»Neni« Catering. Die Erfolgsgeschichte der Molchos startete mit israelischem Catering.

»Neni« Catering. Die Erfolgsgeschichte der Molchos startete mit israelischem Catering.
© Peter M. Mayr

Nahost-Küche: Ein eurasisch-arabischer Mischmasch

Die Nahost-Küche hat in den europäischen Großstädten nicht etwa einfach nur Einzug gehalten, nein, sie hat die Herzen im Sturm erobert.

Das goldene Zeitalter der morgenländischen Küche ist angebrochen. Dutzende jüdische Delis und arabische Lokale eröffnen in den Szenevierteln europäischer Großstädte. Vom Nahost-Konflikt ist an den Herden nichts zu spüren, das zeigen auch Oz Ben David und Jalil Dabit. Gemeinsam haben der Israeli und der Palästinenser 2015 das »Kanaan Restaurant« in Berlin-Prenzlauer Berg eröffnet. Sie erzählen hier von ihrer Sichtweise des Nahen Ostens.

»Es ist eine Geschichte zweier Völker«, startet Oz Ben David. »Aufgrund der politischen Situation sind bereits in den 1990iger Jahren viele Menschen aus dieser Region nach Europa ausgewandert.« Der große Unterschied zur Heimat: das Einvernehmen in puncto Kulinarik. »Essen verbindet. Zu uns kommen Araber und Israelis auf der Suche nach dem Geschmack aus der Heimat.« Genau dieses Ziel hatten sich die Geschäftspartner des »Kanaan Restaurants« auch gesetzt. »Wir bereiten Hummus so zu, wie er auch in Israel und Palästina zubereitet wird und nicht so wie Europäer glauben, dass er schmecken sollte.«

Etwas anders verhält es sich in Berlin-Schöneberg: Der in Jerusalem geborene Yorai Feinberg eröffnete hier 2013 das »Feinberg’s«. Er sieht in der derzeitigen Flüchtlingsproblematik auch Gutes: »Die schlechten Nachrichten wecken das Interesse der Menschen und sensibilisieren sie. Der Großteil meiner Gäste ist nicht jüdisch, daher habe ich die Rezepte angepasst und mit den hiesigen Bedürfnissen in Einklang gebracht.«

Ein weiteres gutes Beispiel ist auch Haja Molcho, die mit ihren Restaurants in Österreich, der Schweiz und Deutschland reüssiert. Die Köchin vertraute ihrem Instinkt und ­entschied sich, in ihrer Wahlheimat Wien ­israelisches Catering anzubieten. Heute führt sie gemeinsam mit ihren vier Söhnen vier »Neni«-Restaurants in Wien, Zürich, Hamburg und Berlin (Zürich, Hamburg und Berlin in Kooperation mit dem 25hours Hotel, Hamburg ist derzeit nach einem Brand gesperrt) und den »Tel Aviv Beach« in Wien. »Authentisch« nennt Molcho ihre kulina­rische Ausrichtung: »Meine Küche ist viel­seitig, eine Sammlung aus der ganzen Welt. Die Wurzeln und prägenden Ursprünge sind in den Küchen der israelischen Einwanderer und in der meiner Mutter zu finden.«

Wer braucht schon Fine Dining?

Doch was macht die Nahost-Küche aus? »Unsere Küche ist viel fettarmer als die traditionelle deutsche Küche. Wir benutzen viel Gemüse, Hülsenfruchte, Kräuter und Gewürze«, so Oz Ben David. Yorai Feinberg sekundiert: »Menschen werden bewusster und achten immer mehr auf ihre Ernährung, für uns ein klarer Vorteil, da wir frisch kochen und keine Zusatzstoffe einsetzen.« Der Beweggrund, sein eigenes Lokal zu eröffnen? Leiden­schaft! »Ich liebe israelisches Essen! Es ist wahrscheinlich eine der vielfältigsten Küchen der Welt, denn es ist ein echter Mischmasch aus europäischen, arabischen und asiatischen Einflüssen – Juden brachten eben überall von da, wo sie lebten, auch unterschiedliche Ideen, Rezepte und Zutaten mit.«

Das Resultat: ein einziges großes kulinarisches Fest, das ganz ohne Fine Dining-Anspruch auskommt. Meist werden in den Lokalen unprätentiös Töpfe, Schalen und Teller auf den Tisch gestellt, jeder probiert von allem. Streetfood ist ein omnipräsentes Thema – in unseren Breitengraden wohlgemerkt eher indoor kredenzt. Falafel, Shawarma und Hummus gibt es mittlerweile fast überall – der Kebab, lange Zeit das Sinnbild orientalischen Fast Foods, hat Konkurrenz bekommen. Das Verständnis der Gäste ist schlichtweg ein anderes geworden. Einst probierte man nur auf Reisen die traditionellen Gerichte der unterschiedlichen Länder. »Mittlerweile versucht jeder die Speisen und Produkte, die er kennt oder unterwegs kennen gelernt hat, auch in seiner eigenen Heimat zu bekommen,« erzählt Oz Ben David.

Baba Ghanoush (Püree aus Auberginen und Sesampaste), Mujadara (arabische Linsen mit Reis), Samsa (ein mit Faschiertem gefüllter Brotteig) und Manti (gefüllte Teigtaschen) sind keine unbekannten Begriffe mehr und sorgen im europäischen Raum für Experimentierfreudigkeit. Oz Ben David sieht für die Zukunft eine immer größere Vermischung der Kulturen und kulinarischen Eigenheiten. Und so setzt der 36-Jährige folgerichtig auf ungewöhnliche Kombinationen, wie die von einem Schnitzel mit Hummus in einem Baguette. Schöne neue Welt.

Definitionen

Jüdische/Israelische Küche
Die jüdische Küche ist eine Weltküche und von den jüdischen Speisegesetzen geprägt. Es wird zwischen einer aschkenasischen und einer sephardisch-orientalischen Küche unterschieden. Wobei es keine einheitliche jüdische Küche, sondern eine Anzahl jüdischer Speisen, die von der Küche der Länder, in denen die Juden lebten und leben, beeinflusst sind.

Palästinensische Küche
Die Küche Palästinas wird in den palästinensischen Gebieten, aber auch von den in Israel lebenden Arabern und sogar von vielen jüdischen Israelis zubereitet. Sie ist größtenteils arabisch und eng mit der Küche ihrer Nachbarn Syrien, Jordanien, dem Libanon und – etwas wenier – Ägypten verwandt, besitzt jedoch auch durchaus eigenständige Gerichte und Zubereitungsformen.

Artikel aus Falstaff Karriere Special 2016.

Alexandra Gorsche
Alexandra Gorsche
Herausgeberin Profi
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