Restaurant der Woche: Bareiss
Spitzenkoch Claus-Peter Lumpp überzeugt im »Bareiss« in Baiersbronn durch exquisite Küche. Highlight: Das Reh aus eigener Jagd.
Ja, das »Bareiss« ist hoffnungslos uncool. So uncool, dass ein Hipster wohl vor Entsetzen jaulen und »Too much!« stöhnen würde. Ich bin kein Hipster, sondern ein 55-jähriger Gern- und Vielesser, der im Leben gelernt hat, dass es nicht nur auf den Schein ankommt. Das uncoole Drumherum habe ich sowieso nach der ersten halben Stunde vergessen, als mir der Champagner zu einem hinreißenden Kohlrabi-Apfel-Amuse mit tiefer, hintergründiger Süße, und der Süßwein zur sämig-schmelzend-würzigen Gänseleber mit Weinbergpfirsich sanft zu Kopf gestiegen sind.
Apropos Hipster: Da saß am Nachbartisch ein junger Mann aus Israel mit Bart und Pferdeschwanz, allerdings auch mit Krawatte und seinem Vater. Überhaupt viel internationales Publikum. »Das brauchen wir auch«, sagt Restaurantleiter Thomas Brandt. Dem jungen Mann jedenfalls schmeckte es genauso gut wie mir. Satter Safrangeschmack bei den geflämmten Jakobsmuscheln und mediterraner Flash beim Petersfisch mit Pesto und Auberginen. Vom Bries bekam ich allerdings nicht sehr viel mit: Zu viel Räucheraroma überdeckte den Geschmack.
Der beste Gang war das Reh aus der eigenen Jagd, die das »Bareiss« seit ein paar Jahren hat. Das auf ein Grad gekühlte ausgelöste Rückenfilet wird ultrakurz angebraten, ruht für zwei Stunden, wird im Ofen bei 250 Grad erhitzt und kommt konventionell mit klassischer Sauce und Steinpilzen auf den Tisch. Wie sagt Spitzenkoch Claus-Peter Lumpp so schön: »Die Avantgarde ist die höchste Disziplin. Viele Gäste können sie aber nicht verstehen.« Am Ende bin ich ermattet, weil es gut und viel war. Ich bin reif für etwas Cooles und dann wieder fürs »Bareiss«. Das eine schließt das andere nicht aus.
Resteurant Bareiss
Hermine-Bareiss-Weg 1
72270 Baiersbronn-Mitteltal
T: +49 61 2619980
www.bareiss.com