Zuversichtlich sind Monique Dekker und Silvio Nickol im Interview.

Zuversichtlich sind Monique Dekker und Silvio Nickol im Interview.
© Gregor Titze

Städtetourismus: Lösungsansätze und Ausblick

Covid-19 hat den Hoteliers viel abverlangt – in den Städten ist die Situation nach wie vor angespannt. Kreative Ansätze sind gefragt. Dekker und Nickol im Interview.

PROFI: Die Hotellerie und Gastronomie hat es schwerer getroffen als die ­meisten anderen Branchen. Wie ist die derzeitige Situation bei Ihnen?
Dekker: Uns fehlen die internationalen Gäste, der Fokus liegt momentan eindeutig auf der DACH-Region, die meisten Gäste sind Leisure-Gäste aus dieser Region. Wir sprechen aktuell von einer 20-25%-igen Auslastung im Gegensatz zu 80-90 Prozent Anfang des Jahres. Wir haben im Hotel viele Covid-Maßnahmen getroffen und als internationale Kette auch viele Vorgaben. So haben wir beispielsweise einen Hygienemanager angestellt, der uns bei allen Maßnahmen die wir treffen, unterstützt. Natürlich haben unsere Gäste nach wie vor hohe Erwartungen an uns und unseren Service, hier liegt die Herausforderung, diese trotz der derzeitigen Einschränkungen zu übertreffen.
Nickol: Wir haben das Restaurant erst am 29. Mai mit der Hoteleröffnung geöffnet. Unsere Mitarbeiter im Restaurant sind nach wie vor in Kurzarbeit und arbeiten derzeit nur Donnerstag, Freitag, Samstag. Positiv ist, dass unser Restaurant seit der Öffnung jeden Tag voll ist. In den ersten beiden Monaten waren ausschließlich österreichische Gäste bei uns. Also haben wir kleine Akzente gesetzt, indem wir unsere Karte ausschließlich auf regionale Produkte adaptiert haben. Auch haben wir, um ein breiteres Publikum anzusprechen, die Preise etwas gesenkt.

»Gerade jetzt muss man als Team noch einmal mehr zusammenrücken. Die Motivation der Mitarbeiter ist höher denn je.«   
Silvio Nickol »Palais Coburg«

Waren aufwendige Umstrukturierungen in Hotel und Restaurant aufgrund der Covid-Maßnahmen notwendig?
Dekker: Ein paar Tische wurden entfernt, einige Glaswände eingezogen, aber im Großen und Ganzen gab es grundsätzlich wenig Veränderung. Im Schani­garten haben wir nur noch zwei Drittel der Tische. Unser Vorteil war hier die Erfahrung als internationale Kette. Wir konnten auf den Erfahrungsschatz unserer Kollegen – wie z. B. denen aus China – zurückgreifen: Close-Down-Checklisten, Recover-Pläne und andere Hilfsmittel.
Nickol: Unser Restaurant ist so designt, dass der Abstand sowieso sehr groß ist, die Privatsphäre stand im Vordergrund. Somit waren hier keine Adaptierungen notwendig.

Aktionen, um mehr Einheimische in die Betriebe zu bekommen, waren und sind gefragter denn je. Auf welche Projekte setzen Sie?
Nickol: Wir haben immer schon Kochkurse angeboten. Da die Gäste vermehrt zu Hause gekocht haben, ist die Nachfrage massiv gestiegen. Von ein Mal im Monat, mittlerweile auf ein Mal pro Woche, mit beschränkter Personenanzahl. Die Nachfrage war enorm. Aber auch unsere Reihe »Chef for a day«, bei der wir die Gäste für einen Tag in unsere Küche integrieren, war sehr ­gefragt. Auch haben wir tolle To-go-Packages gemacht: Wine to go, den Kuchen-Freitag.
Dekker: Man muss sich ein wenig umstellen. Wir haben Pop-up-Bars ins Leben gerufen und eine spannende Geschichte sind nun auch »virtuelle« Hochzeiten und Feierlichkeiten: Wir haben viele internationale Gäste, die nicht bei ihren Familien sein konnten – per Video sind dann Zuschaltungen erfolgt, man kann sogar das Menü vorab durchsenden und nachkochen, damit man sogar die gleichen Gerichte und den gleichen Wein zur selben Zeit genießen kann. Kreativität ist gefragt.

PROFI-Herausgeberin Alexandra Gorsche traf sich zum Talk mit Monique Dekker («Park Hyatt») und Silvio («Silvio Nickol»).
© Gregor Titze
PROFI-Herausgeberin Alexandra Gorsche traf sich zum Talk mit Monique Dekker («Park Hyatt») und Silvio («Silvio Nickol»).

