Vintage Menu Designs
Funktionale Liste oder stylisches Werbemittel: Speisekarten können vielfältig sein. Auch Sammlerstücke.
Ein Design-Buch widmet sich amerikanischen Menüs bis 1985.
Die Speisekarte, wie wir sie heute kennen, nahm ihren Anfang in den 1770/80er-Jahren, die erste mit Preisen versehene Variante soll aus Wien stammen. Zumindest wurde hier 1884 das 100-jährige Jubiläum gefeiert. Menükarten sind Zeugen ihrer Zeit und finden sich in so manch einem Fotoalbum. Oder im Auktionskatalog. Ob die Menüfolge des Hochzeitsessens von Prinz William und seiner Catherine (nur ein Bieter; gut 1100 Euro) oder das letzte Mittagsmahl der Erste-Klasse-Passagiere der Titanic (78.000 Euro) – Erinnerungen an historische Ereignisse ziehen immer.
Das zeigt auch ein detaillierter Blick in das Buch »Menu Design in America, 1850–1985« (Taschen Verlag). Als Beispiel wird etwa Charles Lindberghs Flug über den Atlantik angeführt, der zu einer dreimonatigen Triumphtour durch die USA und über 40 Banketten Anlass gab. Ein Traum für Sammler, wie Autor Jim Heimann schreibt. Obwohl der Ursprung der Speisekarte in Europa liegt, nehmen die US-amerikanischen Exemplare eine Sonderstellung in den Sammlungen ein. Die USA waren auch im 19. Jahrhundert eine Weltmacht, offizielle Abendessen fast schon an der Tagesordnung und die Menüs ein beliebtes Andenken. Die Kreativität der Gestalter: kaum zu beschreiben, aber im Taschenbuch zu bestaunen. Der Einfluss des Jugendstils, die Spielarten der Pin-up-Kunst oder der fröhliche Wahnsinn der Tiki-Barkultur – die abgebildeten Speisekarten sind Manifeste ihrer Zeit, nicht selten mit einem Augenzwinkern abgerundet.
Die »Menu Design in America«-Autoren verweisen auch auf ein Buch von Rebecca L. Spang, in dem Folgendes zu finden ist: Die gedruckten Speisekarten sahen anfangs wie eine Zeitungsseite aus und bestanden aus einem großen Blatt mit eng gedruckten Textspalten. »Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sie sich zu einem in Leder gebundenen Heft, das mit einer Seidenkordel zusammengehalten wurde«, so Spang. Das war teuer, daher kehrte man zum Einzelblatt zurück – nur eben originell illustriert. Das Design-Buch zeigt keine Trends, aber es macht Gusto darauf, sich ein paar Extra-Gedanken zu »à la carte« zu machen.
Menu Design in America
Autor: Jim Heimann
Umfang: 592 Seiten
Verlag: Taschen Verlag
ISBN 978-3-8365-2029-4