Marineblau und Rot sind die beherrschenden Farben im »Saison«.  

Marineblau und Rot sind die beherrschenden Farben im »Saison«.
 
© John Bartelstone

The Food Travel Biz: Verpflegung an Verkehrsknotenpunkten

Das Milliardengeschäft mit Foodkonzepten an Verkehrsknotenpunkten: Wie funktioniert der Markt? Wer sind die Big Player? Und wie steigt man am besten ein?

Gordon Ramsay macht keine halben Sachen. So setzte er auch mit seinem Restaurant »Plane Food« am Flughafen London Heathrow eine Punktlandung. Das Konzept: ein Express-Menü – serviert, gegessen und bezahlt innerhalb von 35 Minu­ten. Die Gäste fliegen auf kulinarische Ideen wie diese. Ganz so einfach umzusetzen, wie es klingt, ist es dann aber doch nicht, sagt Cornelius Everke, Deutschland-Geschäftsführer von »SSP – The Food Travel Experts«, einem der weltweit führenden Verkehrsgastronomieunternehmen, das an etwa 130 Flughäfen sowie 290 Bahnhöfen mehr als 2000 Lokale betreibt. 2016 steigerte man den Umsatz auf mehr als zwei Milliarden Euro. Seit Kurzem ist man auch im Besitz einer Lizenz für die Restaurants von Jamie Oliver, der derzeit stark expandiert. »Auch er musste das Travel-Geschäft zunächst tiefer verstehen«, so Everke. »So war Jamie bei seiner Premiere am Flughafen Gatwick damit konfrontiert, dass bei den langen Öffnungszeiten ab 5.30 Uhr morgens natürlich Frühstück sehr gefragt war, was vorher noch nicht Bestandteil seiner Menükarte war.«
In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Konsumverhalten im Reiseumfeld ­komplett geändert: Immer mehr Fluglinien reduzieren ihr Foodangebot. Was früher undenkbar war – nämlich mit einem Papp­becher in die Maschine zu steigen –, gilt ­heute als normales Bild. Hinzu kommt, dass die Ver­mieter an Bahnhöfen und Flughäfen zu­neh­mend wie die Betreiber der Shoppingcenter agieren: Gefragt sind bekannte Marken. Kaum verwunderlich, dass auch in diesem Business »Starbucks« oder »McDonald’s« zu den Riesen zählen.
Wichtig für die Flughäfen sei der Mix der Marken, sagt Jana Schwab vom Airport Frankfurt, Deutschlands größtem Flughafen mit 61 Millionen Passagieren pro Jahr. »Oberstes Ziel ist es, für jeden Standort und die dortigen Zielgruppen das optimale Gastronomie­konzept zu entwicklen. Mit internationalen Marken, aber auch mit regionalen Anbietern«, so Schwab. Jedes vierte Geschäft am Frankfurter Flughafen ist ein Gastrobetrieb.

Gordon Ramsay ist mit dem Restaurant »Plane Food« am Londoner Flughafen erfolgreich.
© Noam Galai
Gordon Ramsay ist mit dem Restaurant »Plane Food« am Londoner Flughafen erfolgreich.

Mietkosten

Wichtig ist nicht nur der klingende Name, sondern vor allem auch die Anpassung an den Gast, der gut, vor allem aber rasch mit Essen und Trinken versorgt werden will. Die Abläufe an Verkehrsknotenpunkten sind nicht zu vergleichen mit jenen in herkömmlichen Gastronomie-Unternehmen. »Sortiment, Betriebsabläufe, Personaleinsatzplanung, all das muss sich an diesen neuen Kunden­bedürfnissen orientieren«, so Everke von »SSP«. Mit »Local Brands« arbeitet »SSP« auch mit lokalen Unternehmen zusammen, deren Marke und Inhalt auf die besonderen Bedürfnisse der Reisenden angepasst werden.
Was die Mietkosten für Foodkonzepte an Flughäfen oder Bahnhöfen betrifft, so orientieren die sich meist am Umsatz. Am Flughafen Frankfurt etwa wird eine prozentuelle Abgabe verlangt, die variiert und abhängig ist von der Lage, von der Mietvertragslaufzeit sowie vom angebotenen Konzept.
In den vergangenen Jahren nutzten immer mehr hochdekorierte Köche ihre Prominenz für eine Dependance an Flughäfen. Das erste Flughafen-Sternerestaurant aber gab es in Deutschland. Das »Top Air« in Stuttgart hält seit 25 Jahren seinen Michelin-Stern. Das Erfolgsgeheimnis: leichte Küche und Top-Produkte aus aller Welt.


Julian O’Neill ist der Head Chef für Heston Blumenthal im »The Perfectionists’ Café«.
© David Griffen Photography
Julian O’Neill ist der Head Chef für Heston Blumenthal im »The Perfectionists’ Café«.

Restaurants an Verkehrsknotenpunkten

New Jersey: Ducasse’ »Saison«
Brasserie
Unter der Schirmherrschaft des französischen Drei-Sterne-Kochs Alain Ducasse eröffnete das ­»Saison« im April 2016 im Terminal C, Newark ­Airport, nahe New York City. Entstanden ist eine französische Brasserie. Die Bestellungen werden über am Tisch integrierte iPads abgewickelt – wie das an diesem Flughafen in allen anderen Restaurants auch passiert. Die Küche ist verglast, so kann man den Köchen bei ihrer Arbeit zusehen. Auch für Weinliebhaber ein Tipp: Die Enomatic ­bietet eine große Anzahl an ausgezeichneten ­Weinen, die man glasweise bestellen kann.

Wien/Oslo/Düsseldorf u. v. m.
Jamies Expansion
Jamie Oliver befindet sich im Expansionsfieber: Bis 2018 eröffnen gleich mehrere Lokale unter seiner Marke an internationalen Airports. So in Düsseldorf, Amsterdam, Oslo und Wien. Es sind drei Brands, mit denen der Brite an den Flughäfen durchstartet: »Jamie’s Deli« ­(To-go-Konzept mit Superfood), »Jamie’s Italian« (mediterran) sowie eine frei stehende Bar, an der man Cocktails und Snacks bekommt und auch mitnehmen kann.

London: »The Perfectionists’ Café«
Food, Fast
Das Konzept: » Here we serve fantastic food ... fast!« Inspiriert von Heston Blumenthals TV- und Buchserie »In Search of Perfection« ­werden im Terminal 2, Heathrow Airport, die Lieblingsgerichte der Briten serviert: Burger, Fish & Chips, Pizza, Roasted Chicken, English Breakfast. Klingt banal? Blumenthal beweist mit seinen Zugängen das Gegenteil. Ein Highlight ist auch der »Nitro Ice-Cream Salon«, in dem durch den Einsatz von flüssigem Nitrogen wunderbar cremiges Eis in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen angeboten wird.

Artikel aus Falstaff KARRIERE 02/2017.

Michael Pöcheim Pech
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