Eine Welt der hochprozentigen Getränke: Spannung, Spaß und eine bunte Vielfalt.

Eine Welt der hochprozentigen Getränke: Spannung, Spaß und eine bunte Vielfalt.
© Pexels / Chris f

Hochprozentig: Die neuen Spirits-Trends

Von Mezcal bis zum Rote Rüben-Brand: Auf welche Spirits die Gastro setzt und warum der Gin-Hype noch lange nicht vorbei ist. Plus: Bio-Destillate als boomender Zukunftsmarkt.

Im deutschsprachigen Raum gibt es wohl keinen Zweiten, der so viel Hochprozentiges unter der Nase und am Gaumen hatte, wie Jürgen Schmücking. Der »Master of World Spirits« und Tester nationaler wie auch internationaler Spirits-Awards kennt die Trends der Branche. Und da gewinnt Whisky aus heimischen Gefilden immer mehr an Bedeutung. »Whisky kannst du nur machen, wenn du dich intensiv damit beschäftigst. Jene, die damit schon vor Jahren begonnen haben, liefern jetzt Produkte ab, die herausragend sind«, sagt Schmücking und nennt gleich ein paar Beispiele. Allen voran Hans Reisetbauer, der schon in den 90er-Jahren die Weichen auf Whisky-Produktion stellte und in seiner Landwirtschaft Sommerbraugerste kultivierte, die seit jeher der Ursprung für den Reisetbauer Single Malt Whisky ist. Der Whisky lagert bis zu 15 Jahre in gebrauchten Holzfässern.

»Schon vor Jahren haben einige Brenner in Österreich den Trend zu heimischen Whiskys erkannt. Ihre Produkte sind herausragend.«
Jürgen Schmücking, Master of World Spirits

»Atemberaubend gut«, urteilt auch René Antrag. Der Chef-Sommelier im »Steirereck im Stadtpark« kennt den Geschmack der Gäste und weiß, dass sich Regionalität auch am Schnapswagen gut verkaufen lässt. »Das muss man aber aktiv betreiben«, fügt Antrag hinzu. Die erste Whiskydestillerie in Österreich findet man übrigens im Waldviertel. Dort brennt die Familie Haider Whisky seit 1995 und inzwischen bereits in zweiter Generation. Mit dem Sortiment, das sich vorrangig auf Roggenwhiskys stützt, beweist der Familienbetrieb Weitblick und ist Vorreiter bei internationalen Trends. Dabei wird besonderer Wert auf heimische Tradition, Regionalität und Individualität gelegt. Ein Weg, den etwa auch die Osttiroler Naturbrennerei Kuenz mit dem Rauchkofel Single Malt Whisky geht, für den Osttiroler Gerste vermälzt und gebrannt wird.

Pink Gin

»Heimischer Whisky wird für die Gastronomie immer spannender«, sagt auch Markus Gselmann, der mit seiner 2019 gegründeten Baerenman-Destillerie in Landegg erst seit Kurzem am Markt der hochprozentigen Getränke mitmischt. Das aber mit einer Menge Know-how: Von 2014 weg war er für eine der bekanntesten Destillerien in Norwegen als Brennmeister verantwortlich, als studierter Mikrobiologe bringt Gselmann auch das chemische und biologische Wissen mit, das in dieser Branche eine große Rolle spielt.

Ab diesem Jahr steigt er auch in die Whisky-Produktion ein. Noch liegen die Schwerpunkte aber wo anders. Und zwar bei Rum, für den er jüngst Gold bei der »International Spirits Challenge« in Großbritannien holte, sowie bei Gin. Neben einem klassischen London Dry Gin stellt Baerenman auch einen Pink Gin her, eine Kombination aus Gin und Himbeergeist. »Durch die Infusion mit sonnengereiften Himbeeren erhält dieser Gin ein vollkommen neues Spektrum an Aromen und damit ein völlig neues Trinkerlebnis«, sagt Gselmann.

In England gibt es für Pink Gin bereits einen riesigen Markt, ebenso wie in Norwegen. In Österreich zählt Baerenman zu den Vorreitern dieses farbenprächtigen Getränks. »Der Gin-Trend wird uns noch länger erhalten bleiben«, ist sich auch Jürgen Schmücking sicher. Einerseits sei Gin in der Herstellung kein herausforderndes Produkt, andererseits ist er für Standardrezepturen von Cocktails bestens erprobt. Die Barszene selbst hält natürlich schon längst nach den nächsten Trends Ausschau. »Wir kreieren unsere eigenen Trends«, sagt Emanuel Pollak, neuer Barchef im »One o One« von Martin Ho. Hier nimmt man sich künftig den Agave-Spirituosen an, denen man eine eigene Karte widmet – also Mezcal und Tequila.

