Eberhard Spangenberg und Peter Riegel.

Eberhard Spangenberg und Peter Riegel.
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Sautters sonderliche Schoppen: Euro-Wein

Falstaff Deutschland Wein-Chefredakteur Ulrich Sautter stellt in unregelmäßigen Abständen besondere Weine vor. Diesmal: »Europa ohne Grenzen« 2015.

Mit dem Brexit hatten auch sie nicht gerechnet – die beiden Weinhändler Peter Riegel und Eberhard Spangenberg, die diese Assemblage aus verschiedenen Ländern der EU rechtzeitig zum Beginn der Fußball-Europameisterschaft aus der Taufe gehoben hatten. Vielmehr wollten der Bio-Händler Riegel und der Italien-Spezialist Spangenberg ein Zeichen setzen gegen Fremdenfeindlichkeit: »Wein vereint Europa«, schreiben die beiden Urgesteine der deutschen Fachhandels-Szene dann auch im Begleittext zu ihrem Euro-Wein: »Die Kultur des Weinanbaus verbreitet sich seit mehr als 3000 Jahren über Europa und kennt keine Grenzen. Es waren Händler, Mönche, Seeleute und Migranten, die verschiedene Rebsorten auf ihrer Wanderschaft bis in die heutigen Weinanbaugebiete gebracht haben.«

Europäische Cuvée

Das britische Referendum hat ihrem Projekt nun noch eine zusätzliche Dimension gegeben. Denn die Europa-Cuvée ist nicht nur ein ideales Nerventonikum für die k.o.-Phase der Fussball-EM 2016, sie zeigt auch, welch genüssliche Früchte grenzüberschreitende Zusammenarbeit tragen kann, wenn sie von tüchtigen Menschen mit Leben erfüllt wird. Im Fall der »Europa ohne Grenzen«-Cuvée ist ein perfekt ausbalancierter Weißer entstanden, der den Körper eines Airén aus Zentralspanien, den würzigen Reichtum eines Grillo aus Italien (Sizilien), den noblen Kern eines französischen Chardonnay und die pikante Frucht eines Sauvignon Blanc aus Deutschland vereint.

Guter alter Europäer

Euro-Skeptiker werden vielleicht anmerken, dass einem solchen Wein der Herkunfts-Charakter fehlen müsse. Aber das stimmt ja gar nicht. Sicher, der Wein schmeckt nicht wie ein spanischer Wein, nicht wie ein italienischer, nicht wie ein französischer oder ein deutscher. Aber er lässt die Mosaiksteinchen durchaus erkennen, die zusammengefügt das Bild ergeben. Und würde man den Wein beispielsweise mit einer Cuvée aus Australien oder aus Südamerika vergleichen, dann würde er sich sehr wohl als guter alter Europäer zu erkennen geben: Er schmeckt »kühl« und effektfrei trocken, bleibt moderat im Alkohol und glänzt eher mit Feinheit als mit Wucht. Letztlich inszeniert er seinen aufgeräumten Geschmack sogar mit der britischsten aller Tugenden: mit understatement.

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Dass es sich um eine Assemblage aus Bio-Weinen handelt, gibt dem Wein einen Touch Nachhaltigkeit. Noch wichtiger erscheint mir aber, dass die Initiatoren pro verkaufter Flasche einen Euro an die Flüchtlingshilfe überweisen, beispielsweise an das Berliner Behandlungszentrum für Folteropfer e.V. – geprüft wird die Verwendung und Verteilung der Spendengelder durch den vereidigten Buchprüfer und Steuerberater Bernhard Brugger aus Friedrichshafen.

Gut trinken und dabei nicht nur sich selbst Gutes tun: Das kann ein Motto sein für alle jene, die Genuss zu schätzen wissen und dabei nicht aus den Augen verlieren, dass die europäische Union in den vergangenen 50 Jahren ein Garant für Stabilität und Frieden auf dem Kontinent gewesen ist. Auf den Fortbestand dieser Funktion der EU kann man, so meine ich, gar nicht oft genug anstoßen.

2015 Europa ohne Grenzen in der Datenbank

Der »Europa ohne Grenzen« 2015 ist einzeln für 8,95 Euro oder in einem Karton mit sechs Flaschen à 0,75l für 49 Euro erhältlich.

www.garibaldi.de
www.vinoc.de

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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