Stefan Neumann, Wine Consultant und Master Sommelier

Stefan Neumann, Wine Consultant und Master Sommelier
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Neumann: »Ich liebe Zweigelt – na klar!«

100 Jahre Zweigelt! Aus gegebenem Anlass verrät Stefan Neumann, warum Zweigelt viel, aber nicht langweilig ist.

Profi: Das Potential von Zweigelt wird oftmals unterschätzt. Wofür steht Zweigelt für Sie?
Stefan Neumann:
Mir persönlich bedeutet die Rebsorte viel und dies hat mehrere Gründe. Meine ersten Erinnerungen an die Rebsorte in den ersten 2000er Jahren war nicht großartig. Im vergangenen Jahrzehnt, insbesondere in den letzten Jahren, ist sie aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Österreichische Winzer haben viel gelernt und die Kombination Zweigelt mit österreichischem Charme und Know-how gibt’s nur einmal auf der Welt.

»I’m a Zweigelt lover because ... not every day is a Montrachet Day.«
Stefan Neumann, Wine Consultant und Master Sommelier

Wie sehen Sie die Rebsorte Zweigelt im Vergleich zu anderen?
Ein bisschen wie ein Olympischer Gymnastik-Athlet, da der Zweigelt in vielerlei Disziplinen beeindrucken kann. Manchmal spiegelt sich seine Kraft in geschmeidiger und sanfter Form wider. Er zeigt aber auch Muskeln und das durch Tiefe und Substanz. Er kann pfeffrig sein wie Syrah aus dem nördlichen Rhonetal, frisch und saftig wie Gamay aus Burgund. In meisterhaften Händen kann er auch Höhen eines Top-Pomerol erreichen.

Welche Vorzüge hat diese Rebsorte?
Sie schafft den Spagat zwischen Zugänglichkeit für Beginner und Komplexität für den Connaisseur und das schon fast zu einem international unverschämt niedrigen Preis. Übrigens – das sollte ein Geheimnis zwischen uns bleiben. Nur nicht weitersagen, wir wollen ja nicht die schon fast unerschwinglichen Höhen der Preise des Burgund-Markts erreichen.

Welche Trends vernehmen Sie bei Ihren Gästen?
Gäste lieben mehr als zuvor persönliche Empfehlungen und wertschätzen ein gutes, ehrliches Service. Keine Technologie der Welt kann momentan eine tolle und von Herzen kommende Empfehlung ersetzen. Bei meinen Kollegen sieht und hört man, dass Vielseitigkeit in allen Lebenslagen momentan sehr gefragt ist. Dies bezieht sich nicht nur auf das detaillierte Fachwissen. Es geht vielmehr um den Geschäftssinn, also finanziell kluge Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Beispielsweise den Einkauf von »En primeur« aka Subskription.

Ihre persönlichen Lokal-Tipps?
Das »The Victory Hotel« in Südaustralien südlich von Adelaide hat mit mehr als 8000 Flaschen – eine tolle Auswahl, im speziellen für Wendouree. In Italien führt kein Weg an »La Ciau del Tornavento« vorbei und wenn man sich nach London verirrt dann sollte man sich schon das Spektakel von »67 Pall Mall« geben, die gerade mal 800 Weine ausschenken.

Wie hat sich die Situation seit Covid verändert?
Der Markt war vorher schon sehr umkämpft und Covid hat dies sicher noch verstärkt. Arbeitskräfte, die ein gewisses Fachwissen bringen, sind nach wie vor begehrt. Experten, die Fachwissen und Berufserfahrung vorweisen können und sich wie ein Chamäleon an verschiedene Situation anpassen können, sind die Nadel im Heuhaufen und gefragter denn je.

»Wein ist eine wunderbare Reise, man weiß zwar, wo man anfängt, aber sie hört nie auf. Michael Ende wusste es schon damals: Es ist eine unendliche Geschichte. Was mich an Wein fasziniert, ist, dass er Menschen zusammenbringt. Was kann man sich in so einer Zeit mehr wünschen? ›Unite not divide.‹«
Stefan Neumann, Wine Consultant und Master Sommelier

Hat sich das Konsumverhalten seit Covid verändert?
Weniger Quantität und mehr Qualität. Das bezieht sich nicht nur auf den Teller und das Glas. Ein persönlich zusammengestelltes und breit gefächertes Angebot waren nie wichtiger. Und das bedeutet nicht, sich nur auf große Namen zu fixieren, sondern auch die kleinen, aber engagierten Winzer, die ein Top-Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, zu fördern.

