Sensationeller Weinfund in Baden-Württemberg

Rund 500 Flaschen wurden am Ende des zweiten Weltkriegs eingemauert und jetzt geborgen und verkostet.

Am Weingut L. Bastian in Endingen am Kaiserstuhl (Baden-Württemberg) wurde kürzlich ein ebenso sensationeller wie überraschender Weinfund gemacht: Unter einer unbenutzten Kellertreppe waren rund 500 Flaschen Wein eingemauert. Das seit 1868 bestehende Weingut wird mittlerweile in fünfter Generation von Andreas Neymeyer geführt, der gegenüber Falstaff erklärt, wie man auf das Versteck aufmerksam wurde: »Mein Onkel und früherer Kellermeister Franz–Josef Neymeyer hatte das Versteck noch in Erinnerung. Er kam aber erst wieder darauf als er die Treppe, unter der die Flaschen versteckt waren, mal wieder bewusst wahrgenommen hat«.

Andreas Neymeyer mit Weinflaschen aus dem Kellerversteck/Foto: © Pressebüro Matt-Willmatt/Kierey, Weingut L. BastianWein vor französischen Besatzern versteckt
Dass man die Treppe überhaupt freilegte, ist eigentlich einem Unglück zu »verdanken«. Im Januar 2010 zerstörte ein Brand den Großteil der Betriebsgebäude und Betriebsanlagen. Die großen, 1884 angelegten und denkmalgeschützten Keller überstanden den Brand, sodass die Weinlese des laufenden Jahres 2010 darin unbeschadet eingelagert werden konnte. Im Zuge des Neubaus und der damit einhergehenden Abbrucharbeiten wurde in einem Kelleranbau von 1911 eine unbenutzte Treppe frei geräumt. Dabei bewahrheitet sich die vage Erinnerung von Onkel Franz-Josef Neymeyer, dass 1945, als die Franzosen als Besatzungsmacht einrückten, dort Wein- und Branntweinflaschen versteckt und eingemauert wurden.

Franz–Josef Neymeyer und Andreas Neymeyer beim Verkosten/Foto: © Pressebüro Matt-Willmatt/Kierey, Weingut L. BastianGeborgen und gekostet
Am 11. Januar 2011 wurde der »Schatz« nach »66-jähriger Ruhe« geborgen. Die rund 500 Flaschen sind »von fast voll bis nur noch zu einem Fünftel gefüllt«, so Andreas Neymeyer - einige Flaschen sind aufgrund von undichten Korken ausgelaufen. Welche Weine so gut versteckt wurden, darüber kann derzeit nur spekuliert werden: »Weil diese Weine bei uns gefüllt wurden, tragen Sie leider kein Etikett. Der, der sie versteckt hat, wusste wohl gut, was es war«. Neymeyer erklärt weiter: »Es waren ca. 65 Flaschen Schnaps. Der Rest ist, wie es aussieht, Süßwein bzw. Likörwein«. Es handle sich um zwei bis drei verschiedene Weine, wobei zwei gleich nach der Bergung degustiert wurden. Ein Wein sei einem früheren Import aus dem spanischen Málaga zuzuordnen und könne wie folgt charakterisiert werden: »Er riecht und schmeckt nussig nach Mandeln/Amaretto. Im Geschmack hat er deutliche aber ganz toll eingebundene Süße«.

Der zweiten Wein, vermutet Andreas Neymeyer, könnte beispielsweise eine Silvaner Auslese - Beerenauslese aus eigener Produktion sein: »Die Aromatik und Geschmack erinnern an Birne und Pfirsich. Im Geschmack präsentiert sich eine unerwartet präsente Säure, die den Wein frisch und fast jung wirken lässt. Es ergibt mit der Restsüße eine ganz tolle Geschmackskomposition.« Die eventuelle dritte Charge wurde noch nicht verkostet.

Teil der Raritäten kommt unter den Hammer
Im Anschluss an die Verkostung wurden die restlichen Flaschen geborgen und grob gesichtet. »In den nächsten Wochen werden wir den Wein sortieren und in Kategorien einteilen. Dann gleich mit gleich auffüllen und neu verkorken«, erklärt der Weingutsleiter die weitere Vorgehensweise. Einen Teil der Originalflaschen wolle man im Frühjahr/Sommer 2012 unter anderem für einen guten Zweck bei der Eröffnung des Weingutneubaus versteigern.

www.weingut-bastian.de

(von Marion Topitschnig)

Marion Topitschnig
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