Thomas Bräunig bringt Ostalgie auf den Teller.

Thomas Bräunig bringt Ostalgie auf den Teller.
© Falstaff/Ulrich van Stipriaan

Ostalgie-Woche in der Dresdner »Palastecke«

Noch bis 7. Oktober serviert Küchenchef Thomas Bräunig Klassiker der DDR-Küche – von Jägerschnitzel über Soljanka bis Letscho.

Am Jägerschnitzel scheiden sich die Geister. Wessis im Osten sind genau so enttäuscht wie Ossis im Westen – sie bekommen nämlich nicht das, was sie erwarten: Die einen denken an Schnitzel mit einer Sauce aus Pilzen, die anderen an panierte Jagdwurst mit Spirelli und Tomatensoße.
In der DDR war das Jagdwurst-Jägerschnitzel eins der bekanntesten Gerichte. Ob im Kindergarten oder zur Schulspeisung, ob zu Hause oder in den HO-Speisegaststätten: es ist eines der Gerichte, die im kollektiven Geschmacksgedächtnis der Menschen in den (mittlerweile ja gar nicht mehr so) neuen Bundesländer fest verankert sind – und eins der zwölf Essen, die es im Rahmen einer »Ostalgie-Woche« im »Restaurant Palastecke« im Dresdner Kulturpalast vom 1. bis 7. Oktober geben wird.

Erinnerungsgeschmäcker

»Wir wollten unseren Sonntagsbrunch am 7. Oktober – 1949 Gründungstag der DDR und bis 1989 als Staatsfeiertag begangen – thematisch mit Erinnerungen an typische Gerichte gestalten,« sagt Jana Wittig, Geschäftsführerin der »Palastecke«. Die Grundidee kam im Team gut an – und gemeinsam spann man weiter, fand so viel Erinnerungsgeschmäcker, dass nun eine ganze Ostalgie-Woche draus wurde, mit einem Brunch als Abschluss.

Schmeckt wie früher – nur besser…

Täglich stehen zwei Gerichte von früher auf der Karte. Los geht's am 1. Oktober mit dem Jägerschnitzel sowie Quarkkeulchen mit Apfelmus (aus Pellkartoffeln und Quark, für die süße Fraktion). Tagsdrauf geht es mit Bratwurst/Sauerkraut/Kartoffelpüree und Strammem Max fast schon gesamtdeutsch zu, wohingegen es am Tag der deutschen Einheit zumindest sprachlich (und auch optisch) bei Halbem Goldbroiler mit Brötchen und Rohkostsalat schon wieder eindeutig ostdeutsch wird. Wer kein Hähnchen mag: Kartoffeln, Quark, Leinöl und Leberwurst sind die Feiertags-Alternative.

Und so geht es weiter, von Soljanka über Filet vom Karpfen bis zum hausgemachten Letscho mit Reis. Letscho, für die Leser außerhalb des Kerngebiets der DDR-Küche, ist die schon immer politisch viel korrektere Formulierung für die Sauce, die es drüben zum Zigeunerschnitzel gab und gibt. Hausgemacht ist übrigens sehr ernst zu nehmen: Küchenchef Thomas Bräunig war mehrere Jahre Souschef im Mutterhaus der »Palastecke«, dem für seine regionale Küche bekannten »Schmidt's Restaurant« im Dresdner Stadtteil Hellerau. »Wir machen hier alles frisch, kochen vorrangig mit heimischen Produkten!« sagt er. Weswegen die Gerichte der Ostalgie-Woche zwar so heißen wie früher, aber durchaus besser schmecken können als damals bei der Schulspeisung. Eher so wie bei der Mutti.
Bräunig ist erst 32, hat also zu DDR-Zeiten nicht gekocht. Wie er denn da an seine Rezepte komme, wollten wir wissen. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: »An den Geschmack erinnere ich mich – mehr von zu Hause, von der Küche der Mutter und der Oma.« Alte Rezeptvorlagen brauche er nicht: »Wir sind Profis, das können wir auch so!«

Info

Ostalgie-Woche
Datum: Montag, 1. bis Sonntag, 7. Oktober 2018
Ort: »Palastecke«, Café und Restaurant im Kulturpalast, Schlossstraße 2, 01067 Dresden
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 24 Uhr; Brunch: SO 10 bis 14 Uhr
www.palastecke.de/

Ulrich van Stipriaan
Ulrich van Stipriaan
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