3D-Lebensmitteldrucker: Der Foodmarkt ist ein Milliardengeschäft, Entwicklungen sind unaufhaltsam.

3D-Lebensmitteldrucker: Der Foodmarkt ist ein Milliardengeschäft, Entwicklungen sind unaufhaltsam.
© Gina Müller

Sternemenü aus dem 3D-Drucker?

Eine gewagte Theorie, der sich Entwickler in der Praxis immer weiter ­annähern. Ob für kreative Give-Aways oder noch nie da gewesene ­Patisserie-Kreationen: Der Fantasie sind immer weniger Grenzen gesetzt.

Noch kann man kein fertiges Gericht mit einem 3D-Drucker fabrizieren, das auch nur annähernd an das herankommt, was ein halbwegs talentierter Hobbykoch zu leisten fähig ist. Aber wer konnte schon ahnen, wohin uns die Welt der Drucker noch entführen wird, als das japanische Unternehmen OKI den ersten Nadeldrucker präsentierte. Das war 1963. Die Welt war vielleicht noch in Ordnung, aber Buchstaben mit Unterlängen wie »g« oder »j« konnte ein Drucker nur bedingt schaffen.

Es ist ein beinhartes Wettrennen zwischen internationalen Entwicklern

Heute sind wir kaum mehr verwundert, wenn, so wie jüngst der Flugzeugbauer Airbus ankündigte, noch in diesem Jahr ein Auto präsentiert wird, das – salopp formuliert – aus dem 3D-Drucker gefertigt wird. Die Entwicklung ist rasant. Das wissen wir. Und das Geschäft mit Lebensmitteln ein Milliarden-Markt. Egal ob Euro oder Dollar. Das spornt an. Und das macht auch die entsprechenden Gelder frei, die Projekte rund um die Lebensmittel-Drucker fördern.
Es ist ein beinhartes Wettrennen, das sich internationale Entwickler liefern: 2013 stellte das katalanische Start-Up »Natural Machines« seinen Pizzadrucker in der Testphase vor. Auf die Markteinführung des sogenannten »Foodini«, die für Anfang 2015 geplant war, wartet man noch. Im Mai 2015 preschte dann der Nudelhersteller Barilla vor und rühmte sich mit dem ersten Pasta-Printer. In »nur« 2 Minuten wird eine einzige, individuell gestaltete Nudel gedruckt. Wer Lust auf einen Haufen Nudeln hat, braucht somit aber auch einen Haufen Zeit. Allerdings: Der erste Prototyp druckte noch satte 20 Minuten an einer Nudel herum. Auch den Pasta-Drucker kann man noch nicht kaufen.

Essen aus dem Drucker: Kann das überhaupt schmecken?
© Gina Müller
Essen aus dem Drucker: Kann das überhaupt schmecken?

Weiter ging es im August 2015: In London wurde das erste Stück Fleisch präsentiert und gegessen, das nie Teil eines Tieres war. Gezüchtet im Labor für 250.000 Euro, bezahlt von Google-Gründer Sergey Brin. Mit Hilfe eines 3D-Druckers soll dieses Fleisch bereits in 5 Jahren leistbar produziert werden können, kündigte man an.

»Von Wurst über Milch bis hin zu Süßwaren – vieles ist möglich.« Melanie Senger

Doch es sind andere, die dieser Tage für die Premiere sorgen: Der erste 3D-Lebensmitteldrucker, der mit unterschiedlichen Lebensmitteln drucken kann, wird an Kunden ausgeliefert. »Print2Taste« nennt sich das Unternehmen, das im deutschen Freising ansässig ist. 

