Große Gewächse 2013: Ein kompliziertes Jahr

Der VDP stellte jetzt die Großen Gewächse aus diesem kalten und nassen Jahr vor. Hier finden Sie die Verkostungsnotizen des Falstaff und das »Best of Riesling GG 2013«.

Eine Erinnerung vorab: Der Winter 2012/2013 war hartnäckig und brachte Kälte bis in den April. Die Reben trieben mit zweiwöchiger Verspätung aus – und blühten auch später als üblich, bei Wind und Regen.

Von Beginn an zeichnete sich ab, dass der Jahrgang 2013 bei niedrigem Ertrag spät reif würde. Sommer und Herbst taten wenig, um die Lage zu verbessern. Mitte September schließlich setzte Regen ein: Die sich ausbreitende Fäulnis zwang die Winzer zu einem vorzeitigen Lesebeginn, in den klimatisch etwas begüns­tigteren Gebieten war dies Anfang Oktober. An der Mosel, vor allem aber an Saar und Ruwer begann die Lese gar erst am 23. Oktober – und musste wegen starker Niederschläge innerhalb von nur sieben Tagen zu einem schnellen Ende gebracht werden.

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Die Verkostung bei der VDP-Vorpremiere in Wiesbaden zeigte, dass in diesem komplizierten Jahr Spitzenqualitäten nur möglich waren, wo mehrere Faktoren zusammenkamen. Zunächst eine wirklich erstklassige Weinbergslage. Des Weiteren Können und Fleiß während der sommerlichen Laubarbeiten und beim Pflanzenschutz. Weiterhin eine skrupulöse Selektion bei der Lese und die Bereitschaft, in einem ohnehin kleinen Jahr zusätzlich auf Menge zu verzichten. Ebenso die Fähigkeit, Botrytis – wo sie nicht zu vermeiden war – auf den edleren Teil der Überreife hin auszulesen und stilistisch so einzusetzen, dass sie zu einem trocken ausgebauten Wein passt. Last, but not least war im Keller die Gelassenheit vonnöten, auf übertriebene Korrekturen – etwa radikale Ent­säuerungen – zu verzichten.

Gemischtes Bild
Die Verkostung von 240 Rieslingen Große Gewächse des Jahrgangs 2013 hinterließ ein gemischtes Bild: Rund 40 Rieslinge erhielten vom Falstaff-Team Noten unterhalb von 90 Punkten. Diese Weine erreichen nur knapp jenen Grad an stilistischer Fokussiertheit und Substanz, der sie als Große Gewächse qualifiziert – oder verfehlen ihn sogar. Angesichts der widrigen Witterungsumstände muss man jedoch anerkennen, dass die Mittelklasse korrekte Qualitäten bietet und dass obere Mittelklasse und Spitze sehr gut besetzt sind. Knapp 100 Weine mit einer Bewertung von 92 Punkten oder mehr stellen dem Einsatz der Winzer ein glänzendes Zeugnis aus. Den größten Könnern – meist Routiniers oder Betriebe, bei denen die junge Generation mit Routiniers zusammenarbeitet – sind auch 2013 präzise, in sich ruhende Terroir-Rieslinge gelungen. Das letzte Quäntchen an Dichte, Druck und vor allem Länge darf man sich dieses Jahr zwar auch von den Top-Weinen nicht erwarten, doch sie zeichnen bereits jetzt im jugendlichen Zustand ein sehr deutliches Bild von ihrer Herkunftslage – und das im Format des Jahrgangs, der in den besten Weinen Eleganz, klassische Proportionen und animierenden Trinkspaß vermittelt.

