Karl-Heinz Hauptmann – Der Wein-Investor

Der Ex-Banker erzeugt heute hochwertige Rotweine in Bulgarien, Rumänien und ­auch in China.

In jungen Jahren trank er lieber Apfelwein und Bier, wie das in seiner Heimat Frankfurt eben üblich ist. Als Karl-Heinz Hauptmann später in London als Banker tätig war, hatte er im Juni 1987 einmal ein Mittagessen mit seinen japanischen Brokern, absolute Weinfreaks. »Wir tranken Haut-Brion 1971, einen Clos de Vougeot Grand Cru 1967 und Lafite Rothschild 1961. Das war noch in der guten alten Zeit vor dem Big Bang, wo man am Nachmittag schon was trinken konnte. Da bin ich aufgewacht und habe festgestellt: Wein ist was Tolles«, erinnert er sich mit Vergnügen.

Reise nach Bordeaux
Eine weitere Fundgrube für Weine zu moderaten Preisen in jener Zeit: die Region um den Genfer See. Hauptmann nahm an Proben bei Weinhändlern teil und fuhr irgendwann nach Bordeaux. »Mir war von Anfang an das Rechte Ufer sympathischer als das mondäne Médoc am Linken Ufer. In Saint-Émilion gibt es eine funktionierende Gesellschaft, die Leute sind noch füreinander da, die Winzer sind auch vor Ort zu Hause. Im Médoc sind es oft anonyme Eigentümer und deren Manager.«

Hauptmanns geschichtsträchtiges bulgarisches Weinguts­projekt »Bessa Valley« / Foto: beigestellt

Investitionen im Osten
Hauptmanns wachsende Weinleidenschaft stand in kausalem Zusammenhang mit dem Wunsch, selbst in Wein zu investieren, um guten Wein zu erzeugen. Der Zufall spielte ihm eine Gelegenheit in die Hände, allerdings nicht an den illustren Gestaden der Gironde, sondern in einer zwar ebenso geschichtsträchtigen, jedoch etwas in Ver­gessenheit geratenen Weinregion im Osten Europas.

In Bulgarien betreibt Hauptmann heute mit Partnern (darunter Stephan Graf Neipperg aus Saint-Émilion in Bordeaux) das Wein­guts­projekt »Bessa Valley«. In diesem Tal ist Weinanbau seit 3100 Jahren nachweisbar, schon die Thraker (Stamm der Bessen) kelterten hier ihren begehrten Wein. Die Anbaufläche liegt zwischen den Rhodopen und dem Fluss Mariza auf hügeligem Terrain, die Böden – von lehmig-sandig bis lehmig-steinig – liegen auf einem Sandsteinsockel. Ausgepflanzt sind hier auf 140 von insgesamt 250 Hektar rund zur Hälfte Merlot, zu einem Viertel Shiraz, schließlich noch Petit Verdot und Cabernet Sauvignon. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Produk­tion der für das Weingut wichtigsten Rotweine, dem Enira und dem Enira Reserva.

Partner im bulgarischen Weingeschäft: Karl-Heinz Hauptmann (l.) und Stephan Graf Neipperg / Foto: beigestellt
Partner im bulgarischen Weingeschäft: Karl-Heinz Hauptmann (l.) und Stephan Graf Neipperg

Gemeinsame Sache
Begonnen hat Hauptmanns Engagement in Bulgarien 1995. Zunächst beteiligte er sich über den Post-Privatization Fund an einem Weingut, das über Weingärten mit der guten Rotweinsorte Melnik 55 verfügte. Leider stellte sich heraus, dass die Partner es mit der Qualität nicht ganz so ernst nahmen und auf 20 Hektar statt 100.000 Flaschen gleich 500.000 Flaschen produzierten. Hauptmann verkaufte seine Anteile wieder. In dieser Situa­tion wandte sich Hauptmann an Neipperg und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, mit ihm gemeinsam etwas zu machen. Der Graf, ein sehr geschichtsbewusster Mensch, war fasziniert davon, in dieser Gegend auf die Suche nach einem besonders guten Terroir zu gehen. Dank der umfangreichen Rodungen von 1986 waren die Weingärten Bulgariens relativ frei von Viren – im Gegensatz zum restlichen Balkan. Denn in den ersten kapitalistischen Jahren wurden die Rebanlagen durch Misswirtschaft arg in Mitleidenschaft gezogen. Es wurde nur noch geerntet und nicht mehr investiert, die moldawischen Weinberge wurden ebenso ruiniert wie die meisten in Rumänien. Auch Bulgarien war betroffen, hier erwischte es die ausgezeichnete autochthone Rebsorte Mawrud, von der es heute kein virenfreies Rebmaterial mehr gibt.

