Die Mosel wird zur Wiege einer neuen Rarität.

Die Mosel wird zur Wiege einer neuen Rarität.
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Mosel-Kabinett erklimmt Raritätenstatus

Die Herbstversteigerungen von Großem Ring und Bernkasteler Ring haben bemerkenswerte Ergebnisse hervorgebracht. Am bedeutendsten: Die Preise für den Kabinett galoppieren.

Der Qualitätspyramide nach ist der Kabinett Deutschlands einfachster Prädikatswein: Die Väter des 1971er Weingesetzes dachten sich ihn als den leichten Einstieg in den Reigen jener (Riesling-)Weine, die ohne Anreicherung auskommen. Die Süße des Kabinett stammt also, anders als etwa beim »Qualitätswein«, aus der Traube. Sie verbleibt im Wein durch das Abstoppen der Gärung – oder dadurch, dass die Gärung unter dem Einfluss kühler Kellertemperaturen von selbst zum Erliegen kommt. Dabei bleibt sie so moderat, dass die besten und typischsten Kabinett-Weine durch ihre prägnante Säure nach ein paar Jahren Flaschenreife beinahe trocken schmecken.

Die Suche nach einem solchermaßen typischen Kabinett hat nun in den letzten Jahren zu einer Situation geführt, die in den siebziger Jahren nicht vorauszusehen war. Denn die globale Erwärmung erschwert es, das gewünscht schlanke Geschmacksmuster zu erreichen: einen Riesling zu erzeugen, der auf dem Grat der Leichtigkeit zu wandeln vermag, ohne ins unreif-Dünne einerseits oder andererseits in eine Fruchtigkeit abzudriften, die eher zum Typus der Spätlese gehört.

Vom einfachen Prädikatswein zur Rarität

Noch bis vor kurzem war kaum jemand bereit, für einen Kabinett mehr als zehn Euro auszugeben. Doch nun sendet der Auktionsmarkt, der zweifellos den sensibelsten Indikator für die Wertschätzung der Kenner darstellt, deutliche Signale, die den Kabinett ins Reich der Raritäten verweisen. Noch vor wenigen Jahren war es fast undenkbar, einen Kabinett zur Auktion zu geben: Dort wurden ja vor allem edelsüße Raritäten gehandelt. Doch bereits mit dem 2009er Jahrgang übertraf erstmals ein Scharzhofberger Kabinett »Alte Reben« von Egon Müller die 50-Euro-Marke.

Die Winzer Willi Schäfer aus Graach und Ernie Loosen aus Bernkastel bei der Herbstversteigerung des VDP Mosel.
© Ulrich Sautter
Die Winzer Willi Schäfer aus Graach und Ernie Loosen aus Bernkastel bei der Herbstversteigerung des VDP Mosel.

Die neusten Auktionsresultate legen nun nochmals eine Schippe drauf. Bereits am Vortag der wichtigsten Mosel-Auktion, derjenigen der »Großen Rings«, erzielte bei der Versteigerung des »Bernkasteler Rings« ein Kabinett Brauneberger Juffer aus dem Weingut Paulinshof 44 Euro. Immerhin half zu diesem Preis auch das Alter des Weins: Zur Auktion kamen 30 Flaschen aus dem Jahrgang 1987.

Tags darauf legten dann die Jungweine aus den Reihen des VDP die Messlatte noch etwas höher: Der 2016er Kabinett Brauneberger Juffer-Sonnenuhr des Weinguts Fritz Haag erlöste 44,98 Euro, der Abtsberg Kabinett Nr. 19 aus dem Weingut Maximin Grünhaus schraubte sich gar auf 51,23 Euro, etwas moderater positionierten sich der 2016er Kabinett Ayler Kupp »Faß 5« von Peter Lauer (29,99 Euro) sowie der Kabinett aus dem Kanzemer Altenberg des Weinguts von Othegraven (27,49 Euro). Dennoch keine schlechten Preise für Jungweine, die in einer Größenordnung von 500 bis 1000 Flaschen über den Auktionstisch gehen.

Ehre für Egon Müller

Den Vogel schoss aber einmal mehr Egons Müllers Kabinett »Alte Reben« aus dem Scharzhofberg ab: Die Käufer legten inklusive Steuer 224,91 Euro auf den Tisch – pro 0,75-Liter-Flasche wohlgemerkt. In der Vorprobe hatte der Wein in der Tat blendende Stilsicherheit unter Beweis gestellt: Er zeigt die Mineralität der Lage und die Eleganz des Prädikats, und webt beides in ätherische Leichtigkeit. Dass dieser Wein für einen höheren Preis gehandelt wird als 99 Prozent aller an Mosel, Saar und Ruwer erzeugten edelsüßen Weine, ist an Aussagekraft kaum zu unterschätzen.

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