Schoko-Enfant terrible Dominique Persoone ist für seine Kreationen weltberühmt.

Schoko-Enfant terrible Dominique Persoone ist für seine Kreationen weltberühmt.
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»Shock-o-latier« Dominique Persoone und sein süßes Imperium

Wie der ­Ausnahme-Chocolatier die internationale Kochelite mit ausgefallenen Kreationen auf die süße Schaufel nimmt und warum er die Branche zum Nachmachen auffordert.

Dominique Persoone besitzt eine besonders charmante Gabe: Der belgische Chocolatier ist in seiner Fremdsprache Englisch derart sattelfest, dass ihm sogar Witze punktgenau gelingen. Das macht Persoone zu einem äußerst unterhaltsamen Gesprächspartner, der in Interviews und auf internationalen Bühnen keine Gelegenheit auslässt, ­seine Gags anzubringen – und davon hat der selbst ernannte »Shock-o-latier« wahrlich genug auf Lager: Schließlich ist Humor eine der wichtigsten Grundzutaten seiner Kreationen. Denn: »It’s about making the guests laugh«, wie Persoone sagt, die Gäste sollen Spaß haben. Mit Pralinen und verspielten Schoko-Gadgets, die ausgefallener nicht sein könnten.

Sein Markenzeichen: Ausgefallene Kreationen

»Als ich anfing, Schokolade mit Wasabi und Zigarrenaroma zu kombinieren, hielten mich die Leute für verrückt. Jahre später bekam ich die Anerkennung durch den Guide Michelin«, erinnert sich Dominique Persoone, der 1992 gemeinsam mit seiner Ehefrau und Geschäftspartnerin Fabienne De Staercke seinen ersten Shop in Brügge in der Provinz Westflandern in ­Belgien eröffnete. Heute gehören zu seinem inzwischen weltberühmt gewordenen Label »The Chocolate Line« ein weiterer Shop in Antwerpen in einem ehemaligen Palast Napoleons sowie eine eigene Schokoladenfabrik etwas außerhalb von Brügge. Auf rund 2800 Quadratmetern produziert Persoone dort einzigartige Pralinen wie »Cebolla«, ein Mandel-Praliné mit knusprig frittierten Zwiebeln, »Atlanta« mit einer Cola-Mandel-Ganache und Knallbrause, »Italiaanse Javanais« mit weißer Ganache mit frischem Basilikum, Marzipan mit getrockneten Tomaten und schwarzen Oliven und »Miss Piggy« aus Milchschokolade mit Mandeln und knusprigem Speck mit Quinoa. »Meine Inspiration? Schokolade ist meine Leidenschaft. Ich denke in Schokolade. Sie hat etwas Magisches an sich, kann dir aber auch Schwierigkeiten machen, wenn du nicht weißt, wie du mit ihr umzugehen hast. Vergleichbar mit einer bildhübschen Lady, die sich ziert, wenn du sie zum Tanz aufforderst.«

Zwiebel, Wasabi, Speck: Der gebürtige Belgier hat die Praline neu erfunden. Internationale Spitzenköche stehen für seine Kreationen Schlange.
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Zwiebel, Wasabi, Speck: Der gebürtige Belgier hat die Praline neu erfunden. Internationale Spitzenköche stehen für seine Kreationen Schlange.

Mit schrägen Ideen zum Erfolg

Mittlerweile schwebt Dominique Persoone mit seiner eigenen, Bean-to-Bar-produzierten Schokolade im Arm derart leichtfüßig über das süße Tanzparkett, dass internationale Spitzenköche und Künstler für eine Zusammenarbeit Schlange stehen. Für den brasilianischen Ausnahmekoch Alex Atala entwickelte er beispielsweise »giftige Frösche«, die mit Koriander, Limette, Chili und dem Betäubungsmittel Lidocain gefüllt werden, das im Mund für kurze Zeit ein Taubheitsgefühl verursacht. Die Schokoladenfrösche erinnern an echte Frösche aus dem Amazonas, die high machen sollen, wenn man ihnen über den Rücken schleckt. Für den britischen Sterne­koch und Pionier der Molekularküche Heston Blumenthal versetzte Persoone wiederum Schokoladenmousse mit Helium.

Skurrille Erfindungen machen ihn weltberühmt

Seine wohl bekannteste Erfindung aber entstand anlässlich einer Geburtstagsfeier der Rolling Stones: Ein Choco­late Shooter, eine Art Schnupftabak-Maschine, mit deren Hilfe kleine Mengen feinstes Kakaopulver in die Nase katapultiert werden. »Chilischokolade durch die Nase? Keine gute Idee«, lacht Persoone rückblickend auf seine ersten Schnupfversuche. Klingt verrückt? Möglich. Geht es nach Persoone, ist es aber genau das, was der Konsument möchte: außergewöhnliche Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben. »Der Gast sucht nach Abenteuer, auch in einer Praline«, erklärt der Ausnahme-Chocolatier. »Wir denken heute viel zu oft darüber nach, was andere denken könnten, wenn wir diese oder jene Geschmackskombination auf die Karte setzen. Das ist Unsinn. Habt weniger Angst.« Normal kann schließlich jeder. Nur, dass man damit als Gastronom oder Küchenchef keine emotionale Bindung aufbaut, die dafür sorgt, dass der Gast wiederkommt. Um Eindruck zu hinterlassen, muss man sich also deutlich mehr ins Zeug legen. Dominique Persoone zückt an dieser Stelle gerne seinen Schokoladen­lippenstift: »Servieren Sie Ihren Gästen dazu eine Kugel Vanilleeis. Voilà: Coupe Dänemark einmal anders!«

The Chocolate Line in Antwerpen wurde 2015 zum schönsten Schokoladengeschäft Europas gekürt.
© Ekkow Photography
The Chocolate Line in Antwerpen wurde 2015 zum schönsten Schokoladengeschäft Europas gekürt.

Visionärer Qualitätsfanatiker

Dominique Persoones Leidenschaft für ­Schokolade beginnt übrigens schon bei der Auswahl der richtigen Kakaobohne. Mittlerweile besitzt er seine eigene Criollo-Plantage in Yucatán, Mexiko, die von ­lokalen Kakaobauern in traditioneller Weise biologisch ­kultiviert wird. Regelmäßige Expeditionen in die Dschungel Lateiname­rikas sind für ihn selbstverständlich, um sein Wissen über neue Kakaosorten und Geschmäcker zu erweitern. Sein selbst ­auferlegter Qualitätsanspruch: »Für uns ist nur das Beste gut genug. Wir überlassen nichts dem Zufall.« Das gilt auch für andere Rohstoffe, die in Persoones Kreationen ­Verwendung finden, etwa Honig, der aus eigenen Bienenstöcken auf dem Dach seiner Fabrik sowie auf seiner Kakaoplantage gewonnen wird. Kräuter und Gewürze wie rosa Pfeffer, Kardamom, ­Vanille, Zimt und Nelken stammen ebenfalls von Persoones Plantage, die Haselnüsse von Farmern aus dem italienischen Piemont.
»Schokolade wäre nicht Rock ’n’ Roll, wenn wir nicht ­versuchen würden, Außergewöhnliches zu kreieren. Die moderne Technik bietet uns die Möglichkeit, nach Herzenslust mit Rohstoffen zu experimentieren, egal ob mit Mandeln, Quinoa oder Pinienkernen – das Ergebnis ist jedes Mal beeindruckend. So schaffen wir Pralinen mit einem ausgeprägten Charakter.«
Und die sorgen schließlich beim Gast für einen unterhaltsamen und unvergesslichen Menüabschluss.

Meet Dominique Persoone

Holen Sie sich die Tipps und Tricks für Ihr nächstes Dessert bei Belgiens Star-Chocolatier persönlich. Unter www.thechocolateline.be führt Persoone eine Liste mit Events, auf denen er 2018 anzutreffen ist. Hier ein kleiner Auszug:

Chef Alps (CH)
27. und 28. Mai 2018
www.chef-alps.com

Kookeet (BEL)
29. September bis 1. Oktober 2018
www.kookeet.be

Week van der Bij (BEL)
27. Mai bis 3. Juni 2018
www.weekvandebij.be

The Chocolate Line
Meir 50, 2000 Antwerpen
Belgien

Coverstory aus Falstaff Karriere 01/18.

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