Bunt wie Konfetti: Hype-Restaurant »Giorgia Trattoria« in München. 

Bunt wie Konfetti: Hype-Restaurant »Giorgia Trattoria« in München. 
© Jérôme Galland

Was ist dran am Hype um »Giorgia Trattoria«?

Vor rund einem halben Jahr eröffnete in München ein italienisches Restaurant mit einem Konfetti-bunten Konzept, das seither ständig ausgebucht ist. Ist der Hype gerechtfertigt?

100 Prozent authentisch italienische Gerichte, 100 Prozent hausgemacht. 100 Prozent verrücktes Design, 100 Prozent Lächeln, Leidenschaft. 200 Prozent AMORE! Damit wirbt die Giorgia Trattoria in München seit rund einem halben Jahr. Der kürzlich in Berlin eröffnete Ableger heißt Coccodrillo und liegt mitten im hippen Weinbergspark, ein weiterer in Hamburg ist in Planung. Victor Lugger und Tigrane Seydoux, Gründer der Systemgastronomie-Kette Big Mamman haben zuvor bereits 17 Restaurants in Frankreich, Großbritannien und Spanien eröffnet. Das Konzept in allen Franchise-Standorten: Crazy Design und Produkte kleiner lokaler und italienischer Erzeuger.

Verrücktes Interieur kann man in der Trattoria in München zu 100 Prozent unterschreiben. Man tritt an einem nebligen Spätherbstabend in einen Gastraum an einem beschaulichen Platz im Stadtteil Haidhausen und fühlt sich wie auf einem psychedelischen Trip. Love it, or hate it. Große rote Blumen und grüne Ranken auf dem Teppich, auf den Polstern, an den Vorhängen und Wänden. Die verspiegelte Decke reflektiert das florale Dekor, man kann ihm nicht entkommen. Alice im Wunderland-Feeling, nur der verrückte Hutmacher fehlt.

Wie bei Alice im Wunderland

Erster Eindruck: Alles ist für Social Media optimiert. Dass der Hype um den deutschen Ableger der französischen Big Mamma-Gruppe anhält, merkt man spätestens, wenn man versucht, einen Platz zu reservieren. Das funktioniert übrigens nur online, eine Telefonnummer gibt es nicht. Nach drei Anläufen konnte ich einen Tisch für Zwei bekommen, die Reservierungsbestätigung ging um 20 Minuten vor 18 Uhr per E-Mail ein. Man braucht hier Geduld und Nerven.

Um 18 Uhr ist das Restaurant voll besetzt. Hinter der bunt beleuchteten Bar shaken zwei junge Männer in geblümten Shirts und mit Hipster-Dutt Drinks mit lustigen Namen wie »Killer Colada« (alkoholfrei) oder »Let-that-man-go« (mit viel Alkohol). Angeblich genau 1.385 Flaschen verschiedener Spirituosen und Likören stehen in den Messingregalen. Auf den Tischen verbreiten altmodische Lampen warmes Licht. Alles hier ist ein bisschen bunter, überdrehter und fröhlicher als anderswo. Fröhlich ist auch die Begrüßung der italienischen Kellnerin, die mich zu meinem Tisch führt, der mit Tellern in Blütenform eingedeckt ist. Nur die Plakate einer französischen Krimi-Reihe an den Wänden erinnern daran, dass man hier in den Räumen einer Pariser Gastro-Kette sitzt, die allerdings das Lokalkolorit des jeweiligen Standorts würdigt: Auf den Gläsern in der Münchner Filiale sind stilisiert die Konterfeis von Rudolf Mooshammer und seiner Daisy zu sehen.

Zubereitung à la minute

In der offenen Küche, die von Michelangelo Primoconforti geleitet wird, sind große Pecorino-Laiber aufgestapelt, aus denen Spaghetti Carbonara serviert werden. Leider sind sie abends nur ab zwei Personen zu bestellen. Auf dem Lunchmenü stehen sie unter dem Namen »La Carbomamma« für 15 Euro auf der Karte mit dem Zusatz »keine Sahne«. Das ist definitiv ein Indikator, dass es die Betreiber ernst meinen mit italienischer Küche. Ich teste die »Die Berühmte Trüffelpasta« (19,50 Euro) mit hausgemachten Mafaldina. Sie kommt in einem Kupferpfännchen an den Tisch, mit vielen Trüffelhobeln aber für meinen Geschmack zu Marscarpone-lastig. Was auf jeden Fall für die Trattoria spricht: Gerichte wie Maria Cauli, frittierter Baby-Blumenkohl, oder eine neapolitanische Pizza mit extra dickem Rand, werden nicht im Sekundentakt gebracht, heißt, alles wird wirklich à point zubereitet.

Das Publikum ist jung, international und Instagram-versessen. Ich höre Holländisch, Spanisch, Japanisch, Amerikanisch. An meinem Nebentisch sitzt ein Pärchen, das es aus dem benachbarten Giesing hierhergeschafft hat. Meine italienische Bedienung, unprätentiös mit normaler Straßenkleidung und einer kurzen Schürze verbreitet Bodenständigkeit und gute Laune, und man nimmt ihr die Fröhlichkeit ab. Sie erzählt mir, dass die Gäste abends durchschnittlich anderthalb Stunden in der Trattoria verbringen. Das bedeutet, jeder Tisch wird jeden Abend dreimal verkauft. Ob die recht kurze Verweildauer auf das überbordende, für die Sinne anstrengende Dekor zurückzuführen ist? Manche Einheimischen, mit denen ich sprach, meinen Ja. Aber solange die Giorgia Trattoria in vielen Reiseführern steht, der starke Dollar tausende Touristen in die Stadt spült und Influencerinnen nach Motiven suchen, wird man auch in nächster Zukunft Probleme damit haben, einen Tisch zu ergattern.

INFO
Giorgia Trattoria
Weißenburgerstraße 2
81667 München
Reservierungen: sevenrooms.com

Corinna von Bassewitz
Autor
Mehr zum Thema