die passenden Weine in Szene zu setzen. Die Probe wurde zigfach wiederholt und ließ Hunderte von Gästen den Zauber guter Weine ohne den Umweg über die Sprache erleben.

Idyll am Steigerwald: Blick vom Weinberg auf den Ort Castell.
© Jens Hauspurg Weimar
Idyll am Steigerwald: Blick vom Weinberg auf den Ort Castell.

Sagt die Idee an sich schon etwas über die Persönlichkeit Rebitzers aus, so tut dies der stille Proporz in der Zusammensetzung des Winzertrios umso mehr: Horst Sauer war noch ein aufstrebendes Jungtalent, als »Wein ohne Worte« zum ersten Mal stattfand, die Beteiligung eines Genossenschafters war für Rebitzer ebenfalls wichtig, und er selbst war der Repräsentant eines adligen Hauses mit 900-jähriger Weinbautradition: Castell. 
Ebendort begann Karl-Heinz Rebitzer im zarten Alter von fünfzehn Jahren eine Lehre in der Buchhaltung, am 1. August 1967, »ganz unspektakulär«. Der Bezug zu Castell war bereits da: Rebitzers Vater gehörte zu einem kleinen Bautrupp, der die Stützmauern im Weinberg unterhielt und Wassertreppen baute. »Als Bub war schon mal ein Besuch auf der Baustelle drin. In den Wintermonaten habe ich dafür gesorgt, dass das kleine Feuer nicht ausging, an dem sich die Arbeiter während der Brotzeit gewärmt haben. Und in der Schule ging der übliche Wandertag zum Schlossberg.« Nach dem Ende der dreijährigen Lehrzeit wurde Rebitzer gefragt, ob er ins Weingut wechseln wolle. »Die Buchhaltung war so klein, dass sie keinen zusätzlichen ausgelernten Bilanzbuchhalter benötigte. Und da dachte ich mir: Wein? Warum nicht? Das hat mich neugierig gemacht. 
Heute sehe ich das als Fügung.« 

Von 12 Hektar auf 120

Es sollte ein langer und ein steiler Weg werden, auf den diese Entscheidung Rebitzer führte: Das fürstliche Weingut zählte zwölf Hektar, als sich der 18-Jährige zum ersten Mal an den Schreibtisch in der Verwaltung des Weinguts setzte. Bei seiner Pensionierung Ende 2016 hinterließ Rebitzer seinem Nachfolger Björn Probst ein Lagenportfolio von 120 Hektar, wovon ein Drittel durch eine Erzeugergemeinschaft von Vertragswinzern bewirtschaftet wird. »Die Aufgabe hat jedes Jahr zugenommen. Spaß gemacht hat es immer, trotz aller Herausforderungen und auch trotz Rückschlägen. Man arbeitet immer ein ganzes Jahr lang und hat dann nur eine Chance. Das wird oft vergessen.« In Rebitzers so freundliche Miene mischt sich im Lauf dieser Schilderungen immer mehr Ernst, und nun bringt er auf den Punkt, was ihm Kummer und Ansporn zugleich zu sein scheint: »Ich verstehe einfach nicht, wie man einen Wein für zwei Euro kaufen kann. Viele Menschen schätzen Wein und ganz allgemein Lebensmittel viel zu wenig.«

Traditioneller Holzfasskeller im Fürstlich Castell’schen Weingut.
© Jens Hauspurg Weimar
Traditioneller Holzfasskeller im Fürstlich Castell’schen Weingut.

Der Respekt vor dem Produkt und der Respekt vor menschlicher Arbeit – diese Motive ziehen sich wie ein roter Faden durch Rebitzers Wirken. »Das Leitwort der Familie Castell ist: bewahren und bebauen, bewahren und erneuern. Diese Einstellung hat mich geprägt, auch beim Thema Nachhaltigkeit.«
Sie brachte Rebitzer, als er 1996 die Leitung des Weinguts übernahm, zu ungewöhnlichen Schritten – etwa, als er Rodungsprämien auslobte, um die Vertragswinzer zur Abkehr von Neuzüchtungen zu bewegen. Auch mit Bio-Anbau hat sich Rebitzer intensiv beschäftigt, zehn Jahre lang war das Castell’sche Weingut Mitglied im Verband Naturland. »Dann haben wir eingesehen, dass sich Bio bei uns im Steigerwald nicht auf der ganzen Fläche durchziehen lässt.« Da Rebitzer keine doppelte Kommunikation einführen wollte – hier bio, dort konventionell –, verzichtete er auf die Bio-Zertifizierung, um »im Notfall Penicillin einsetzen zu können«. Gute Lehrer habe er gehabt, fügt Rebitzer an, der wichtigste sei Fürst Albrecht gewesen, als dessen Privatsekretär er hin und wieder vertretungsweise tätig war. »Das hat mir viele Einblicke gewährt.« Und eines habe er, so Rebitzer, besonders geschätzt an der Arbeit in Castell: die Kultur der offenen Auseinandersetzung, eine produktive Streitkultur – etwa, wenn Inhaber, Außenbetriebsleiter, -Kellermeister und er selbst um die beste Lösung für ein Problem gerungen hätten.

Ein sozialer Mensch

Sein Geschick, Interessen in Balance zu bringen, sein Händchen für Vermittlung setzt Rebitzer auch für Mitglieder der Gesellschaft ein, die schwer für sich selbst sprechen können. Als Vorsitzender der Lebenshilfe Kitzingen ist es ihm ein Anliegen, Menschen mit geistiger Behinderung raus aus den Werkstätten und rein in gemeindenahe Jobs zu bringen. Rebitzer faltet die Hände, wenn er darüber spricht. In einem anderen Moment presst er sie als Fäuste aneinander: »Vor fünfzig Jahren hat man die Kinder noch weggesperrt. Jetzt gilt es, die Akzeptanz für ihren Einbezug in den Alltag zu schaffen. Das ist nochmal eine Generationenaufgabe.« Mit Aufgaben, die Jahrzehnte dauern, kennt sich Rebitzer aus. Wenn er auf die zurückblickt, die er selbst gemeistert hat, dann ist für ihn klar: »Ich würde alles jederzeit wieder so machen. Weintrinker sind angenehme Menschen. Das gibt einem viel zurück.«

Auch Gastronomie ist mit Castell verbunden: Das Restaurant »Weinstall« liegt gleich neben dem Schloss.
© Jens Hauspurg Weimar
Auch Gastronomie ist mit Castell verbunden: Das Restaurant »Weinstall« liegt gleich neben dem Schloss.

INFO

Fürstlich Castell’sches DomänenamtSchlossplatz 597355, CastellBayern
weingut@castell.de
www.castell.de

Aus dem Falstaff Magazin Nr. 02/2017.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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