Gelbflossenmakrele mit N25 Kaviar, Daikon, geräuchertem Dashi und Schnittlauch: einer von sieben Gängen im neuen »Atelier«-Menü, entwickelt von Anton Gschwendtner.

Gelbflossenmakrele mit N25 Kaviar, Daikon, geräuchertem Dashi und Schnittlauch: einer von sieben Gängen im neuen »Atelier«-Menü, entwickelt von Anton Gschwendtner.
© Daniel Schvarcz

München: »Atelier« öffnet unter Hartwig-Nachfolger

Hält er die drei Sterne? Vor dieser Herausforderung steht der neue Küchenchef Anton Gschwendtner in Münchens Top-Restaurant. Im Antritts-Interview spricht er über Umbrüche, seine Vorbereitung – und weshalb er zunächst mit wenigen Tischen startet.

Falstaff: Herr Gschwendtner, Sie kennen den »Bayerischen Hof« bereits von früher, waren bis 2014 im Haus. Dennoch: Vom Zwei-Sterne-Restaurant in Stuttgart ins Drei-Sterne-Restaurant nach München ist schon nochmal eine neue Herausforderung, oder?
Anton Gschwendtner: Ja, insgesamt war ich sechs Jahre im Haus, habe verschiedene Posten durchlaufen, man kennt sich also sehr gut, und das ist wirklich gewinnbringend. Man hat mehr Anknüpfungspunkte, ist gleich im Thema, kann alles anstoßen. Klar, der Ansporn ist da, auch der von den Gästen. In erster Linie aber will ich mich aus mir selbst heraus weiterentwickeln zusammen mit dem Team. Dies beschäftigt mich mehr als die Auszeichnungen, die man dennoch im Hinterkopf hat.

Haben Sie sich mit der Küche von Jan Hartwig auseinandergesetzt oder bewusst nicht, weil Sie sich nicht vergleichen wollen?
Ich muss gestehen, ich war schon länger nicht mehr bei Jan Hartwig essen, der ein ganz feiner, geschätzter Kollege ist. Ich habe immer schon versucht, meinen eigenen kulinarischen Weg zu gehen. Ich denke, eine eigene Handschrift zu entwickeln, ist ein wichtiges Thema, um erfolgreich zu sein.

Sie waren lange nicht im Einsatz, da Ihr früherer Arbeitsplatz, das »Olivo« in Stuttgart, seit März 2020 nicht in Betrieb ist. Auch das »Atelier« hatte jetzt eine längere Pause vor dem Restart. Wie konnten Sie sich in dieser Zeit vorbereiten?
Ich bin sehr dankbar für die zweieinhalb Monate Vorlauf hier im Haus, in denen es auch viel Zeit gab für Vorstellungsgespräche. Fast das ganze Team ist neu, da hat es schon einen Umbruch gegeben, das ist nichts Ungewöhnliches. Aber in der Küche sind wir jetzt sehr gut aufgestellt mit einer beinahe kompletten Brigade. Und mit dem Souschef Thies Henkel habe ich einen sehr talentierten jungen Mann, der mir auch für die Pâtisserie zur Seite steht. Dazu hatten wir viele Gespräche mit Produzenten und Lieferanten – und genügend Zeit, Rezepte zu entwickeln und das Menü probezukochen.

Die Branche hat nicht erst seit Corona große Probleme bei der Suche nach gutem Personal. Wie sieht es bei Ihnen im Service aus?
Mit Shahzad Talukder kommt Anfang nächsten Jahres aus dem Restaurant »Léa Linster« ein junger, neugieriger Sommelier dazu, da können wir uns auf spannende Weinbegleitungen freuen. Grundsätzlich aber haben wir im Service noch Bedarf. Um gleich auf höchstem Niveau arbeiten zu können, haben wir uns entschieden, die Anzahl der Couverts erst einmal zu reduzieren. Wir machen das Restaurant nicht voll, sondern fangen mit vier, fünf Tischen an und werden dann nach und nach aufstocken. Aber wir merken schon jetzt: Die Nachfrage im »Atelier« ist weiterhin ungebrochen.

In Stuttgart hatten Sie sich mit japanischen Einflüssen in Ihrer Küche hervorgetan. Müssen Sie sich in München neu positionieren?
München hat sich in den letzten Jahren sehr spannend entwickelt als einer der Hotspots in Deutschland mit dem neuen »Tantris« oder Tohru Nakamura oder Sigi Schelling im »Werneckhof«. Es gibt verschiedene Ideen und Stilistiken. In meiner Küche war das Asiatische nie ein Dogma. Ich mag dieses Umami gerne, auf der anderen Seite die Leichtigkeit, das Säure-Süße-Spiel und auch die Schärfe. Aber wo genau die Reise hingeht, kann ich jetzt noch gar nicht sagen.

Ihr erstes Menü im »Atelier« liest sich mit zum Beispiel Kalbsbries und Rehrücken eher klassisch. Gibt es da Vorgaben oder haben Sie alle Freiheiten?
Die Eigentümerin Innegrit Volkhardt würde sich nie in die Menügestaltung einmischen, aber über viele Themen wird natürlich konstruktiv gesprochen. Das Menü, mit dem wir starten, ist ein sehr harmonisches, vollmundiges, auch ein gewisses Maß an Bodenständigkeit spielt eine Rolle. Es geht nicht so sehr um die Prime-Produkte, es muss nicht immer Kaviar oder Trüffel sein, sondern es geht darum, mit einer naturnahen, reduzierten Küche mit besten Produkten und perfektem Handwerk gleichwertig gute Teller zu machen.

Anton Gschwendtner hat im »Atelier« im Bayerischen Hof München die Nachfolge von Jan Hartwig angetreten. 
© Daniel Schvarcz
Anton Gschwendtner hat im »Atelier« im Bayerischen Hof München die Nachfolge von Jan Hartwig angetreten. 
Matthias Ring
Autor
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