Cocktails in der Flasche werden gerade von vielen Barkeepern vorangebracht.

Cocktails in der Flasche werden gerade von vielen Barkeepern vorangebracht.
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Genie in a Bottle: Fertig abgefüllte Cocktails

Neben der Spirituosen-Industrie, die schon geraume Zeit Longdrinks in Dosen oder sogenannte Premix-Flaschen bereitstellt, entstanden in letzter Zeit eine Reihe von Produkten von Barkeepern, die das handwerkliche Können ihrer Entwickler und die Hochwertigkeit der Zutaten in den Mittelpunkt rücken.

Die Idee Cocktails in einer Flasche reifen zu lassen, um die Qualität zu verbessern, hat sich zu Beginn der 2000er-Jahre in der Barszene festgesetzt. Barkeeper wollten ihre Kreationen optimieren und begannen, analog zu der Herstellung von Spirituosen, Cocktails in größerem Maßstab herzustellen und teils über Monate in Flaschen zu lagern. »Der Vorteil liegt darin, dass das verbindende Schmelzwasser schon in der Flasche drin ist«, erklärt Philipp M. Ernst, »denn in frischen Cocktails haben die Zutaten wenig Zeit sich zu harmonisieren«. Seit 2017 experimentiert der Besitzer der »Josefbar« mit »Bottle Aging« und erzielt sehr ausbalancierte Drinks. Dass man diese auch portionsweise in kleinere Flaschen abfüllen und außerhalb der Bar verkaufen kann, ist eine logische Konsequenz, die zur ersten Entwicklung einer Produktlinie führte.

Für welche Cocktails eignet sich das Verfahren?

Besonders Ikonen der Bargeschichte, die zum Teil gerade eine echte Renaissance erleben, sind gut geeignet. Neben Negroni, Cosmopolitan oder Porn Star Martini sind auch von Klassikern beeinflusste Eigenkreationen erfolgsversprechend. Diese Drinks bieten ein Alleinstellungsmerkmal für die einzelne Bar.

Die Krise als Chance

Mit den ersten beiden Lockdowns zeigte sich, dass die Schließung von Bars eine enorme Versorgungslücke hinterließ. Eines der schnellsten Projekte rief schon einen Tag nach der zweiten Schließung Kan Zou (»The Sign Lounge«) ins Leben. Gemeinsam mit anderen Barkeepern beschloss er einen Lieferservice für Cocktails zu organisieren, um den Bars Umsätze zu verschaffen. Die Nachfrage zog unglaublich an, sodass Anfang 2021 daraus die Firma »drinks at home« entstand. Acht Bars haben Rezepte geliefert, die Produktion der Cocktails erfolgt inzwischen professionalisiert in Graz. Phillipp M. Ernst konnte zu diesem Zeitpunkt schon auf Erfahrungen zurückgreifen, da er schon vor der Pandemie diese Richtung eingeschlagen hatte.

Die Gesamtsituation bescherte auch ihm eine Umsatzsteigerung, besonders bei privaten Kunden. Die Versorgungschwierigkeiten in ländlichen Gebieten erwiesen sich für Gerald Straus als große Chance. Der Betreiber der »Taro American Bar« in Bruck a. d. Leitha beschloss eine Lieferung zu bestimmten Zeitpunkten anzubieten und machte die Idee über seine Social-Media-Kanäle bekannt. Zunächst in recht einfachen Bechern geliefert, erforderte die hohe Nachfrage die Einführungen eines Pfandflaschen-Systems. