Seine ersten beiden Lebensjahre verbringt der Vintage Port im Holzfass – wie hier bei Quinta do Noval. 

Seine ersten beiden Lebensjahre verbringt der Vintage Port im Holzfass – wie hier bei Quinta do Noval. 
© Felipe Braga

Vintage Port 2015 & 2016: Zwei Jahre zum Feiern

Die Jahrgänge 2015 und 2016 haben den Erzeugern von Vintage Port volle Keller beschert. Dabei präsentieren sich die Weine als ungleiche Geschwister. Falstaff hat sich durch das Angebot gekostet.

Um das Thema Vintage Ports besser zu verstehen, zunächst Grundsätzliches: Gemessen an den holzgereiften Port­weinen ist das Segment der flaschengereiften Vintage Ports eher klein.  Für viele handelt sich dabei aber um den unangefochtenen König in der Kategorie der fortifizierten Weine. Diese lässt sich heute in drei Gruppen einteilen.
Der klassische Vintage Port trägt, wie der Name nahelegt, immer einen Jahrgang. Die Trauben stammen ausschließlich aus einem sehr guten bis herausragenden Jahrgang, der Wein muss verpflichtend im Zeitraum vom 1. Juli des zweiten Jahres bis zum 30. Juni des dritten Jahres auf die Flasche gefüllt werden. Der gesamte Herstellungsprozess wird vom Portweininstitut IVP genau überwacht, jeder auf Flasche gefüllte Wein trägt ein Garantiesiegel dieser Behörde unter der Metallkapsel.
Einmal abgefüllt, sollte man sich allerdings noch einige Jahre gedulden, bevor man die Flasche öffnet. Zehn Jahre gelten als Minimum, für Spitzenwein sollte man eher zwanzig Jahre bis zur ersten Trinkreife veranschlagen. Nur in wirklich guten Jahren »erklären« alle Erzeuger ohne Ausnahme einen Vintage-Jahrgang, manchmal ist man sich, wie zuletzt im Jahr 2015, uneinig, und manchmal sind die Voraussetzungen für einen Vintage Port von vornherein nicht gegeben.
In sehr guten, aber nicht in ihrer Gänze ausgezeichneten Jahrgängen bringen manche Produzenten Vintage Ports heraus, die man auch als »Single Quinta«-Vintages bezeichnet, weil hier der Grundwein von einem einzigen Weingut mit besonders bevorzugten Lagen stammt.

Geschmack durch Vielfalt

Nicht zu verwechseln sind diese »Single Quinta«-Vintages mit den Produkten einzelner Weingüter, deren Betrieb den Begriff Quinta im Namen führt (wie Quinta do Vesuvio oder Quinta do Crasto). Bei Fonseca heißt dieser Vintage-Wein dann  »Fonseca Guimaraens«, bei Noval ist es der »Silval«, bei Taylor Fladgate »Quinta de Vargellas«, bei Graham »Quinta dos Malvedos« oder bei Croft »Quinta da Roeda«. Auch diese Weine haben ihre Meriten und ihren eigenen Charakter, ein Vorteil liegt aber darin, dass sie meist früher antrinkbar sind als ihre großen Brüder.
Wichtig ist, dass man diese Weine nicht mit den Vintage Ports von Erzeugern verwechselt, die den Begriff Quinta bereits in ihrem Firmennamen tragen, wie zum Beispiel die legendäre Quinta do Noval.

Der Jahrgang 2016 ist wegen des speziellen Witterungsver­laufs durch eine grosse Frische unverwechselbar ausgefallen.
© Quinta do Noval
Der Jahrgang 2016 ist wegen des speziellen Witterungsver­laufs durch eine grosse Frische unverwechselbar ausgefallen.

