Weihnachtsgenuss und der passende Wein

Weihnachtsgans und Karpfen von Harald Wohlfahrt und Heinz Winkler und ein Wildgericht von Joachim Gradwohl inkl. passender Weinbegleitung.

Karpfen mit asiatischen Aromen
Für gewöhnlich ist der Karpfen ein ausgesprochen fauler Geselle, er mag sich nicht bewegen, er schwimmt nur, wenn er muss, und bevorzugt den schlammigen Teichgrund. Weswegen er ers­tens schwer zu fangen ist und zweitens oft einen leicht modrigen Geschmack annimmt – und das ist fatal, vor allem beim Weih­nachts­essen. »Es geht also darum«, sagt Zwei-Sterne-Koch Heinz Winkler aus der »Re­­sidenz Heinz Winkler« in Aschau am Chiemsee, »diesen Modergeschmack ­wegzubekommen.« Zuchtexemplare werden deshalb etwa drei Wochen in fließendes Gewässer gesetzt, da muss sich der Karpfen bewegen, wird nicht so fett und der unan­genehme Geschmack »ausgewaschen«.

Winkler bereitet das traditionelle Weihnachtsgericht seiner Herkunft entsprechend asiatisch zu (der Karpfen stammt ursprünglich aus Asien, die Römer brachten ihn nach Europa, wo er vor allem im Mittelalter ein wichtiger Bestandteil der Esskultur war): mit einer Kruste aus Rote-Bete-Pulver, fein geriebenem Weißbrot, Butter, Nussbutter, Salz und Curry, serviert mit Wasabisauce. »Die leichte Süße der Kruste harmoniert gut mit der Schärfe des Meerrettichs.«

Karpfen in Rote-Bete-Curry-Kruste im Ofen geschmort auf Wasabisauce mit Gemüse / Foto: Thomas Schauer

Zum Rezept: Karpfen in Rote-Bete-Curry-Kruste im Ofen geschmort auf Wasabisauce mit Gemüse

Der passende Wein zum Fisch
Bei Fischgerichten kommt zumeist Weißwein zum Zuge, aber das sollte keine verbindliche Regel sein. Denn es hängt stark von der Art der Zubereitung ab, für welchen Typ von Wein man sich entscheidet. Dass aber Weißwein beim Fisch die erste Wahl ist, hat durchaus seine Berechtigung. Die Frage lautet also: Wird gedämpft, gedünstet, gebraten oder gar geräuchert? Wie sehen meine Zutaten aus? Ist mein Rezept zurückhaltend und will ich den Eigengeschmack des Fischfleisches in den Vordergrund rücken, dann muss auch der gewählte Wein eher zart und neutral ausfallen. Kabeljau oder Seezungen kommen daher mit zarten, vielleicht feinblumigen Weinen wie Muscadet, Silvaner oder Riesling gut aus. Werden butterreiche Saucen dazuserviert, dann sollte man auch beim Weißwein zu etwas Kräftigerem greifen. Hier kann ein Chardonnay seinen gelungenen Einsatz feiern. Wird der Fisch gegrillt und sind würzige Zutaten wie Knoblauch im Spiel, dann spricht nichts gegen einen feinfruchtigen oder einen gut gereiften Rotwein. Wichtig ist dabei, dass dieser nicht zu viele Gerbstoffe aufweist. Auch zu Thunfisch und Räucherfisch passen charmante Rotweine.

Wilde Weihnachten
Wild gehört ebenfalls zu den weihnachtlichen Klassikern. Gemeinhin kommt es gebraten als Hirsch- oder Rehrücken auf den Tisch, Joachim Gradwohl aus dem Wiener Restaurant »Fabios« hat sich für ein ­Hirsch­­sugo entschieden, mit Pasta und gebratenen Kräutersaitlingen. Was auch immer aus dem Wild wird, am wichtigsten ist die Qualität des Fleischs. Gradwohl hat einen Cousin in der Buckligen Welt in Nieder­österreich, der »mir die Jährlinge schießt, die die beste ­Qualität haben«. Ausschlaggebend für den Geschmack sind das Alter des Tieres, wo und wie es geschossen wurde und die ­Lagerung. »Der Hirsch darf nicht erlegt ­werden, wenn er schon in der Brunft ist«, sagt Gradwohl, »dann hat er diesen berüchtigten Hautgout.« Ebenfalls nachteilig auf den Geschmack wirkt es sich aus, wenn das Tier nur angeschossen wird und noch eine Zeitlang weiterläuft. »Es ist unbedingt notwendig, dass man genau weiß, woher das Tier stammt«, so Joachim Gradwohl, »man braucht also einen ­vertrauenswürdigen Händler.«

