Die Region Penedés in Katalonien gilt als die Wiege des spanischen Schaumweins.

Die Region Penedés in Katalonien gilt als die Wiege des spanischen Schaumweins.
© Blai Carda Torne

Spanische Schaumweine im Aufbruch

Die spanische Schaumweinszene begibt sich auf neue, erfolgsversprechende Wege.

Es herrscht Aufbruchstimmung in Spaniens Schaumweinwelt. »Qualität, Herkunft und Nachhaltigkeit haben für uns absolute Priorität vor der Quantität«, erläutert Xavier Gramona vom gleichnamigen Weingut aus Sant Sadurní d’Anoia, der Hochburg spanischer Schaumweine. Traditionell, mittlerweile vollkommen biodynamisch bewirtschaftet, gehört das Weingut seit Jahrzehnten zu den renommiertesten Produzenten hochwertiger Schaumweine mit großem Reifepotenzial.

Ruf nach mehr Qualität

Seit im Januar 2019 Gramona und fünf weitere Weingüter unter dem neuen Markennamen Corpinnat aus der Appellation DO Cava (Denominación de Origen Cava) ausgetreten sind, gibt es manchen Wirbel. Denn die Abtrünnigen wie Gramona und auch Recaredo gehören zu den weltweit bekannten Schaumweinproduzenten. Ihnen gingen die Qualitätsansprüche des Consejo Regulador del Cava (das Kontrollgremium der DO Cava) nicht weit genug.

Strenge Regeln

Zur Qualitätssicherung hat sich Corpinnat nun eigene strenge Regeln auferlegt. Neben der Produktion wird auch auf die soziale Komponente, etwa Mindestpreise für die Traubenlieferanten, gesetzt. Ihr Ziel: qualitätsvoller Schaumwein aus dem Penedès in biologischem Anbau mit traditionellen regionalen Rebsorten wie beispiels­weise Xarel·lo, Macabeo und Parellada; die Mindestlagerzeiten der Schaumweine in traditioneller Flaschenvergärung reichen von 18 bis zu 60 Monaten. Zur neuen Gruppe gehört auch das Weingut Torelló, das heute von den Brüdern Paco und Toni de la Rosa Torelló geführt wird. Auch hier setzt man auf geschichtsträchtige Tradition, die sogar bis ins Jahr 1395 zurückreicht und für hochwertige, lange gelagerte Schaumweine steht.

Quantität statt Qualität

Die Sprecher von Corpinnat, Xavier Gra­mona und Ton Mata vom Weingut Recaredo, beklagen den wachsenden Einfluss der Großproduzenten wie Freixenet, Codorníu und García Carrión, die statt auf Qualität meist auf Quantität setzen würden.

Mehr als Massenware

Diese Massenmarkt-Marken stehen für über 90 Prozent der Produktion mit rund 220 Millionen Flaschen. Sie sind nach Ansicht der Qualitätsproduzenten für das Imageproblem des Cavas verantwortlich, da sie in vielen europäischen Ländern im Supermarkt zu Schnäppchenpreisen angeboten werden. Dass Cava aber weit mehr sein kann als solche Massenware, zeigt unsere Verkostung. Die Region steht für eine lange Tradition. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts lagerte man hier in den sogenannten »Cavas«, den Kellern, Schaumweine. 1972 wurde dann die Appellation DO Cava ins Leben gerufen. Die vier Qualitätsstufen – Cava, Reserva, Gran Reserva und Cava De Paraje Calificado (Lagencava) – zeichnen sich durch unterschiedliche Lagerzeiten von neun bis zu 36 Monaten aus.

Cava Pere Ventura Gran Vintage
Foto beigestellt
Cava Pere Ventura Gran Vintage

Negativer Einflusss

Fast 98 Prozent der Produktion kommen aus dem Penedès, westlich von Barcelona gelegen. Der Rest teilt sich auf andere Regionen Spaniens auf. Und genau hier liegt, aus der Sicht von Corpinnat, ein weiteres großes Problem: Die Schaumweinproduktion der historisch gewachsenen Region Penedès mit ihren hervorragenden Böden und einheimischen Rebsorten wird durch die Vermischung mit Grundweinen minderer Qualität aus anderen spanischen Gebieten zunehmend negativ beeinflusst.

Qualität in Familienbesitz

Beispiele für anspruchsvolle Cavas aus der Ursprungsregion kommen von den renommierten Produzenten Juvé & Camps und Pere Ventura. Letzteres wurde erst 1992 gegründet, seine Weinberge gehören zum Weingut Can Bas. Auch hier legt man Wert auf bio­logischen Anbau und lange Hefelager. Die Chefönologin Marta Sanvicente, eine kämpferische Katalanin, beschreibt ihre Philosophie so: »Wir sind stolz auf unsere Premium Cavas, die als Botschafter stellvertretend für das Penedès und die Menschen stehen!« Auch Juvé & Camps gehört zu den Wein­gütern, die immer noch in Familienbesitz sind und blickt auf eine über 200-jährige Geschichte zurück. Biologisch bewirtschaftete Weinberge und Hefelager bis zu neun
Jahren zeigen den hohen Qualitätsanspruch.

Mehr als Cava

Die Querdenker der Familie Raventós, die schon 2012 vorausschauend aus der Cava-Produktion ausgestiegen sind und traditionellen Schaumwein unter der geografischen Lagenbezeichnung »Conca del Riu Anoia« produzieren, gehören gleichfalls zu den Topgrößen der Region.

Die spanische Schaumweinszene ist auf einem neuen, erfolgversprechenden Weg. Zusätzlich zur Appellation DO Cava gibt es mittlerweile auch noch weitere vielversprechende Produkte mit hervorragender Qualität zu entdecken.

Erschienen in
Falstaff Sparkling Special 2019

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Gerhild Burkard
Redakteurin
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