Derzeit nur mit Marzipan

Die Funktionsweise ihres Druckers in einfache Worte gefasst: Man zeichnet am Tablet oder am Handy eine beliebige Figur, wirft den Drucker an und aus der Druckkartusche kommt Marzipan und baut Ebene für Ebene die gerade gezeichnete Figur in echt nach. Zum essen. So entstehen hübsche, plastische Figuren. Derzeit jedoch »nur« in Marzipan.
In der Pipeline befinden sich aber gut 40 weitere Lebensmittel, die »Print2Taste« nach und nach auf den Markt bringen will. »Von Wurst über Milch bis hin zu Süßwaren – vieles ist möglich«, sagt Melanie Senger, die im Unternehmen für Product Management und PR zuständig ist. 1200 Euro kostet der Drucker derzeit. Die Zukunftsvision ist, dass komplette Gerichte ausgedruckt werden. Und das mit Lebensmitteln, die personalisiert auf den jeweiligen Kunden angepasst sind. Allergien? Kein Thema mehr. Vitamine im Kuchen? Alles machbar. Derzeit sieht man bei »Print2Taste« vor allem die Gastronomie als Abnehmer. Und dort im speziellen die Patisserie. Freute sich früher ein Brautpaar über ein Foto auf ihrer Hochzeitstorte, so zieren die Glücklichen nun als 3D-Marzipan-Miniatur selbst die Sahnespitze. Das lässt sich gut verkaufen. 

Wie das Essen aus dem Drucker bei den Gourmets ankommt, wird sich erst zeigen.
© Gina Müller
Wie das Essen aus dem Drucker bei den Gourmets ankommt, wird sich erst zeigen.

Bei »Print2Taste« sieht man die Gastronomie – speziell die Patisserie – als Abnehmer. Nur ein Beispiel: 3D-Marzipan-Miniaturen des Brautpaares auf der Hochzeitstorte.

Nun setzt man auch auf Geistesblitze aus der Sterneküche, die diese neue Technik vorantreiben und auf ein kulinarisch angesehenes Podest stellen soll. Ferran Adriá hat seinerzeit die iSi-Technik neu erfunden und damit einen eigenen Markt entwickelt. Eine ähnliche Revolution erhofft man sich von einem kreativen Einsatz des 3D-Lebensmitteldruckers und von einer Weiterentwicklung und Optimierung der Nahrungsmittel, die die Kartuschen füllen. So tauscht sich das Berliner Unternehmen »Laydrop«, das ebenfalls einen Foodprinter auf den Markt bringen will, etwa regelmäßig mit Christian Singer aus, dem Küchenchef im 2-Michelin-Sterne-Restaurant von Tim Raue. »Für die Sternegastronomie selbst bringt das noch gar nichts. Kreationen zu drucken ist sinnlos, da geht die Handschrift des Kochs verloren. Wenn es aber um Kleinigkeiten der Vervielfältigung geht, zum Beispiel um ein kreatives Give-Away bei einem Catering, kann das Ding in Zukunft ganz spannend werden.«

Die Weltbevölkerung wächst, aber nicht die Flächen für Lebensmittelanbau

Die Food-Revolution könnte vielleicht schneller kommen, als man denkt. Auf der Weltausstellung im vergangenen Jahr in Mailand machten sich Experten aus 150 Nationen Gedanken zur Frage, wie die Menschheit in Zukunft ernährt werden kann. Der 3D-Lebensmitteldrucker war auch hier ein bestimmendes Thema. Die Argumentationen gehen in eine bestimmte Richtung: Gerne zitiert wird eine Zahl der Vereinten Nationen, dass bereits heute 805 Millionen Menschen an Hunger leiden. In den kommenden 40 Jahren soll der Bedarf an Fleisch um 40 Prozent zunehmen. Die Weltbevölkerung wächst, aber nicht die Flächen für Lebensmittelanbau. Wo große Probleme ausgemacht werden, ist auch großes Geld zu verdienen. Und das ist vielleicht das beste Argument für den nahenden flächendeckenden Einsatz von 3D-Lebensmitteldruckern.
(aus dem Falstaff & Hogast Karriere Magazin 01/2016)

Michael Pöcheim Pech
Autor
Mehr entdecken
Mehr zum Thema