Wobei Mezcal ein breiteres Spektrum der Aromen zulässt. Denn im Gegensatz zu Tequila (blaue Weberagave) ist bei Mezcal nämlich der Einsatz sämtlicher Agavensorten erlaubt, sogar von wild wachsenden Arten. Durch diese ist auch die Spirituose vielfältiger und prägt zahlreiche spannende Geschmacksprofile aus. Die für Mezcal verwendeten Agaven werden häufig noch von lokalen Bauern angebaut, wild wachsende Exemplare werden gesammelt. »Es ist ein spannendes Produkt, für dessen Herstellung gutes Handwerk notwendig ist«, sagt Pollak. »Wir wollen unseren Gästen eine große Vielfalt bieten und natürlich immer wieder Neues.«

Steinpilz-Schnaps

Wer nach ausgefallenen Edelbränden Ausschau hält, der ist am Sammerhof im Salzkammergut an der richtigen Adresse. Brenner Christian Brunner hat sich sein Alleinstellungsmerkmal mit einem riesigen Sortiment von an die 100 Edelbränden geschaffen – die Bandbreite reicht von Klassikern wie der Roten Williamsbirne oder der Alten Zwetschke aus dem Eichenfass bis hin zu Spezialitäten wie Steinpilz- oder Rote Rüben-Brand. Brunner: »Die Rote Rübe hat viel Zucker. Damit lässt sich diese Feldfrucht super vergären und ein hervorragendes Destillat daraus machen. In der Nase erdige Töne, dazu typischer Duft nach Roter Rübe, volle Aromatik am Gaumen.«

Für den Steinpilz-Schnaps werden die Pilze mit Weizenbrand versetzt, der sich die Aromastoffe aus den Pilzen holt. Dann kommt es auf die Brenngeschwindigkeit an. »Man muss es ganz langsam abdestillieren, damit nur die angenehmen Aromen durchkommen«, so Brunner, auf dessen Edelbrände zum Beispiel auch das Restaurant »Bootshaus« am Traunsee setzt. Jürgen Schmücking sieht bei den Spirits generell auch einen Trend hin zu Bio und Nachhaltigkeit – ein boomender Zukunftsmarkt. »Damit lädt man Marken natürlich emotional auf. Auf die Sensorik selbst hat Bio beim Brennen jedoch keine Auswirkung.«

Bio und Nachhaltigkeit sind nun auch bei den Spirits ein großer Trend. Auf die Sensorik hat das jedoch keine Auswirkung.

Regionalität und Nachhaltigkeit spielen auch bei der Grazer Traditionsbrennerei Franz Bauer eine große Rolle. Ebenso Bio. Kürzlich wurde die Destillerie sogar Bio-zertifiziert. 1500 Tonnen Früchte aus regionaler Erzeugung werden hier jedes Jahr zu unterschiedlichsten Produkten verarbeitet. Neu im Sortiment ist dabei zum Beispiel der Minzling Pfefferminzlikör, der eine neue Ära bei Bauer einleiten soll, wie Marketingleiter Florian Goldegg verrät. Die sogenannten »neuen Wilden« von Bauer richten sich an ein junges Zielpublikum, das verantwortungsbewusst und qualitativ hochwertig trinken will. Mit 18 Volumsprozent ist der Alkoholgehalt des neuen Minzlings, der im Geschmack an Eiszuckerl erinnert, entsprechend niedrig.

Hard Seltzer

Ein weiterer Trend, der in den USA bereits fixer Bestandteil der Barkultur ist, hat ebenfalls mit einem niedrigen Alkoholgehalt zu tun: Hard Seltzer. Einer der ersten, der dieses Getränk am heimischen Markt etabliert, ist Reinhard Putscher. Sein »FLYWA Wildes Wasser« wird aus hochqualitativem, reinem und mehrfach destilliertem Alkohol aus österreichischem Weizen hergestellt. Kombiniert mit natürlichen Aromen und österreichischem Wasser entsteht ein Getränk mit fruchtig frischer und spritziger Klarheit. Erhältlich ist es in den Geschmacksrichtungen Fresh Citrus, Hard Orange und Wild Ice Tea. Und das alles ohne Zucker, ohne Kohlenhydrate mit nur 17 kcal pro 100 Milliliter und 2,9 Volumsprozent Alkohol. »Zukünftig auch in der Dose«, wie Putscher verrät.

Michael Pöcheim Pech
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