© Shutterstock

Schaumwein aus Italien

Italien surft auf der Sparkling-Welle. Schaumweine erfreuen sich im ganzen Land großer Beliebtheit. Es gibt viele spannende Sekte in klassischer Flaschengärung.

»Plopp« macht es landauf, landab. »Bollicine« (Bläschen), so der italienische Ausdruck für Schaumweine aller Art, liegen auf der Apenninenhalbinsel voll im Trend. Bollicine sind beliebt, sie sind leichter im Alkohol und kommen dem neuen Hedonismus entgegen, auf den gerade auch ein jüngeres Publikum setzt. Zudem: Die italienischen Winzer schätzen Bollicine auch selbst sehr. Da kann man vorher noch so kontroversiell über die Dinge des täglichen Lebens streiten: Bei perlendem Wein sind sich alle einig – das gefällt. Beim weinaffinen Publikum gehört es zum guten Ton, ein Abendessen mit einem Schaumwein zu beginnen.

Trotz des landesweiten Trends liegt der Schwerpunkt der italienischen Schaumweinproduktion im Norden. Piemont, Lombardei, Trentino, Südtirol und Veneto bestreiten über 90 Prozent der Gesamtmenge. Während das Veneto mit Prosecco punktet, der meist in Tankgärung erzeugt wird, gibt es auch einige feine Schaumweine aus traditioneller Flaschengärung. Vorbei sind die Zeiten, in denen diese Perlen immer mit Champagner verglichen wurden – sie haben mittlerweile durchaus ihr eigenes Profil. Die beiden wichtigsten Gebiete sind die Franciacorta in der Lombardei und das Trentino.

Als Franciacorta werden die Hügel am Südufer des Iseosees, zwischen Brescia und Bergamo, bezeichnet. Während der letzten Eiszeit haben die großen Alpengletscher hier Gestein aus den Bergen abgelagert. Die mineralstoffreichen Böden, warme Tage und kühle Nächte sind wie geschaffen für strukturierte, bukettreiche Grundweine. Guido Berlucchi und Franco Ziliani waren die Ersten, die in den 1960er-Jahren einen »Spumante Franciacorta« auf den Markt brachten. Der Erfolg von Berlucchi rief andere Unternehmer auf den Plan, darunter Maurizio Zanella oder Vittorio Moretti. Ihre Betriebe »Ca’ del Bosco« und »Bellavista« sind untrennbar mit dem Aufstieg der Francia­corta zum führenden Bollicine-Gebiet verbunden. Ca’ del Bosco gehört mittlerweile zur Santa-Margherita-Gruppe, Maurizio Zanella ist aber weiterhin in leitender Funktion tätig. Er war auch viele Jahre Präsident des Consorzio Franciacorta, in dem alle wichtigen Produzenten vereint sind: »Im Gegensatz zu anderen Gebieten haben wir hier keine Genossenschaften. Wir sind eigentlich ein kleines Gebiet, in dem alle Betriebe auf hohem Niveau arbeiten und für ihre Franciacorta nur die eigenen Trauben verwenden.«

Angebaut wird in erster Linie Chardonnay, dazu auch Pinot Noir, die Rosé-Welle ist auch in Italien angekommen. Der früher weiter verbreitete Pinot Bianco (Weißburgunder) ist rückläufig. Nach dem Vorbild der Champagne nennt sich der Schaumwein seit 1996 einfach »Franciacorta« und trägt eine eigene DOCG-Bezeichnung. Ein Franciacorta kann in allen auch aus anderen Gebieten bekannten Kategorien wie Brut, Extra Brut usw. erzeugt werden. Darüber hinaus gibt es die gebietsspezifische Bezeichnung »Satèn«. Ein solcher darf ausschließlich aus weißen Trauben erzeugt sein und nur als Brut gefüllt werden. Sein geringerer Flaschendruck von fünf Bar macht ihn cremiger und weicher – eben typisch Franciacorta.

Und was aus der Franciacorta sollten Feintrinker nun unbedingt probieren? Auf jeden Fall die Spitzencuvées Annamaria Clementi von Ca’ del Bosco und Vittorio Moretti von Bellavista. Wunderbare Perlen genießt man auch mit Cabochon Fuoriserie von Monte Rossa, Arcadia von Lantieri oder auch Baiana Pas Dosé von La Montina und Bagnadore Dosaggio Zero von Barone Pizzini, die immer etwas länger reifen.

Das Trentino besitzt mit »Trentodoc« eine eigene Ursprungsbezeichnung für Top-Schaumwein aus klassischer Flaschengärung. Die hoch gelegenen Weingärten an den Hängen der Dolomiten sind ideal für die Erzeugung feiner Grundweine. Durch die kühlere Lage hat ein Trentodoc in der Regel mehr Rasse und Spannung als ein Franciacorta, der geschmeidiger und weicher ist. Das große Renommee von Trentodoc ist in erster Linie Ferrari in Trento zu verdanken. Mit knapp fünf Millionen Flaschen Jahresproduktion ist das Haus Ferrari, das von der Familie Lunelli geleitet wird, auch der mit Abstand größte Erzeuger von Trentodoc. Ferraris »Giulio« zählt regelmäßig zu den besten Schäumern Italiens.  Daneben gibt es zahlreiche weitere hervorragende Erzeuger von Trentodoc: viele kleine Winzer, aber auch große Genossenschaften wie Cavit oder Mezzacorona, die unter den Markennamen Altemasi und Rotari sehr erfolgreich sind.

Die längste Schaumweintradition in Italien hat das Piemont. Häuser wie Gancia, Contratto oder Martini & Rossi waren bereits vor über hundert Jahren für ihre Spumanti be- kannt. Unter der Bezeichnung »Alta Langa« haben sich die Erzeuger vor einigen Jahren neu organisiert. Ein »Alta Langa DOCG« entsteht aus Chardonnay und Pinot Noir aus höher gelegenen Weingärten in den Provinzen Asti, Alessandria und Cuneo. Er reift mindestens 30 Monate lang auf der Flasche. Ein weiteres Gebiet mit langer Spumante-Tradition ist Oltrepò Pavese in der südlichen Lombardei. Die Hügel im Hinterland von Pavia sind klassisches Weinland, viel Pinot Noir wird hier angebaut. Ein »Oltrepò Pavese DOCG« besteht zu mindestens 70 Prozent aus Pinot Noir und wird in der Flasche vergoren. Die Bollicine-Landschaft Italiens ist vielfältig und auf jeden Fall eine Entdeckung wert.

Erschienen in
Falstaff Sparkling Special 2019

Zum Magazin

Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
Mehr entdecken
Mehr zum Thema