Hirschsugo mit Reginette und gebratenen Kräutersaitlingen / Foto: Thomas Schauer

Zum Rezept: Hirschsugo mit Reginette und gebratenen Kräutersaitlingen

Der passende Wein zum Wild
Wildfleisch, sei es nun von Hase, Reh, Hirsch oder Wildschwein, ist ein vergleichsweise fettarmes, aber meist würziges Fleisch – hier benötigt man einen kräftigeren Rotwein. Analog zu herzhaften Wildspeisen ist man mit Rotweinen am besten dran, die selbst eine deutliche Würznote mitbringen. Syrah-Weine von der Rhône, aber auch der edle Châteauneuf-du-Pape sind für kräftige Wildgerichte wie gemacht, ein Shiraz aus ­Australien oder Südafrika macht hier ebenfalls gute Figur. Feinere Wildgerichte ver­tragen sich auch mit einem reiferen Barolo, ebenso ein Bordeaux – hier eher vom rechten Ufer – wäre eine gute Wahl. Bei Hase oder ­Wildgeflügel wie Rebhuhn und Fasan kann man mit der Süße des Pinot Noir hervorragend kontern.

Saftiger Gänsebraten
Harald Wohlfahrt, Drei-Sterne-Koch aus der »Schwarzwaldstube« der Traube Tonbach in Baiersbronn, verwendet für den Weihnachtsklassiker schlechthin Gänse aus Frank­reich, die ausschließlich mit einem Gemisch aus Mais und Wasser gefüttert wurden. »Das schmeckt man dann auch«, sagt der Küchenchef. Damit die Brust nicht trocken wird, darf das Tier nicht zu heiß gebraten werden. Ich gebe zu Beginn eine Tasse kaltes Wasser in den Bräter und reduziere die Temperatur nach einer halben Stunde von 200 auf 180 Grad.« Sollte nach zweieinhalb bis drei Stunden, je nach Größe der Gans, die Haut noch nicht knusprig sein, »dann drehe ich die Temperatur hoch«.

Den Trick Eckart Witzigmanns, eine leere Glasflasche in die Gans zu stecken, die sich erhitzt und das Tier quasi von innen brät, setzt Wohlfahrt nicht ein. Er nimmt die ­klassische Füllung mit Äpfeln, Zwiebeln und Beifuß (wegen der Bekömmlichkeit) und salzt und pfeffert das Tier innen.

Der Trick beim Rotkraut: Zwiebeln und Äpfel in Gänseschmalz anbraten und das Rotkraut dann darin dünsten.

Gänsebraten von THomas Wohlfahrt / Foto: Thomas Schauer

Zum Rezept: Gänsebraten mit Kartoffelklößen und Rotkraut

Der Wein zum Geflügel
Geflügel gibt es reichlich, dazu höchst unterschiedliche Formen der Zubereitung. Zu Grillhuhn oder zu gebratener Pute kann man einen kräftigeren Weißwein ebenso einsetzen wie einen jugendlichen, fruchtbetonten ­Rotwein. Wählt man Backhuhn, dann ist ein feinwürziger Weißwein wie etwa ein Grüner Veltliner aus Österreich oder ein stoffiger, trockener Riesling die richtige Entscheidung. Wird das Geflügel kalt serviert oder kommt als Frikassee auf den Tisch, kann man zu weißen Burgundern greifen, zu Pinot Blanc oder Chardonnay ohne spürbaren Holztouch. Sind fettreichere Saucen mit im Spiel, kann es auch ein korpulenter ­Pinot Gris sein. Zu gebratenen Enten und Gänsen, aber auch Wildgeflügel braucht man einen runden Rotwein mit Kraft.

Aber: Die alte Regel »Weißwein zu hellem Fleisch und Rotwein zu dunklem« ist längst nicht mehr gültig. Ist das Geflügelgericht eher salzig, greift man besser zu einem stoffigen Weißwein, um die Gerbstoffe des Rotweins zu vermeiden. Sind hin­gegen ­schärfere Komponenten wie Ingwer, Chili und Ähnliches im Einsatz, dann wählt man eher einen Riesling mit etwas Zuckerrest oder einen nicht zu kraftvollen Gewürz­traminer. Denn diese aromatischeren Weine sind in der Lage, der asiatischen Herausforderung erfolgreich entgegenzutreten.

Text von Peter Moser, Michael Tempel  
Fotos von Thomas Schauer 
Food-Styling: Alexander Knakal
Set-Styling: Barbara Nidetzky/Vanity Fair
Food-Styling-Assistenz: Pascal Rauwolf
Deko: www.suppanundsuppan.at, www.stamm.at


Aus Falstaff Nr. 08/2012 bzw. Falstaff Deutschland Nr. 06/2012

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