BEST OF RIESLING GG 2013

94 Punkte: 2013 Dorsheim Burgberg
Schlossgut Diel, Nahe
Verschlossen-mineralischer Duft, auch am Gaumen intensiv mineralische Wahnehmungen, in reiche viskose Schichten verpackt. Der Wein verfügt über einen reifen, nahtlos integrierten Säurekern und einen kompakten Bau. Er ist auf unauffällige Weise dicht, mit großem Potenzial.
www.diel.eu

94 Punkte: 2013 Norheim Dellchen
Weingut Dönnhoff, Nahe
Erste Öffnung im Duft: Calendula, Orangenblüte, Gesteinsnoten. Im Mund nahtlos rund, reife und unaufdringliche Säure, reichhaltig in den weichen Anteilen und zugleich stoffig, feingliedrig und druckvoll, sehr viel mineralische Substanz,
ätherisch-würzige Abgangsnoten.
www.doennhoff.com

94 Punkte: 2013 Niederhausen Hermannshöhle
Weingut Dönnhoff, Nahe
Verschlossen mit Noten von Blattgrün und feuchtem Stein, mit Luftkontakt, gelbfleischiger Pfirsich, Blutorange, Schiefer. Pikanter Säurenerv, stoffig getragen, zusammengeballt dicht, substanzhaltig, noch sehr verschlossen, der Abgang wird taktil-mineralisch dominiert.
www.doennhoff.com

94 Punkte: 2013 Winningen Uhlen Blaufüßer Lay
Weingut Heymann-Löwenstein, Mosel
Riecht nach Apfel, Funkenschlag und Sarawak-Pfeffer. Leichte Süße im Auftakt, seidige Gaumenmitte mit einer Spur phenolischer Extrakt­reserven, stabiler Nerv, holzgeprägte Abrundung, fein ziseliert und dennoch präsent und druckvoll, kräftig taktil-mineralisch, sehr elaborierter Stil.
www.heymann-loewenstein.com

94 Punkte: 2013 Westhofen Brunnenhäuschen Abtserde
Weingut Keller, Rheinhessen
Frische Tropenfruchtaromen, Minze, Zitruszesten, feine Blütenaromen. Beeindruckend saftig, nach Maracuja, Mango und Aprikose, dezente Fruchtsüße, mit rassiger Säure unterlegt, würzige Mineralik, bleibt gut haften, hat sehr gutes Reifepotenzial.
www.keller-wein.de

94 Punkte: 2013 Erden Prälat
Weingut Dr. Loosen, Mosel
Lässt trotz des noch verschlossenen Zustands bereits den lagentypisch mineralischen Einschlag erkennen. Nach Luftkontakt Noten von Charen­tais-Melone und Orangenschale. Prall ausgefüllter Gaumeneindruck, stoffig, milde Säure, aber taktil-mineralisch getragen, vereint Dichte und Feinheit, sublimer Stil. www.drloosen.com

93 Punkte: 2013 Rüdesheim Berg Rottland
G. H. von Mumm’sches Weingut, Rheingau
Würzig, komplex und pur: Vegemite und Gesteinsmehl, Rosmarinblüte. Reicher Extrakt, von seidigen Empfindungen abgedeckte Säure, nahezu viskos in der Gaumenmitte, breit und Respekt gebietend, doch mit natürlichem Reichtum, nicht forciert. Homogen bis in den Abgang hinein, dezenter Holzeinfluss.
www.mumm.de

93 Punkte: 2013 Kiedrich Gräfenberg
Weingut Robert Weil, Rheingau
Terpen-würzig im Duft und trotz des spürbaren Holzeinflusses noch eine Spur reduktiv. Am Gaumen salzig und sehr präsent mit fein gepixeltem Extrakt, nicht zu süß, nicht zu sauer, mineralischer Fond, homogen bis ins Finale. Abgang mit würzigem Entfaltungspotenzial.
www.weingut-robert-weil.com

93 Punkte: 2013 Westhofen Brunnenhäuschen
Weingut Wittmann, Rheinhessen
Pfirsich, Basilikum, Blutorange, begleitet von Pfefferaromen, harmonische Nase. Fruchtig-­saftig im Mund, feine Balance von Säure, delikate Textur, Mineralik und Frucht, hohe aromatische Dichte, leicht herber Ton im Nachhall, langer Abgang.
www.weingutwittmann.de

Text von Ulrich Sautter aus Falstaff Deutschland 07/14

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland