Zwei-Sterne-Köchin Douce Steiner macht sich Gedanken zur Zukunft der Gastronomie.

Zwei-Sterne-Köchin Douce Steiner macht sich Gedanken zur Zukunft der Gastronomie.
© Michael Wissing BFF

»In der Gastronomie arbeiten wir noch wie vor 100 Jahren«

Douce Steiner ist Deutschlands einzige Zwei-Sterne-Köchin und führt im Markgräflerland das »Hotel Restaurant Hirschen«. Warum die Corona-Zeit sie zum Nachdenken gebracht hat und weshalb sie To-Go-Boxen ablehnt, erzählt sie im Interview.

Sie sind seit einem halben Jahr in Zwangspause – können Sie kurz Ihren momentanen Tagesablauf beschreiben?
Ich stehe zwischen 8 und 9 Uhr auf und gehe ins Restaurant. Dort richte ich Frühstück für meine Eltern, die um die 80 sind. Zwischen 13 und 15 Uhr mache ich Sport, gehe spazieren, mache Nordic Walking oder fahre Fahrrad. Abends kochen wir zusammen, zwischen 17 und 18 Uhr gibt es den Aperitif. Um 19.30 Uhr sind wir meist schon fertig. Es geht uns nicht schlecht.

Haben Sie durchgerechnet, wieviel Geld Ihnen durch den Lockdown verloren gegangen ist?
Dazu möchte ich nichts sagen.

Mussten Sie Mitarbeiter entlassen? Haben Mitarbeiter selbst gekündigt?
Von meinen 20 Mitarbeitern musste ich niemandem kündigen, auch im ersten Lockdown nicht. Ich lasse sie nicht im Stich und sie mich auch nicht. Alle sind da, wenn wir wieder aufmachen. Aber ohne Staatshilfen ging es auch nicht bei uns.

Wie sehen Sie Ihre Perspektive?
Mich hat die Pandemie ins Nachdenken gebracht. In der Gastronomie arbeiten wir oft noch so wie vor 100 Jahren. Die jungen Leute werden das nicht mehr so machen wie wir. Es gibt immer neue Wege, vor allem, was die Arbeitszeiten angeht. 

Was fehlt Ihnen am meisten?
Meine Gäste und mein Team. Das Kochen sowieso. Ich fahre auch jetzt noch alle 14 Tage nach Frankreich und kaufe dort meine Zutaten.

Was macht Ihnen Hoffnung?
Ich bin gar nicht hoffnungslos. Ich hoffe, dass wir bald wieder öffnen dürfen. Die ersten, zwei, drei Monate gingen noch, jetzt brauchen wir Perspektiven.

Hören Sie hin und wieder von Gästen?
Ja, wir bekommen wahnsinnig viele Reservierungen und Briefe.  

Gibt es irgendetwas Positives, das Sie der Krisenzeit abgewinnen können?
Wir haben so eine schöne Arbeit. Ich freue mich jeden Mittwoch so sehr, ins Geschäft zu kommen. Und dann macht man seine Arbeit auch gut, oder?

Welche Rolle spielt das To-Go-Geschäft für Sie?
Ganz ehrlich? Ich finde es fürchterlich. Niemand verdient damit Geld, man kommt gerade so über die Runden. Und diese Mengen an Müll...

Würden Sie sagen, Sie haben das Beste aus der Krise gemacht?
Ja, auf jeden Fall.  

Für wann rechnen Sie mit der Wiedereröffnung?
Ich rechne mit gar nichts mehr. Ich habe schon früh gesagt, der Lockdown wird nicht einen Monat dauern, sondern bis März. Jetzt ist es schon fast Sommer. Aber ich denke, im Juni wird es soweit sein.

Dieses Interview ist Teil des Artikels »Sechs Monate Lockdown – Top-Gastronomen ziehen Bilanz«. Einen Überblick und den Verweis auf weitere Koch-Interviews finden Sie hier.

Philipp Elsbrock
Philipp Elsbrock
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