Warum lieben Sie Ihren Beruf?
Ich habe mehr als einen Beruf. Meine eigene Firma, in der ich als Wine Consultant agiere und Trainer für den Court of Master Sommelier bin. Natürlich bin ich immer ein passionierter Sommelier, der versucht, österreichischen Wein an die Frau bzw. den Mann zu bringen. Jeder Tag ist anders und das Wunderbare an meinen verschiedenen »Berufungen« ist, dass der eine Tag mit Gästen, der nächste mit Weinhändlern und der andere Tag damit verbracht wird, aus 180 Cabernet Sauvignons die »Besten« zu finden. Ich mag es nicht, standortgebunden zu sein. Mir persönlich liegt auch die Nachwuchsförderung sehr am Herzen. Hier geht es um die nächste Generation und darum, jungen Leuten zu helfen, ein Standbein in der Welt des Weines aufzubauen. Das motiviert unheimlich.

Porträt Zweigelt

  • Autochton: ja
  • Ursprung: Kreuzung Blaufränkisch x St. Laurent von Dr. Zweigelt in Stift Klosterneuburg
  • Hauptanbaugebiete in Österreich: Burgenland (Neusiedlersee DAC), Niederösterreich (Carnuntum, Kamptal, Weinviertel), Steiermark (Vulkanland), Wien
  • Hauptanbaugebiete international: Ungarn, Slowenien, Tschechei, Kanada
  • Rebfläche: 6500 ha
  • Aromen: Kirsche, Zwetschke, Pilze, Pfeffer, Zimt
  • Säure: Mittel
  • Tannine: Mittel
  • Alkohol: 12,5 bis 14,5 %-Vol
  • Intensität: vom leichten Rotwein bis zum kräftigen, lagerfähigen Rotwein
  • Ausbau: meist trocken, Ausbau in Stahl, Ausbau im kleinen Holzfass
  • Verwendung: als Einzelrebsorte, in Cuvées, als Grundwein in der Schaumweinerzeugung
  • Potential: 5 bis 25 Jahre
  • Synonym: Rotburger, Blauer Zweigelt
  • Pairing: von leichten Vorspeisen mit Fleisch bis zu leichteren Schmorgerichten, Süßwasserfischen, Knollengemüse, Schokoladendesserts
  • Serviertemperatur: 16 bis 18° Grad, im Sommer darf leichter Zweigelt mit 15° Grad auf den Tisch
  • Glasempfehlung: leichte Zweigelt: Chiantiglas kräftige Zweigelt: Bordeauxglas
  • Preisrange: 5 bis 50 Euro

Über Stefan Neumann

Nach seiner Ausbildung an der Tourismusschule Bad Hofgastein in Salzburg begann er seine Karriere im Restaurant »Steirereck« in Wien und »Restaurant & Hotel Obauer« in Werfen. 2008 ging es nach England zuerst ins »Le Manoir aux Quat’Saisons«, ein seit 1985 mit zwei Michelin- Sternen ausgezeichnetes Restaurant in Oxfordshire. Es folgten 3 Jahre im »The Fat Duck«, Heston Blumenthals höchst dekoriertes drei Michelin-Sterne Restaurant. 2015 wurde er zum Head Sommelier befördert, um darauffolgend 2018 den nächsten Aufstieg zum Director of Wine zu machen.

Im August 2017 bestand Stefan die Prüfung zum Master Sommelier. Der Titel »Master Sommelier« gilt als höchste Weihe für Sommeliers weltweit und wurde bisher nur von drei Österreichern erreicht. Seither ist er aktives Mitglied der Court of Master Sommeliers Europe und unterstützt bei Kursen und Prüfungen auf allen Ebenen von Introductory Kurs bis zur Master Sommelier Prüfung. Seit 2021 hat er zudem seine eigene Wein Consultancy in London, England.

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