Tim Raue verzeichnet Umsatzverluste in Millionenhöhe, bleibt aber optimistisch.

Tim Raue verzeichnet Umsatzverluste in Millionenhöhe, bleibt aber optimistisch.
© Nils Hasenau

»Jammern und Zaudern hat noch nie geholfen«

Multigastronom und Zwei-Sterne-Koch Tim Raue spricht über Gewinne und Verluste in der Krise, über seinen Lieferdienst und das, was ihm am meisten fehlt.

Falstaff: Haben Sie durchgerechnet, wieviel Geld Ihnen durch den Lockdown verloren gegangen ist? 
Tim Raue: Stand jetzt, im Restaurant Tim Raue, über eine Million Euro. In den anderen Restaurants, die alle geschlossen sind, wie die Colette Brasserien und die Villa Kellermann, gibt es seit letztem November gar keine Einnahmen. Die vier Hanami by Tim Raue Restaurants (auf Kreuzfahrtschiffen, Anm. der Redaktion) werden mit der Wiederaufnahme der ersten Schiffe ab Mitte Mai wieder in den Dienst treten, drei Schiffe waren seit knapp einem Jahr außer Betrieb, das sind insgesamt viele Millionen Euro Umsatz in den acht Restaurants. Das »The K« im Kulm Hotel in St. Moritz habe ich aufgeben, da ich meine Mitarbeiter nicht in ein anderes Land zum arbeiten schicken wollte. 

Mussten Sie Mitarbeiter entlassen? Haben Mitarbeiter selbst gekündigt? 
Das ist eine Zeit des Wandels, und das hat zur Folge, dass sich Mitarbeiter neu orientieren und auch wir das Unternehmen teilweise neu ausrichten müssen. 

Wie sehen Sie Ihre Perspektive? 
Ich denke nur in kleinen Schritten, für das Restaurant Tim Raue geht es darum eine Außengastronomie zu kreieren, in der Villa Kellermann haben wir eine fantastische Terrasse. Die Kreuzfahrtbranche wird langsam wieder hochfahren, für die Innengastronomie sehe ich erst in vier bis fünf Monaten die Möglichkeit zu starten.

Was fehlt Ihnen am meisten? 
Im Restaurant Tim Raue das Kochen auf höchstem Niveau. Außerdem die Interaktion mit den Gästen, und natürlich bin ich selbst echt gerne Gast. 

Was macht Ihnen Hoffnung? 
Es gibt keine Alternative zur Hoffnung. Wir müssen nach vorne schauen und die Wetterweisheit »nach Regen kommt Sonne« auf unser Leben übertragen. Jammern und Zaudern hat noch nie geholfen.  

Hören Sie hin und wieder von Gästen? 
Wir haben durch unseren Lieferdienst #FuhKinGreat täglichen Kontakt mit Gästen, alle sehnen sich nach der Innengastronomie, aber glücklicherweise vergnügen sie sich bis dahin mit unserem derzeitigen Angebot.

Gibt es irgendetwas Positives, das Sie der Krisenzeit abgewinnen können? 
Wir haben gezeigt, dass wir weiterhin agieren und flexibel sind, was für uns als Unternehmer ungemein wichtig ist. Die Solidarität mit den Mitarbeitern und den Gästen hat dazu geführt, dass das Miteinander noch intensiver geworden ist. 

Welche Rolle spielt das To-Go-Geschäft für Sie? 
Wir haben mit #FuhKinGreat komplett auf das versenden & to-go-business gesetzt und sind damit bis dato sehr gut durch das letzte Jahr gekommen. Zudem haben wir je nach Auslastung auch Reinigungsleistungen eingespart, das oberste Ziel war immer die Mitarbeiter mit 100 Prozent zu bezahlen, was uns bis auf einen Monat von 12 Monaten gelungen ist. 

Würden Sie sagen, Sie haben das Beste aus der Krise gemacht?
Ich wüsste nicht, wie wir es hätten besser machen können! Meine Geschäftspartnerin Marie-Anne Wild und ich haben sehr schnell reagiert und wollten immer im unternehmerischen Sinne, im Rahmen der Möglichkeiten die uns die Regierung vorgegeben hat, handlungsfähig bleiben.

Für wann rechnen Sie mit der Wiedereröffnung? 
Wie ich aus der Regierung höre, möchte man die Außengastronomie im Juni/Juli öffnen und die Innengastronomie nicht vor dem Spätsommer/Herbst. 

Gibt es etwas aus Ihrem aktuellen Corona-Angebot, das Sie nach dem Lockdown behalten werden? 
Wir werden zu Feiertagen und zum Valentinstag zukünftig sicher Menüs anbieten & versenden, das hat sich eingespielt und wird den normalen Betrieb ergänzen.

Dieses Interview ist Teil des Artikels »Sechs Monate Lockdown – Top-Gastronomen ziehen Bilanz«. Einen Überblick und den Verweis auf weitere Koch-Interviews finden Sie hier.

Philipp Elsbrock
Philipp Elsbrock
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