Gebratene Kastanien, Krapfen und junger Wein, »Nuier«, sind die Essenz des Törggelen.

Gebratene Kastanien, Krapfen und junger Wein, »Nuier«, sind die Essenz des Törggelen.
© IDM Südtirol | Alex Filz

Törggelen in Südtirol: Zurück zum Ursprung

Im Herbst wird in Südtirol die fünfte Jahreszeit eingeläutet. Die Buschenschänken öffnen ihre Stuben und bieten hausgemachte Köstlichkeiten von Hof und Feld an. Das Törggelen ist Südtiroler Kulturgut.

Zum Törggelen geht man zu Fuß. Nach einer Wanderung vorbei an herbstlich bunten Kastanienhainen und Weinreben setzt man sich in geselliger Runde zusammen, um sich mit saisonalen Speisen und Getränken aus der Gegend zu stärken.

Neben Südtiroler Spezialitäten wie Kastanien, Südtiroler Speck, Würsten, Käse und einfacher, warmer Bauernküche darf dabei natürlich auch der Wein nicht fehlen. Traditionell wurde der »Suser«, der gärende Jungwein, und später dann der »Nuier«, der neue Wein, zum Törggelen ausgeschenkt.

Die ersten, die zum Törggelen luden, waren vermutlich Eisacktaler Bauern, die Wein anbauten und sich bei ihren Erntehelfern mit einem herbstlichen Bauernschmaus im Kellerraum revanchierten. Andere Theorien gehen davon aus, dass Städter und Wirte das Törggelen nutzten, um sich im Herbst von der Qualität des neuen Jahrgangs zu überzeugen.

Torkeln oder Törggelen?

Heute ist das Törggelen allen zugänglich und findet längst in den Stuben der Buschenschänken statt und nicht mehr in den Kelterhäusern. Törggelen ist natürlich nahe verwandt mit dem Wort »torkeln«. Beide Begriffe verbinden zwar den mehr oder minder aufrechten Gang mit dem Weingenuss, dennoch sind sie unterschiedlich zu deuten. Während torkeln eben den Seitenschritt wegen zu hohem Alkoholkonsum meint, geht es beim Törg­gelen gemütlicher und vor allem gesellig zu.

Ihren Ursprung aber haben beide Begriffe beim Keltern von Wein oder besser gesagt bei der Weinpresse, die auf lateinisch »torculus« heißt und noch heute in mancher Region als »Torggl«, respektive »Torkel«, bezeichnet wird.

Geschmack durch Vielfalt

In den letzten Jahren hat sich das Törgge­len in Südtirol geradezu zu einem Trend entwickelt, und der Brauch wird lange nicht mehr nur in den charakteristischen Lokalen – den Buschenschänken auf Bauernhöfen gelebt.

Die längste Tradition aber hat das herbstliche Mahl nun mal genau dort. Einige Betriebe haben sich darum zur Initiative »Törggelen am Ursprung« zusammengeschlossen. Diese Buschenschänken, die die Qualitätskriterien der Marke »Roter Hahn« erfüllen, bieten ausschließlich selbst gekelterten Wein, heimische Kastanien und authentische, bäuerliche Gerichte an. Mehr als 30 Prozent der Zutaten müssen dabei von einem Hof und Feld stammen.

Erkennungszeichen dieser ursprünglichen Törggelen-Lokale ist ein Kranz mit roter Schleife an der Tür – Buschen genannt. Der Buschen ist seit jeher das Erkennungszeichen für diese Form des herbstlichen Weinausschanks – daher auch die Bezeichnung Buschenschank. Die Törggelen-Saison startet Anfang Oktober, sobald die Kastanien reif sind, und endet Ende November, also vor Beginn der besinnlichen Adventszeit.

Seinen Ursprung hat das Törggelen im ­Eisacktal. Ein langes Band von Kastanienhainen erstreckt sich vom Kloster Neustift bei Brixen bis hin zum Rittner Hochplateau und hinunter in den Bozner Talkessel zur legendären »Bilderburg« Runkelstein. Hier verläuft der rund 60 Kilometer lange »Keschtnweg« den man in mehreren Etappen durchwandern kann.

Zahlreiche Törggelen-Betriebe und Bauernhöfe, die ihre Produkte anbieten, säumen den Weg. Dazu noch das stabile Schönwetter, das sich in der Regel in diesen Wochen einstellt – und das Paradies auf Erden ist perfekt!

Erschienen in
Südtirol Spezial 2020

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