Pils: Längst kein übles Gebräu mehr

Das Pils ist unter Bierfreunden in Deutschland die klare Nummer eins. Doch das war nicht immer so – einst war es eine finstere Plörre.

Die tschechische Stadt Pilsen im Westen von Böhmen ist die Wiege der untergärigen Brauart. Doch nicht immer gab es dort anständiges Bier. 1838 meutern die Einwohner ob des minderwertigen Gebräus in der Stadt. Bei einer Protestaktion vor dem Rathaus zertrümmern sie Fässer der örtlichen Brauer und gießen die Erzeugnisse in den Rinnstein. Die Bürgerschaft beschließt den Bau einer neuen Brauerei und heuert einen auswärtigen Brauer an, der die Bierqualität in rechte Bahnen navigieren soll.

Der gröbste Bayer in Bayern
Die Wahl fällt auf Josef Groll aus Vilshofen an der Donau. Sein Vater schreibt über ihn, er sei der »gröbste Bayer in Bayern«. Die Entscheidung fiel also nicht über den Sympathiefaktor. Sein Handwerk hatte Groll in Bayern und England erlernt. In Böhmen erkennt er rasch die Qualität des weichen Quellwassers und des Hopfens aus dem nahe gelegenen Saatz. 1842 kann der erste Sud verkostet werden. Eine Urkunde berichtet von frohem Jubel über das helle Bier mit dem feinen Schaum. Eine neue Erfahrung, denn zuvor kannte man Bier als dunkles Getränk. Jenes Jahr gilt somit als Geburtsstunde der neuen Pilsener Brauart und ist zugleich das Gründungsjahr der Brauerei, die jenes Ur-Pilsener bis heute nach unveränderter Rezeptur braut: Pilsner Urquell. In der böhmischen Heimat betrachteten die Bierfabrikanten die Entwicklung mit Argwohn und klagten gegen die Verwendung der Herkunftsbezeichnung. 1913 sorgte ein Richterspruch dafür, dass in Deutschland aber durchaus Begriffe wie »Nach Pilsner Brauart« und »Pils« auf den Etiketten angeführt werden dürfen.

Ein Mythos: das Sieben-Minuten-Pils
Für die Schweiz gilt das übrigens nicht. Eine bilaterale Abmachung zwischen Tschechien und den Eidgenossen sieht vor, dass in Tschechien auf die Bezeichnung Emmentaler verzichtet wird, im Gegenzug kommt Pils in der Schweiz nicht als Name vor. Die Brauart heißt dort »Spezialbier«. Und: Das Sieben-Minuten-Pils ist ein Mythos aus Tagen mit his­torischer Zapftechnik. Mit modernen Schankanlagen ist ein feines Pils mit herrlicher Schaumkrone in drei Minuten fertig.

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Waldhaus Diplom Pils
Brauerei: Privatbrauerei Waldhaus
Braumeister: Bernhard Vötter
Alkohol: 4,9 % ABV
Bierstil: Pilsner Brauart
Stabiler Schaum, in der Nase nach Aprikose und Stachelbeere, dazu Akazie und Hopfenfrische. Am Gaumen feinherb, mit etwas Honig. An der Zunge eine leichte Salzigkeit. Die bemerkenswerte Aromenfülle setzt sich im langen Abgang komplex und aufregend fort. Aus Naturhopfen gemacht. www.waldhaus-bier.com

Schoenramer Pils / Foto © beigestellt98 Punkte
Schönramer Pils
Brauerei: Private Landbrauerei Schönram
Braumeister: Eric Toft
Alkohol: 5,0 % ABV
Bierstil: Pilsner Brauart
Klarer Goldton, duftet nach viel Frucht – Weintraube, Quitte, Aprikose und Gras. Dazu ein Hauch von frischem Sauerteigbrot. Fröhlich-spritzig, am Gaumen weitere Frucht- und Zitrusaromen. Eine Malznote breitet sich aus. Langer Nachhall, der von frischem Hopfenaroma begleitet wird. www.brauerei-schoenram.de

Augsburger Herrenpils / Foto © beigestellt97 Punkte
Augsburger Herrenpils
Brauerei: Brauhaus Riegele
Braumeister: Frank Müller
Alkohol: 4,7 % ABV
Bierstil: Pilsner Brauart
Feinporiger Schaum, unter dem eine erfrischende Kohlensäure sprudelt. Intensive Hopfennote in der Nase. Am Gaumen kommt Grapefruit hinzu, dazu eine feine Süße und die frische Würzigkeit von Hopfenölen. Der schlanke Antrunk mündet in einen langen Nachhall mit komplexen Aromen und einer ganz zarten Bitternote. www.riegele.de

Pilsner Urquell / Foto © beigestellt95 Punkte
Pilsner Urquell
Brauerei: Pilsner Urquell 
Braumeister: Vaclav Berka
Alkohol: 4,4 % ABV
Bierstil: Pilsner Brauart
Mit einem dunklen Goldton an der Grenze zu Bernstein das dunkelste Bier im Test. Zugleich das leichteste, was den Alkoholgehalt anbelangt. In der Nase Malz, gepaart mit Süße. Vollmundig am Gaumen, mit eleganter Bittere. Kernig, elegante Hopfenbittere, trockener Abgang mit Süße. Leicht trinkbar und doch komplex.
www.pilsner-urquell.de

Moritz Fiege Pils / Foto © beigestellt94 Punkte
Moritz Fiege Pils
Brauerei: Privatbrauerei Moritz Fiege
Braumeister: Marc Zinkler
Alkohol: 4,9 % ABV
Bierstil: Pilsner Brauart
Feinporiger Schaum, in der Nase zurückhaltend mit Anklängen von Getreide, Hopfen und Zeder. Dazu ein Hauch von Frühlingswiese. Elegant, leicht sprudelig und vollmundig auf der Zunge, herber Charakter besonders im Abgang. Herausragendes Pils norddeutscher Prägung, nicht zu komplex, süffig. www.moritz-fiege.de

Alpirsbacher Pils / Foto: © beigestellt93 Punkte
Alpirsbacher Pils
Brauerei: Alpirsbacher Klosterbräu
Braumeister: Hans-Martin Walz
Alkohol: 4,9 % ABV
Bierstil: Pilsner Brauart
Sehr heller Goldton, in der Nase frische Hopfenaromen, die von fruchtigen Nuancen von Zitrus, Melone, Traube und etwas Haselnuss begleitet werden. Eine präsente Perlage am Gaumen erfrischt. Im mittellangen Nachhall gesellt sich deutliche Süße zu
einer typischen Getreidigkeit. www.alpirsbacher.de

Text von Peter Eichhorn

Aus Falstaff Deutschland 07/14

Peter Eichhorn
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