Seitdem der Vintage Port nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben in Vila Nova de Gaia abgefüllt werden muss, ist die Zahl der sogenannten Quinta-Ports stark angestiegen. Namen wie Quinta do Crasto, Quinta do Vallado oder Quinta do Vale Meão und viele mehr sind heute nicht mehr wegzudenken und haben mit tollen Qualitäten neuen Schwung in die etwas angestaubte Portweingesellschaft gebracht. Die dritte Kategorie ist ein ganz winziges und doch aufgrund der Ergebnisse wahrlich aufsehenerregendes Segment, das man mit dem Begriff »Alte Reben« übertiteln könnte. Das Role-Model war hier die Quinta do Noval, die den Wein aus einer kleinen ­Parzelle mit uralten, wurzelechten Reben exklusiv in allerbesten Jahrgängen unter der Zusatzbezeichnung »Nacional« als Vintage Port auf den Markt bringt.
Dies ist aktuell der mit Abstand teuerste Vintage auf dem Markt, und mit zwei- bis dreihundert Kisten erreicht die Flasche nach kürzester Zeit einen Preis im vierstel­ligen Euro-Bereich. Keine Frage, dass da manch anderer führender Produzent nicht nachstehen wollte. Die passenden »Alten Reben« brauchte man im Douro-Tal nicht lange zu suchen. So hat Taylor’s zuletzt im Spitzenjahr 2011 und davor 1995, 2000, 2004, 2007 und 2009 auf der Quinta de Vargellas in einigen uralten Terrassen der  Rebberge Renova do Armazem und Polverinho spezielle Trauben zu einigen Tausend Flaschen »Vinha Velha« (310 Kisten) verarbeitet. Natürlich heiß begehrt und leider so gut wie nicht mehr zu finden.
Bei Graham’s hat man 2011 erstmals einen »The Stone Terraces« aus bevorzugten alten Terrassen, mehrheitlich aus der Quinta dos Malvedos, erzeugt. Entstanden sind 250 Kisten mit nummerierten Flaschen.
Auch 2015 und 2016 wurde der »The Stone Terraces« wieder aufgelegt, Zweiteren konnten wir für die aktuelle Verkostung ergattern, aus 2016 wurden bereits stattliche 4200 Flaschen oder 350 Kisten erzeugt. Bereits im Jahr 2007 legte der »Capela« der Quinta do Vesuvio, wie Graham’s im Besitz der Familie Symington, seine fulminante Premiere hin.
Nach 2011 ist nun der bezaubernde 2016er der dritte Streich für Capela, der von den Touriga Nacional-Trauben geprägt ist, die aus dem legendären »Vale da Escola«-Weingarten gleich neben dem schlossartigen Quinta-Haupthaus direkt am Fluss stammen. Dazu ein Schuss Alicante Bouschet, und schon werden Assoziationen zu Novals Nacional geweckt. Nach den 200 Kisten 2011er hat man es 2016 mit gleich 250 Zwölfer-Kisten so richtig krachen lassen. Aber man kann Trost in der »normalen« Abfüllung von Quinta do Vesuvio suchen und finden; davon wurden wenigstens 1220 Kisten gemacht, und rein qualitativ steht sie der Capela nicht wirklich nach.
Auch Dirk van der Niepoort hat sich mit dem Jahrgang 2007 in den Alte-Reben-­Reigen eingereiht und erstmals seinen ­»Vinha da Pisca« aus der üblichen Niepoort Vintage Cuvée herausgenommen. Unter dem Namen »Bioma Vinha Velha« konnte er neben der exzellenten Niepoort-Vintage-Füllung seine ganze Klasse zeigen, aus 2016 hat Niepoort dann nur den Bioma Vintage gefüllt, dieser wird allerdings erst 2019 auf den Markt gebracht.

Der Jahrgang 2015

2015 wurde nicht von allen Produzenten als Spitzenjahrgang bewertet, brachte dann aber doch eine Handvoll sehr bemerkenswerter Weine hervor, die man nicht missen möchte. Nur eine kleine Zahl der Produzenten erklärt 2015 auf klassische Weise, sprich kam mit dem Hauptetikett, die Mehrheit entschied sich für das Zweitetikett oder eine Single-Quinta-Füllung. Der Grund lag einmal mehr im Witterungsverlauf. Es war eine sehr heiße, trockene Vegetationsperiode, und speziell in Cima Corgo, wo die besten Weinlagen sind, fehlte fast die Hälfte des üblichen Niederschlags.
Im Douro Superior war es der heißeste und dürrste Sommer seit 1979. Die Rebsorte Touriga Franca hätte sich besonders gut geschlagen, aber am Ende gab es eine kleine Ernte mit Weinen, denen es etwas an Struktur und Balance fehlt. Dass bei den Single Quintas einige herausragende Weine gelungen sind, ist evident, bei den Klassikern sind Noval und Niepoort die positiven Ausnahmen, auch Ramos Pinto und Cockburn’s sind da mit von der Partie. 2016 hat hingegen das Potenzial, sich unter die großen Jahrgänge der Vintage-Port-Geschichte einzureihen.
Der Jahrgang wurde auf breiter Front als klassisch erklärt, alle Häuser sind mit ihren Erstetiketten da, es werden von den großen Namen nur Ramos Pinto und Niepoort fehlen, der aber seinen Bioma bringen wird. 2016 war ein ausgezeichnetes, aber sehr selektives Jahr, das den Winzern einiges abverlangte. Das Jahr begann früh, warm und mit guter Wasserversorgung aus den Winterniederschlägen. Aber ein kühler Frühling sorgte für einen geringen Fruchtansatz, was später zu sehr konzentrierten Trauben führen sollte. Denn der Sommer war heiß und trocken, von August bis September stellte sich eine regelrechte Hitzewelle ein und brachte die Reife- und Zuckerentwicklung zum Erliegen. Kleine Regenfälle Ende August brachten wieder Schwung in die Angelegenheit, speziell die kurzen, aber ergiebigen Niederschläge Mitte September stellten sich als Segen heraus.
Dank kühler Nächte in der Erntezeit zeigen die Weine heute eine ganz besondere Frische und Finesse, die ein bleibendes Merkmal dieser eleganten Vintages sein wird. Die produzierten Mengen sind im Vergleich zum letzten qualitativ großen Jahr 2011 bis um die Hälfte geringer, die Preise wurden entsprechend der Inflationsrate der letzten fünf Jahre erhöht und liegen daher um bis zu einem Viertel höher als 2013.
Das sollte aber kein Hindernis sein, sich einige Flaschen von diesem feinen Jahrgang in den Keller zu legen, denn in Relation zu vielen anderen großen Rotweinen sind die meisten der besten Vintage Ports immer noch erschwinglich.

Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2018

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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