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»Martini Masters«-Bewerb in Salzburg: Diesmal wurde es eine »Masterin«

Wodka, Wermut und allenfalls Bitters – viel Spielraum gibt es beim Martini nicht. Einen persönlichen »Twist« darauf zu kreieren, fordert Bartender entsprechend. Aus drei Bundesländern kamen sie nach Salzburg, um die beste Interpretation und so den »Martini Master« zu küren.

Vier Jahre pausierte der Cocktail-Bewerb, bei dem eines der simpelsten, aber ikonischsten Rezepte der Bar-Welt im Fokus steht: »elit Martini Masters«. 2018 sicherte sich der Wiener Tom Sipos nicht nur das Österreich-Finale, sondern den Gesamtsieg in Sachen Wodka-Fine Tuning. Diesmal saß Barschul-Betreiber Sipos gemeinsam mit Todd Austin (»Supernacular«, London) und FALSTAFF-Autor Roland Graf in der Jury, die nach Corona-bedingter Pause wieder den besten eigenständigen Zugang zum »Wodkatini« suchte.

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Mit Salzzitrone oder Marillen-Likör?

Schauplatz des heurigen Austro-Finales war die Bar des Hotels Sacher Salzburg. Bei Kaiserwetter wurden die acht Rezepte verkostet, die eine gewaltige Bandbreite der heimischen Szene zeigten. Maurizio Mayer aus der »Hammond« (Wien) etwa setzte auf möglichst lokale Zutaten und hatte die Aromageber für seinen Martini mit Kürbis-»Fat wash« persönlich per Fahrrad aus den Anbaugebieten geholt. Innsbrucks Fabio Vorraber wiederum entwickelte seinen Drink, wie man ihn im »Liquid Diary« gerne trinkt: sehr trocken. Dazu trug eine Salz-Note bei, »die den Cocktail auch perfekt zu Austern passen lässt«, wie der gelernte Koch verriet. Für die Dessert-taugliche Variante sorgte hingegen Clemens Waschkau (»Dino’s Apothecary«), der sich von Omas Marillenknödeln zu »einem süßen, alkoholreichen Dessertdrink, der gerührt wird«, inspirieren ließ.

Woran ein Martini – außer zu viel »dichterischer« Freiheit beim Kreieren – scheitern kann, ist die Temperatur. Besonders beachtet von daher von der Jury, wie sich Trinktemperatur und Mundgefühl entwickelten. Lokalmatador Andreas Portz (»Sacher Bar«) nahm dafür Sushi-Reis mit in den Shaker, um die Cremigkeit des kräftigen Cocktails zu erzielen. Gänzlich anders, mit einer Espuma über dem Glas, legte es Mike van Bruggen an. Der neue Bartender in »The Bank« (Park Hyatt, Wien) erinnert an das erste populäre Wodka-Rezept der Cocktailgeschichte und entriss den »Clubland« der Vergessenheit. Seine moderne Version brachte mit Roter Rübe als Aromageber eine spannende Note ein: Der »Beet Club« verwendete auch die Reste der Rübe nachhaltig – als Chips, die zum Cocktail gereicht wurden.

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»Erwärmter« Martini für komplexe Zeiten

Wie man aus einem Ei, Williams-Birnen und Essig einen Martini zaubert, bewies dann Steven Daevel aus dem angesagten Speak easy »Fitzcarraldo«. Er ergänzte mit der eingelegten Birne und dem gesalzenen Eigelb als Garnitur einen Drink, der den Wermut durch Fruchtessig ersetzte. Eine Interpretation, die geschmacklich punktete, durch die Überzeit – der filigrane Löffel mit dem Dotter wollte nicht richtig am Glas liegen bleiben! – aber nicht um den Sieg mitspielen konnte.

Dass die Geschichte des Martini noch lang nicht auserzählt ist, bewies dann auch Alex Öhlers Version. Rosmarin aus seinem Garten und Grapefruit wurde mit Sonnenblumenöl aus dem Marchfeld zu einem cleveren Aromageber vermengt. Drei Tropfen auf seinem »einfachen Drink für eine immer kompliziertere Welt« ((c) Alex Öhler) gaben dem Mix aus »elit« und dem Weinaperitif »Déjà-vu« eine stetige Begleitmusik mit. Auch das Bemühen um einen extrakalten Serve – mit gefrostetem Wodka vorbereitet und per Infrarotmessung bestätigt – war für den Barchef im »NENI am Prater« entscheidend: »Statt ihn zu kühlen, wärme ich den Drink eigentlich ein bisschen auf«. Mit dieser Kältetechnik-Vorlesung holte der »Simplicity« sich Platz 2.

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Einmal »Heiße Liebe« im Cocktail-Glas!

Denn am Ende siegte eine Hommage an das Eisdessert »Heiße Liebe«! Tatsächlich wurde diese Kreation von Laura Peez (»Sputnik«, Wien) bewusst wärmer serviert als ein schulmäßiger Martini. »So kommen die Aromen besser zur Geltung«, erläuterte die Bartenderin, dass sie ihren Drink ebenfalls per »Werfen« zur Perfektion brachte. Ein Himbeerkompott und Molke führten den aktuell wieder so beliebten »clarified milk punch« in die Martini-Welt ein, eine zarte Süße und die Vanillenote des Wiener Sissi-Wermuts rundete den Drink ab. Die dazu servierte Eiswaffel, eine weitere lokale Zutat aus der Hauptstadt, nahm diesen Geschmackspart genial auf. »Extrem saubere Technik«, lobte Juror Tom Sipos, dazu ist dieser Martini geeignet, den Drink aus der alkoholstarken Ecke zu holen.

Und der Sieger von 2018 vereinbarte auch flugs eine Coachingrunde mit Peez, ehe es für die »Sputnik«-Bartenderin nach Athen zum Finale geht. Das Zeug zum zweiten Austro-Sieg en suite hätte der »Dirty Sundae« jedenfalls!

Roland Graf
Autor
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