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Pairing-Volltreffer! Wie man Wild aromatisch nicht »abschießt«

Die natürliche Alternative zum Fleisch der Nutztiere Schwein und Rind kommt viel zu selten auf den Tisch. Zum Glück besinnt man sich an den Festtagen der Schätze aus den Wäldern – und serviert Wildbret als Braten und Ragout. Und hier darf auch der ideale Wein als »Sauce im Glas« nicht fehlen.

Dass Österreich beinahe zur Hälfte mit Wald bedeckt ist, merkt man am Speiseplan kaum. Denn während die Forststatistik penibel die vier Millionen Hektar Wald (oder 47,9% des Staatsgebiets) auflistet, wird es beim Wildbret diffuser. Wildente, Reh, Hirsch und Co. finden sich in der Pro-Kopf-Statistik des Fleischkonsums unter »Sonstiges«. Gemeinsam mit Innereien und Kaninchen lassen wir uns davon rechnerisch ein knappes Kilo pro Kopf und Jahr schmecken. An den Rezepten kann es nicht liegen, denn selbst modern als »Pulled Bock«, wie es Andreas KrainerKrainer Hotel«, Langenwang) im Street Food-Stil serviert, eignet sich das Reh. »Wozu brauche ich Gänseleber, wenn ich Gams zur Verfügung habe?«, ergänzt Lukas Nagl vom »Bootshaus« in Traunkirchen.

Es darf auch gern Weißwein sein

Recht hat der Profi, denn Wild ist köstlich – und geradezu prädestiniert als festliche Speise. Wozu dann mit Freu(n)den auch der passende Wein entkorkt wird. Und ähnlich wie bei der Vielfalt der Wildtiere kommen auch die Anhänger vieler Rebsorten und Ausbaustile auf ihre Kosten. Doch Obacht! Etliche Wild-Arten haben einen dezenten Eigengeschmack, den man nicht überlagern will. Das gilt vor allem für die beiden waidmännisch als Niederwild bezeichneten Kategorien: »Federwild« wie Rebhuhn oder Fasan benötigt flüssige Begleiter ebenso wie Küchen-Kniffe (z. B. Speckmantel), um nicht zu trocken zu werden.

Die Extraktsüße eines Chardonnays aus der neuen Welt – etwa aus dem australischen Margaret River oder Kalifornien – macht hier einen ebenso guten Eindruck wie ein Mâcon Villages. Doch auch beim »Haarwild« wie Hase oder Reh sollte man keine zu starken Aromen eines (Rot)Weins aufwarten. Eher als ausgeprägte Eichenholz-Aromen wäre ein Anforderungsprofil in der Art einer »flüssigen« Preiselbeere sinnvoll: fruchtige Süße, dazu zartes (!) Tannin und eine leicht säurige Art.

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Würze in der Sauce und im Glas

Ziemlich einfach wird es für den Sommelier in den eigenen Wänden, wenn bereits Rotwein in die Sauce des geschmorten Wildbrets eingeflossen ist. Dann reicht man – etwa zu einem Wildragout – eben jenen Wein, klassischerweise meist eine Burgundersorte. Während der Pinot Noir der ideale Wein zu Reh in nahezu allen Zubereitungen darstellt, haben Österreichs Winzer auch eine »Geheimwaffe« zu den Genüssen aus den Wäldern aufzubieten. Der St. Laurent bringt die Kombination aus Beerenfrucht und Kräuterwürze nahezu in Perfektion mit.

Wobei hier auch das Alter der Tiere, das etwa beim Hirsch für intensiveren Fleischgeschmack sorgt, und die Zubereitung zu berücksichtigen ist. Die leicht herben Noten einer Wurzelrahmsauce – speziell, wenn sie Wacholder und Lorbeer akzentuieren – können ebenso wie mitgeschmorte Pilze den Auftritt eines Klassikers verlangen. Barolo ist mit seinen erdigen Noten hier eine erste Wahl.

»Waldige« Partner sind gefragt

Die heimische Variante stellt ein reifer Blaufränkisch vom Eisenberg oder eine Cuvée mit hohem Cabernet-Anteil (für Mutigere: reinsortiger Cabernet Franc!) dar. Vor allem bei den intensiven Aromen einer lange geschmorten Wildschwein-Hachse, eines Hirschrückens oder einem Ragout mit dunkler, kraftvoller Sauce haben auch balancierte, gerne auch schon gut gereifte, Cuvées ihren Einsatz. Wer jetzt an Bordeaux denkt, liegt nicht falsch, wenn man ihm 15 Jahre Zeit im Keller ließ.

Denn mürbes Tannin und ebensolches Wildfleisch gehören zu den perfektesten Pairings, mit denen man seine Gäste erfreuen kann. Sie vereinen die herbe Würze, also Aromen von Wacholder oder Lorbeer, aus Rebsorten wie Syrah und Blaufränkisch mit den fruchtigen Noten. Sie bringen beispielsweise Merlot oder Zweigelt und ihre sortentypischen Brombeer- bzw. Zwetschken-Anklänge mit. Kurz: Alles, was man früher als »samtigen« Wein bezeichnet hätte, passt zur Ideal-Vorstellung von einem Hochwild-Begleiters ideal. »Waidmannsheil« also für die Jagd im Weinkeller!


Roland Graf
Autor
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