Patricia Petschenig in ihrer Pâtisserie in der Bäckerstraße. Für ihre Kreationen stellt die verwöhnte Kundschaft sich immer gerne an!

Patricia Petschenig in ihrer Pâtisserie in der Bäckerstraße. Für ihre Kreationen stellt die verwöhnte Kundschaft sich immer gerne an!
© Ian Ehm

Vanille: Die Blüte der Backkunst

Die Wienerin Patricia Petschenig hat in Paris die ganz hohe Kunst der Pâtisserie erlernt. In ihrer »Parémi«-Backstube hat sie uns gezeigt, warum Vanille ihre Lieblingszutat ist – und wie man französische Brandteigkrapferln richtig macht.

Als Absolventin des noblen Lycée Français ist der Beruf der Zuckerbäckerin für gewöhnlich eher nicht die erste Wahl. Für Patricia Petschenig war das ein Grund mehr, sich nach absolvierter Matura (»Baccalauréat«) genau dafür zu passionieren, in Paris an der ehrwürdigen École Ferrandi, mitten in St. Germain des Prés, zu inskribieren und das »noble Handwerk« der Zuckerbäckerkunst buchstäblich an der Wiege zu erlernen. »Es gibt einfach nichts, was mir annähernd so viel Freude macht, wie richtig köstliche Kuchen und Desserts zu fabrizieren«, sagt sie.

Dass sie in der Schule auch noch Rémi Soulier kennen und lieben lernte, einen Wiener mit französischen Wurzeln, der sich mit derselben Hingabe dem Backen richtig guter Baguettes, langsam geführter Butter-Croissants und herausragender Brioches widmet, war dann wohl Schicksal. Gemeinsam machten sie in der Bäckerstraße (wo sonst?) Wiens erste Boulangerie-Pâtisserie auf, um die Hauptstadt endlich mit wirklich erstklassiger französischer Backware zu versorgen – auch wenn das natürlich entsprechend intensive Handarbeit zu nachtschlafender Zeit bedingt. Der Erfolg gibt den beiden recht: Die Preziosen aus der Pâtisserieabteilung, von himmlischen Choux à la Vanille (siehe Rezept auf Seite 151) über konkurrenzlos duftige Macarons bis zu sündhaft köstlichen Törtchen, Madeleines und Éclairs, spielen in einer ganz eigenen Liga, die Baguettes und Croissants sind ebenso konkurrenzlos köstlich.

Die Liebe zur Vanille, dieser mysteriösen Kapselfrucht verschiedener Orchideen-Arten in den Tropen, erscheint ihr als Zuckerbäckerin geradezu natürlich: »Echte Vanille ist ein ganz und gar einzigartiges Gewürz, ohne das ich mir Backen kaum vorstellen kann«, sagt sie. »Ihre Aromen komplementieren so viele Früchte, sie erfüllen Ganaches und Cremes mit ganz und gar einzigartigem Geschmack – im Grunde ist sie wohl eine ganz zentrale Komponente von dem, was ich tue.« Als kleinen Ausschnitt aus dem vielfältig lockenden Repertoire der »Parémi«-Pâtisserie hat Patricia uns auf den folgenden Seiten ihre – sanft vereinfachten – Rezepturen für vier Herrlichkeiten zur Verfügung gestellt, in denen die Vanille der definierende Geschmack ist. Und weil Vanille viel zu gut ist, als dass sie »nur« der süßen Küche vorbehalten bleiben sollte, haben wir uns als kleine Inspiration ein ganz einfaches Rezept für Vanillebutter einfallen lassen, mit dem sich etwa Hummer, aber auch ein Steinbutt, sehr vorteilhaft gratinieren lässt.

Süße Verführungen, wie edle Preziosen präsentiert: die Éclairs, Macarons und Tartelettes im Parémi.
© Ian Ehm
Süße Verführungen, wie edle Preziosen präsentiert: die Éclairs, Macarons und Tartelettes im Parémi.

5 Dinge, die sie schon immer über Vanille wissen wollten

Die köstliche Schote gilt, nach dem Safran, als teuerstes Gewürz der Welt. Aber was genau macht sie so exklusiv? Und wo kommt sie ursprünglich her?

  1. Die Indianer waren's!
    Vanilleschoten sind Kapselfrüchte einer ­Kletterorchidee aus Mittelamerika. Es gibt etwa 100 Arten. Vanille wurde zuerst von den Totonac-Indianern an der Ostküste ­angebaut, vielleicht schon vor 1.000 Jahren. Sie schickten sie nach Norden zu den ­Azteken, die ihre Schokoladen­getränke damit würzten.
     
  2. Vanillin schmeckt nicht nach Vanille
    Zwar ist das auch synthetisch herstellbare Vanillin der wesentlichste Aromastoff der Vanilleschote, die geschmackliche Fülle echter Vanille aber wird auch durch eine Fülle weiterer phenolhältiger Abwehrstoffe generiert, die die Samen im Inneren der Schote vor Fressfeinden schützen sollen – und erst im Zuge der Fermentation geschmacklich voll aufgeschlossen werden.
     
  3. Frische Vanille schmeckt uninteressant
    Bei der Ernte sehen die Schoten der Fisole nicht unähnlich, ihr Geschmack wird aber erst durch aufwendige Fermentation aufgeschlossen. Auf die Schwarzbräunung mittels Wasserdampf folgt eine gut vierwöchige Fermentation, bei der der Aromastoff Vanillin entsteht. Die Fermentation findet unter der Hitze der tropischen Sonne statt.
     
  4. Bourbon-Vanille zum Essen, Tahiti-Vanille für Parfüm
    Während Bourbon-Vanille als edelste Vanille für kulinarische Zwecke gilt und den höchsten natürlichen Vanillin-Gehalt aufweist, ist die Tahiti-Vanille der Südsee wegen ihrer Vielzahl exotischer Aromastoffe vornehmlich für die Parfum-Gewinnung interessant.
     
  5. Die Belgier revolutionierten ihren Anbau
    Sie brachten die Blüte auf die Inseln vor der Küste Südostafrikas, die heute einen Großteil der Welt versorgen: Madagaskar, Réunion und die Komoren, die alle die Bourbon-Vanille produzieren.

Erschienen in
Falstaff Rezepte 04/2019

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Severin Corti
Severin Corti
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