Norbert Waldnig zeigte sich in der Krise als Vorreiter für Online-Seminare.

Norbert Waldnig zeigte sich in der Krise als Vorreiter für Online-Seminare.
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Sommelierverein: Und dann waren wir online ...

Norbert Waldnig, Präsident des Tiroler Sommeliervereins und Ausbildungsleiter am WIFI Innsbruck, zeigte in der ­Krise, dass die Welt nicht stillstehen muss.

PROFI: Beim Lockdown im März liefen Ihre Sommelierausbildungen am WIFI ­Innsbruck an, wo Sie Ausbildungsleiter sind. Wie reagierten Sie auf diese unvorhersehbare Situation?
Norbert Waldnig:
Wir mussten alle Ausbildungen vorerst abbrechen. Gemeinsam mit meinem Trainerkernteam haben wir dann schnell beschlossen, online zu gehen. Ich war bereits mit Zoom, einer Software für Videokonferenzen, vertraut und überlegte, ob dies nicht eine Option sei. Es galt die Herausforderung zu meistern, dass wir jeden Tag im Training in etwa sechs Weine verkosten.

Ich musste überlegen, wie wir logistisch und auch technisch Weine für die Blindverkostungen in kleine Flaschen füllen können. Stickstoff war schlussendlich die Lösung. Es waren tagelange Recherchen und ein kleines Abenteuer. Die weiteren Schritte waren dann Versand, Kostenkalkulationen und vieles mehr.  

Die größte Herausforderung war somit die Logistik?
So ist es. Mit dem WIFI-Team haben wir 3.500 Flaschen abgefüllt. Wir mussten genau planen. Welche Rebsorte wird an welchem Tag verkostet? Sind alle Flaschen korrekt nummeriert? Es waren viele Details.

Wie viele Teilnehmer wurden in dieser Zeit geschult? 
20 Jungsommeliers, 27 Sommeliers Österreich, 20 Diplomsommeliers. Das Fazit ist, dass die Online-Ausbildung eine wertvolle Bereicherung ist. Wir werden ab jetzt auch weiterhin einmal pro Jahr die Ausbildungen online anbieten. Wir hatten Anmeldungen aus Deutschland, Italien und der Schweiz. Es ist unglaublich praktisch. Eine Anreise ist nur für die Prüfung notwendig.

Einzigartig war mit Sicherheit, dass wir hier nicht von einem Abend reden und einem Versand von Verkostungsflaschen, sondern von Ausbildungen, die täglich über drei Wochen liefen mit täglichen Verkostungen. Und wir haben es geschafft, diese gesamte Ausbildungsdauer logistisch einwandfrei abzuwickeln.

Online-Learning versus traditioneller ­Unterricht. Was sind die Unterschiede?
Pädagogisch muss man anders vorgehen. Du brauchst mehr Bilder in der Präsentation, mehr Gruppenräume. Ich habe meine Trainer umgehend geschult, um auf die neuen Gegebenheiten vorbereitet zu sein.

Wie schaut es mit den persönlichen Beziehungen in diesem Zusammenhang aus?
Niemals kann man die persönliche Ebene ­virtuell ersetzen. Der wertvolle Aufbau von persönlichen Beziehungen ist nur persönlich möglich. Es bilden sich nicht nur Bekanntschaften, sondern Freundschaften in unseren traditionellen Seminaren. Das ist der Preis, den man bei Online-Seminaren zahlt. Das wertvolle Netzwerken bleibt auf der Strecke. Dafür kann man zu Hause bleiben, man muss nicht reisen, hat eine enorme Zeitersparnis, man muss kein Hotelzimmer buchen und ist viel flexibler.

Es ist spannend, denn wenn ich in einem traditionellen Kurs nachfrage, ob die Teilnehmer sich dieselbe Ausbildung auch online vorstellen können, dann werden sie das verneinen. Wenn ich allerdings in einer Online-Schulung frage, ob sie die nächste Ausbildung auch wieder online machen würden, dann werden sie Ja sagen. Man kann sich das nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst probiert hat.

»Die Online-Ausbilung ist eine unglaubliche Bereichung, die uns erhalten bleibt.«  
Norbert Waldnig, Ausbildungsleiter

Wie hat sich der Lockdown auf die Anzahl der Teilnehmer ausgewirkt?
Wir haben einen massiven Zuwachs erfahren. Das Mindset hat sich verändert, ich würde sogar sagen, dass wir einen Paradigmenwechsel erleben. Die Menschen haben die Scheu vor Online-Coachings und -Trainings verloren. Man kann schneller reagieren. Ich muss nicht mehr nach Wien fliegen für ein Coaching. Für mich ist das die Zukunftsmusik.

Welchen Stellenwert haben Aus- und Weiterbildungen im Bereich Service?
Gerade Servicemitarbeiter erhalten eher selten die Wertschätzung sich weiterbilden zu können. Wir brauchen Menschen, die mit Freude und Spaß arbeiten, das geht nur, wenn man ein fundiertes Fachwissen hat. Denn mit mehr Know-how fühlt man sich stolz und geht anders auf die Gäste zu. Das Servicepersonal muss mehr gefördert werden. Dabei ist es aber auch wichtig, die Qualitäten des Trainers zu hinterfragen. Denn eine Ausbildung wird nur greifen, wenn der Trainer das notwendige Fachwissen hat.

tirol.wifi.at/sommelier

Alexandra Gorsche
Alexandra Gorsche
Herausgeberin Profi
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