Im Hauptgebäude der komplett erneuerten Tenuta Vallocaia finden die Weine genauso Platz wie die Gäste.

Im Hauptgebäude der komplett erneuerten Tenuta Vallocaia finden die Weine genauso Platz wie die Gäste.
© Alessandro Moggi

Toskana: Best of Tenuta Vallocaia

Die Familie Bindella ist berühmt für ihre Restaurants und ihren Weinhandel – dass sie seit den 1960er-Jahren aber auch im Weinbau tätig ist, blieb den meisten bis heute verborgen.

Die Geschichte der Tenuta Vallocaia in Montepulciano ist eng mit Rudi Bindellas Werdegang und der Geschichte seines Familienunternehmens verknüpft. Der Kauf des Weinguts gehörte zu Bindellas ersten Amtshandlungen, nachdem sein Vater 1982 verstorben war. Rudi Bindella war es, der das gesamte Unternehmen – die Gastronomiebetriebe, den Weinhandel und eben auch den Weinbau – komplett auf Italien trimmte. Er verkaufte die drei Westschweizer Weingüter, die sein Vater seit den 1960er-Jahren betrieben hatte, um mit dem Kapital die Tenuta Vallocaia im Herzen der Toskana zu erstehen. 2,5 Hektaren Reben umfasste das Weingut damals, dazu zehn Hektaren Eichenwald sowie ein baufälliges Bauernhaus. Davon ist heute nicht mehr viel zu sehen. Bindellas haben die alten Anlagen und Gebäude in den letzten Jahren durch einen Neubau ersetzt, der neben einem topmodernen Keller auch ein Bistro sowie ein Besucherzentrum umfasst. »Wir sind stolz, auch Bauern zu sein«, sagt Rudi Bindella, der sein Weingut in der Toskana wiederholt als »piccolo paradiso« betitelte.

© Alessandro Moggi

Die Tenuta Vallocaia besteht heute aus rund 55 Hektaren Rebland, wobei die Anlagen über viele Jahre zusammengekauft wurden. Geleitet wird das Gut von Giovanni Capuano. Der promovierte Agronom stammt aus dem süditalienischen Avellino und ist maßgeblich am gesamten Projekt beteiligt. »Jemanden wie Giovanni an unserer Seite zu wissen, ist ein echter Glücksfall«, sagt Rudi Bindella. »Er arbeitet nicht einfach auf Vallocaia – er ist Vallocaia.« Capuano ist überzeugt vom natürlichen Ansatz. Er bewirtschaftet nicht nur die Reben nach diesen Prinzipien, sondern übt auch Zurückhaltung im Keller. Und so reifen die Vallocaia-Weine oft ein Jahr länger als die der Konkurrenz, bis sie zum Verkauf freigegeben werden. Beim Umbau der Tenuta Vallocaia war Capuano ebenfalls stark involviert. Bei der Konzeption des neuen Weinguts kamen ihm und Familie einerseits die Erfahrung in der Gastronomie zugute, andererseits die Beziehungen zu einigen der prestigeträchtigsten Weingüter Italiens.

Auf Augenhöhe mit Legenden

Bindellas sind Importeure von so legendären Weinen wie Sassicaia, Tignanello oder Ornellaia und haben dadurch Zugang zu einigen der besten Kelleranlagen Italiens und deren Erbauern. »Da wir selber Produzenten sind, können wir unseren Partnern auf Augenhöhe begegnen«, erklärnt Rudi Bindella. »Wenn jemand von ihnen sich in die gastronomische Richtung entwickeln will, helfen wir mit unserem Know-how gerne weiter – beim Kellerbau war es umgekehrt.«

Das neue Weingut Vallocaia ist nicht nur auf die Herstellung bester Weine ausgelegt, sondern auch auf die Bewirtung à la Bindella. Der Gastraum im neu eingerichteten Bistro auf dem eigenen Weingut ist eindeutig als Bindella-Betrieb zu erkennen. Insbesondere auch wegen der Kunstwerke, die auf Vallocaia den gesamten Betrieb zieren. »Die Handschrift, die man aus unserer Gastronomie kennt, wollten wir dort runterbringen«, erklärt Rudi Bindella.

Seit einigen Jahren ist Bindellas Sohn Rudi Bindella jr. gemeinsam mit dem Vater um die Geschicke des Weinguts bemüht. »Mein Vater ließ mich sehr frei agieren und war mit meiner Vision einverstanden. Das will ich auch so machen«, sagt Rudi Bindella. Der Grundstein für eine erfolgreiche Übergabe an die nächste Generation ist mit dem Neubau der Tenuta Vallocaia sicher gelegt. Sohn Rudi Bindella jr. arbeitet derzeit an einer ersten eigenen Weinlinie für jüngerne Konsumentinnen und Konsumenten, wähend der Vater sich gemeinsam mit Giovanni Capuano um die Klassiker – allen voran den Vino Nobile die Montepulciano – kümmert.

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Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2021

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Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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