Istriens Schätze

Diese Region im Norden Kroatiens ist eine Schatzkammer und rückt immer mehr ins Zentrum der Genießer.

Wenn es um Fisch geht, kann man ihm nichts vormachen. »Wir verarbeiten ihn nur ganz frisch direkt aus dem Meer«, sagt David Skoko. Bei ihm trifft dieser Satz auch tatsächlich zu: Der Fisch zuckt fast noch auf dem Schneidebrett. David steht in der Mini-Küche des »Batelina« und filetiert behutsam eine Seezunge für ein Carpaccio. Mit Fischen kennt der Mann sich aus, sie sind seine Leidenschaft. Klar, er stammt aus einer waschechten Fischerfamilie. Über der Theke hängt ein großes Schwarzweißfoto: David als Jugendlicher auf einem Fischerboot mit seinem Vater. Früher sind die beiden zusammen aufs Meer hinausgefahren, heute fischt Vater Danilo wieder alleine. Den Fang bringt er zum Sohn ins Restaurant. Der 37-Jährige ist zwar kein ausgebildeter Koch, doch seine große Kenntnis und seine Liebe zum Produkt machen ihn zum wahren Meister der Fischküche.

David Skoko aus dem »Batelina«: in erster Linie Fischer, dann erst Koch / Foto: beigestelltDas »Batelina« ist ein Familienbetrieb: Der Papa fischt, der Sohn steht zusammen mit Mutter und Schwiegermutter in der Küche. Das kleine Restaurant in der Nähe von Pula an der südwestlichen Küste Istriens war früher das Wohnhaus des Vaters. Es wurde vor fast hundert Jahren gebaut. Seit gut dreizehn Jahren ist es auch eine erstklassige kulinarische Adresse. Dennoch: »Wir sehen uns in erster Linie als Fischer«, so David, »aber wir möchten auch zeigen, was man aus Fisch alles machen kann.« Zu seinen Lieblingen gehören die billigen Fische, die normalerweise in der Suppe landen. David macht auch aus Makrele und Haifisch eine ehrliche Haute Cuisine: Makrelen-Confit, Haifisch-Leberwurst. Als zweiten Gang serviert er etwa eine sensationelle Seezunge auf Sesam mit Löwenzahn-Pes­to. Der edle Fisch schmeckt noch besser, noch zarter als sonst, denn »jetzt ist eben seine Saison«. Den Löwenzahn hat die Schwiegermutter gesammelt. Eine Handvoll Löwenzahn, wilder Ruccola oder Mangold, ein paar frische Kräuter – das ist alles an Beilagen. »Wir machen hier eine Protein-Diät«, sagt David und lacht. Auch Gewürze setzt er sparsam ein. Der Eigengeschmack der Meeresfrüchte soll richtig zur Geltung kommen. Der Fischvirtu­ose gibt sich bescheiden, Rezepte im eigentlichen Sinn entwickelt er nicht: »Wir schauen einfach, was wir an dem Tag gefangen haben, und dann mische ich Bekanntes neu.« Was für eine Untertreibung … Zusammen mit seiner Frau reist der Kroate viel in der Welt herum: Afrika, Asien, seine Schwester lebt auf Bali. Überall saugt David die kulinarischen Gepflogenheiten auf und kombiniert sie zu Hause auf geniale Weise mit den Meeresfrüchten aus dem heimischen Gewässer.

Um die 50 verschiedene Fischarten gebe es vor der Küste Istriens, zwar nur in geringen Mengen, aber in umso besserer Qualität. »Wegen der vielen Felsenriffe hier ist die Region ideales Laichgebiet«, sagt er. »Die Langostinos vor der Küste von Rijeka zum Beispiel sind einfach perfekt.« Davids Augen strahlen. Eine Spezialität ist der Krebssalat aus der Meeresspinne. Austern und Muscheln werden am Limski-Fjord gezüchtet.

Fischliebhaber pilgern auch gerne nach Novigrad. In der mittelalterlich geprägten Hafenstadt gibt es gleich mehrere gute Restaurants, allen voran das »Damir & Ornella«. Es ist längst Kult, vor allem wegen der Sushis made in Istria. Damir Beletic seziert cool und mit chirurgischer Präzision die Fische vor den Augen der Gäste. Zack, zack, die japanischen Messer blitzen. Und auch hier wieder: »Unser Fisch ist immer absolut frisch. Wir bestellen von unserem Fischer immer nur die Menge, die unseren Reser­vierungen entspricht.«

In der »Stancija Meneghetti« wird traditionell, aber sehr einfallsreich gekocht. / Foto: beigestelltDer nördliche Zipfel Kroatiens bringt hervorragende Produkte hervor, nicht nur aus dem Meer, sondern auch Trüffel. In den fruchtbaren Wäldern des Mirnatals gedeihen das ganze Jahr über mehrere Trüffelsorten, darunter die weltberühmte weiße Edeltrüffel Tuber magnatum Pico. Die weiße Trüffel Istriens ist identisch mit jener aus Alba, aber noch nicht ganz so teuer. Zwar wurde schon 1929 die erste istrische Trüffel ausgegraben, doch so richtig ins Rollen kam die Sache erst siebzig Jahre später, als Giancarlo Zigante mit seinem Spürhund in einem Eichenwald nahe seinem Dorf Livade eine gigantische weiße Trüffel ausbuddelte. Die Knolle wog 1310 Gramm – ein Weltrekord. Zigante wusste den über ihn hereinbrechenden Ruhm in die richtigen Bahnen zu lenken. »Mis­ter Giancarlo«, wie ihn alle in seiner Umgebung nennen, hat ein kleines Trüffel-Imperium in der Region aufgebaut: Er kauft die wertvolle Knolle von mehr als 600 Suchern, exportiert sie ins Ausland, verarbeitet sie zu Trüffelbutter, Honig und Aufstrichen oder konserviert sie mit Salz. Natürlich spielt auch in seinem Restaurant »Zigante« die Trüffel die Haupt­rolle – ganz klassisch über Pasta gehobelt oder als raffinierter Akzent bei Scampi-Carpaccio mit Tintenfisch, zusammen mit Schokolade als Füllung in Gnocchi oder im Kartoffelsoufflé, gefüllt mit flüssigem Eidotter. Ein Muss ist das getrüffelte Vanilleeis. Was Zigante anpackt, scheint von Erfolg gekrönt – heute vertreibt er auch noch hochwertiges Bio-Olivenöl von der eigenen Plantage.

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Text Susanna Bingemer