Wilhelm Weil mit Leo Gros und Andreas Kunze

Wilhelm Weil mit Leo Gros und Andreas Kunze
© Kloster Eberbach

VDP Online-Versteigerung mit starken Resultaten

Bei der Weinversteigerung des VDP.Rheingau, die in diesem Jahr erstmals online stattfand, wurden Spitzenpreise von 18.000, 15.000 und 10.000 Euro – pro Flasche erzielt.

Der Ort war derselbe wie immer, doch ansonsten war alles anders bei der jüngsten Versteigerung des VDP Rheingau am vergangenen Samstag. Professor Dr. Leo Gros, der seit über 20 Jahren die Auktionen in Kloster Eberbach geleitet hatte, übergab an den neuen Auktionator Ulrich Allendorf. Und dieser begrüßte coronabedingt keine Gäste im Laiendormitorium der Zisterzienserabteil, sondern rund 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Computerbildschirmen in aller Welt.

Nach drei Stunden hatten alle 45 Lose einen Käufer gefunden, dabei hatten 4.181 Flaschen den Besitzer gewechselt für Kaufpreise von netto etwa 255.000 Euro. Trotz (oder gerade wegen) Corona brachte die Auktion Spitzenresultate wie schon lange nicht mehr.

Dabei bietet die Eberbacher Auktion neben raren und teuren Unikaten stets auch Weine, die für den Durchschnittsverdiener erschwinglich bleiben. So wurde beispielsweise die bekanntermaßen Jahr für Jahr herausragende Goldkapsel-Version des Jungfer Kabinett des Weinguts Prinz aus Hallgarten für 20 Euro zugeschlagen. »Mehr geht immer«, kommentiert Florian Prinz das Resultat, »aber wir sind zufrieden. Es stehen ja auch nicht nur sechs Flaschen hinter diesem Wein.«

5000 Euro: Magnum-Kiste »Geheimrat J«

Ein markantes Ausrufezeichen setzte eine handgefertigte Holzkiste mit zehn Magnumflaschen »Geheimrat J« aus dem Hause Wegeler. Die Vertikale der Jahrgänge 2010 bis 2019 ging für beachtliche 5000 Euro weg – ein Aufschlag von etwa 400 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Preis der Einzelflaschen. »Einen Riesen Spaß« nennt Wegeler-Mastermind Dr. Tom Drieseberg das Ergebnis. Zweifellos gestattet der hohe Zuschlagpreis aber auch eine Aussage über den Erfolg des Konzepts »Geheimrat J«, das seit dem Erstlingsjahrgang 1983 als Verschnitt bester Rheingauer Lagen angelegt ist.

Nur wiederholbar dürfte die Versteigerung einer solchen Vertikale nicht so schnell sein: »Ich hab schon im Keller nachgesehen, bei Weinen wie Doctor oder Rothenberg fehlen mir immer einzelne Jahrgänge«, so Drieseberg. So wird auch die Anfertigung der Holzkiste für die zehn Magnumflaschen »Geheimrat J« möglicherweise ein Einzelfall bleiben: »Ich bin richtig erschrocken, als der Schreiner mit der Kiste kam. Das Ding hat fast die Größe einer Euro-Palette!«

Auch im Weingut Robert Weil sorgte die Auktion für beste Laune: Dass bei der im vergangenen Jahr erstmals vorgestellten Parzellenselektion Monte Vacano etwas gehen würde, liess sich bereits im Lauf der Subskription des 2018ers erkennen, die mehrfach überzeichnet war und vorzeitig beendet werden musste. Bei der jetztigen Auktion kamen Grossflaschen unter den Hammer: Die angebotenen 36 Magnumflaschen gingen für jeweils 520,- Euro netto weg. Den Vogel schoss ein Unikat ab: Die 12-Liter-Flasche des Monte Vacano trieben die Kaufinteressenten bis zum Preis von 18.000 Euro. »Einfach nur wow«, kommentierte ein nahezu sprachloser Wilhelm Weil dieses Resultat. »Und wenn man mit etwas Ruhe darüber nachdenkt, ist es Wertschätzung für eine Grosse Lage, für den Riesling, und für das Zusammenspiel von Mensch und Natur, auch für die ganze Mannschaft im Weingut.

Für uns ist es wie ein Signal zu einem neuen Aufbruch, nach 30 Jahren haben wir die Spitze der internationalen Aufmerksamkeit erreicht, und jetzt wird diese Spitze zum Diener für das Große und Ganze: dem deutschen Riesling wieder den Platz zu geben, den er verdient.«

Zwei 100-jährige Spätburgunder

Zwei außergewöhnliche Coups gelangen auch dem Hausherrn der Auktion, Dieter Greiner von den Hessischen Staatsweingütern. Aus den Raritätenbeständen des Klosterkellers hatte Greiner zwei Hundertjährige ins Rennen geschickt: einen 1921er Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder, und eine Trockenbeerenauslese aus dem Erbacher Marcobrunn, ebenfalls 1921. »Dieses Jahr war extrem trocken und heiß, in der ganzen Vegetationsperiode fielen nur 122 Millimeter Niederschlag. Doch wie diese beiden Weine heute dastehen, das gibt uns Mut auch für die derzeitige Klimaphase«, sagt Greiner.

Der Spätburgunder habe keinerlei Brauntöne, der typische Assmannshäuser Duft (»ledrig, speckig«) sei von einem ganz feinen Gaumenauftritt begleitet, der »noch Zug hat«. Die Trockenbeerenauslese beschriebt Greiner als »ziseliert mit super Säure, ungemein fein«. Der 100-jährige Spätburgunder war einem anonymen Käufer 10.000 Euro wert, die Trockenbeerenauslese 15.000 Euro.

Gegen rechtsextremes Gedankengut

Der Kaufpreis des 1921er Assmannshäusers geht übrigens als Spende an die Philipp-Kraft-Stiftung in Eltville, die sich die Förderung des Demokratiebewusstseins bei Jugendlichen zum Ziel gesetzt hat. Das Engagement für diese Stiftung, die sich auch den Kampf gegen Rassismus und rechtsextremes Gedankengut zur Aufgabe gemacht hat, führte zu einem Schwung von Hass-mails, die teils auch von gefakten e-mail-Konten aus an die Staatsweingüter geschickt worden waren. »Dass es solche Reaktionen gibt«, folgert Greiner, »zeigt, wie richtig und wichtig es war, genau diesen Spendenzweck auszuwählen«.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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