Das Bewusstsein der Menschen hat sich durch diese Krise verändert. Wie erleben Sie Ihre Gäste, aber auch Ihre Mitarbeiter? Wie ist die Stimmung?
Nickol: Meine Mitarbeiter sind jeden Tag top-motiviert, bis in die Zehen­spitzen. Die Veränderung, die ich bei den Gästen wahrgenommen habe, ist, dass diese freundlicher und zuvorkommender sind. Ich glaube, durch die ­Corona-Zeit haben viele nachgedacht. Jegliche Hygienemaßnahmen ­wurden wohlwollend und verständnisvoll ­aufgenommen.
Dekker: Die Mitarbeiter sind generell sehr positiv eingestellt. Auch für sie war es mal gut, einen Schritt zurückzugehen und zu schauen: Ist das wirklich das, was ich will? Will ich in dieser Branche arbeiten? Wir hatten auch während der Lockdown-Zeit geöffnet, da wir viele Long Stay-Gäste haben, die betreut werden mussten. Es war schon eine komische Atmosphäre, alles geschlossen, kein Mensch auf der Straße und dann bist du im Haus und außer dir weder die Kollegen noch die Gäste, wie man es gewoht ist, das war ein befremdliches Gefühl. Ich bin sehr dankbar für die großartige und vor allem loyale Unterstützung jedes einzelnen Mitarbeiters. Wir gehen diesen Weg gemeinsam und unterstützen uns wo wir nur können.

»Gerade jetzt müssen wir mehr denn je positiv, ­belastbar, pragmatisch und empathisch sein. Schließlich sitzen wir alle im selben Boot.«
Monique Dekker »Park Hyatt«

Der Genuss, die Geselligkeit hat den ­Menschen auch gefehlt.
Nickol: So ist es, der Drang danach, ­endlich mal wieder essen zu gehen. Viele hatten auch etwas nachzufeiern. ­Geburtstage, Hochzeitstage. Gerade in den ersten Wochen nach dem Restart hat sich das ­gezeigt.

Covid hat Unternehmer bzw. Führungspersönlichkeiten noch einmal ganz anders gefordert. Was haben Sie in der Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern beachtet?
Nickol: Bei mir hat sich nicht wirklich etwas verändert. Allerdings führe ich mein Team wahrscheinlich anders als andere. Wir sind ein sehr kleines Team. Man muss noch ­einmal mehr im Team arbeiten. Wir gehen sehr respektvoll miteinander um, das ist mir sehr wichtig. Wir waren froh, dass wir wieder untereinander und miteinander arbeiten konnten. Die Drei-Tage-Wochen momentan sind arbeitsintensiver als die Fünf-Tage-Wochen zuvor.

Wie nehmen Sie die Eigenverantwortung ­Ihrer Mitarbeiter wahr?
Dekker: Eigentlich sehr gut. Sie verstehen, dass wenn einer krank wird, alles ­zusammenbricht. Wir haben daher eine Gruppeneinteilung – wird einer krank, dann geht die ganze Gruppe in Quaran­täne, eine andere Gruppe übernimmt dann vor Ort. Zudem lassen sich unsere Mitarbeiter freiwillig jede Woche testen und tragen so zur eigenen und zur ­Sicherheit unserer Gäste und der Kollegen bei.
Nickol: Bei uns ist es ebenso. Sie wissen, dass sie in ihrer Freizeit ebenso verantwortungsvoll agieren müssen.

Welche Eigenschaften braucht es, um ­Krisen zu überstehen?
Dekker: Positivität, Belastbarkeit, pragmatisch zu sein, empathisch zu sein – für die Menschen, mit denen du arbeitest, für die Gäste, Lieferanten, wir sitzen alle im selben Boot. Ich bin absolut zuversichtlich, dass wir die Krise mit unserem fantastischen Team meistern werden. Wir bei »Hyatt« sind eine große Familie und sind immer füreinander da. Das ist definitiv die beste Basis, gestärkt aus dieser Zeit herauszugehen.

Karriereprofile

Silvio Nickol
1975 in Deutschland geboren, absolvierte er eine klassische Kochlehre im »Landhaus Hotel Waitz«, Mühlheim-Lämmerspiel in Deutschland, bevor er Schüler von Größen wie Heinz Winkler und Harald Wohlfahrt wurde. Als weitere Station folgte von 2007 bis 2010 das »Schlossstern« im Schloss Velden am Wörthersee. Seit 2011 verantwortet Nickol das »Silvio Nickol Gourmetrestaurant« im Palais Coburg in Wien, welches mit zwei Guide Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde.

Monique Dekker
1972 in den Niederlanden geboren, arbeitete Dekker zu Beginn ihrer Karriere in den USA. 1996 ging sie bei »Hyatt« an Bord und arbeitete in New York, Boston, Princeton, Singapur und Tokio. Mit 34 wurde sie zum ersten Mal Generaldirektorin. Zurück in Europa eröffnete sie 2010 das »Hyatt Regency Düsseldorf«. Seit 2013 lebt sie in Wien. ­Mittlerweile verantwortet sie sechs Hotels in der »Hyatt Group«.

Alexandra Gorsche
Alexandra Gorsche
Herausgeberin Profi
Mehr zum Thema