Überzeugungstäter: Hauptmann will beweisen, dass Bulgarien ein großes Weinland ist / Foto: © Christof WagnerBewährtes aus Frankreich
Nach 80 bis 100 Bodenproben in unterschiedlichen Regionen war schließlich der passende Ort gefunden, Hauptmann und Neipperg setzten bei ihrem neuen Weingut im Bessa Valley voll und ganz auf Bewährtes aus Frankreich, woher sie auch sämtliche Rebstöcke importierten. »Die Grundidee war nachzuweisen, dass Bulgarien ein großes Weinland ist, dem es, mit den Maßnahmen und Techniken, die man in Bordeaux über die Jahre entwickelt hat, gelingen kann, die Qualität noch wesentlich zu verbessern.« Dazu kam ein nicht unwesentlicher kommerzieller Aspekt: ein großes Angebot an sehr guten Arbeitskräften bei einem relativ niedrigen Lohnniveau. Es ist kein Problem, drei- bis vierhundert Leute zum Schneiden oder Ernten zu bekommen. »So können wir hier einen hochqualitativen Wein zu sehr attraktiven Preisen produzieren, das wäre in vielen anderen Ländern nicht machbar«, da ist sich Hauptmann sicher. Von der Top-Cuvée »BV«, die Hauptmanns Partner Stephan Graf Neipperg aus den je drei besten Fässern Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah und Petit Verdot für Bessa Valley zusammenstellt, gibt es jährlich nur 3000 Flaschen. Ein kraftvoller, individueller Rotwein mit guter Frische. »Ein Stil, den man schätzt oder nicht, denn der Wein muss nicht mehrheitsfähig sein, beispielsweise unsere Reserva. Die kommt beim Endverbraucher in etwa zum Preis eines Cru Bourgeois an.« Was gemessen an der Qualität dieses Produktes ein tolles Preis-Leitungs-Verhältnis ist, so viel ist sicher.

Rumänien und China
Seit 2006 ist Hauptmann auch Winzer in Rumänien, in der Region von Aliman hat er 80 Hektar Land erworben. 2009 wurde der erste Jahrgang von Alira, ein samtiger Merlot, auf den Markt gebracht. Heute produziert man etwa 400.000 Flaschen jährlich, vorwiegend für den rumänischen Markt. Sein jüngstes Engagement führte den Ausnahmewinzer auch nach China, wo er auf der Halbinsel von Schandong das Weingut Qingdao Great River Hill Winery gründete. Dort hat er nach eingehender Prüfung von Boden und Kleinklima einen idealen Standort gefunden, um Reben zu pflanzen, die Trauben für höchste Ansprüche liefern werden. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sorgen für gute Aromenausbildung. Bei der Wahl der Rebsorten hat man erneut auf die Expertise der Fachleute in Bordeaux gesetzt. Die Vinifikation liegt in den Händen des erfahrenen französischen Önologen Mark Dworkin. Das Weingut verfügt über 150 Hektar, zunächst wurden 2009 die ers­ten 16 Hektar, zwischenzeitlich weitere 60 Hektar ausgepflanzt. Das Ziel: bis 2014 alle Rebberge mit Cabernet Sauvignon, Merlot, Chardonnay, Viognier und Mourvèdre (alle aus Frankreich importiert) zu bestocken.

Erfolgskurs
Unter dem Etikett Château Nine Peak wurde mit dem Jahrgang 2011 ein rein­sortiger Cabernet Sauvignon abgefüllt, dazu auch eine kraftvolle Reserva. Und es haben sich erste Erfolge eingestellt: Im Juni 2012 wurde die Reserva von Falstaff mit sehr guten 90 von 100 Punkten bewertet und als bester chinesischer Teilnehmer bei den International Wine Awards in Yantai als Champion mit dem »Special Gold Award« ausgezeichnet. Karl-Heinz Hauptmann ist also auch hier auf dem richtigen Weg.

Text von Peter Moser
Fotos von Cristof Wagner

Aus Falstaff Nr. 01/2013

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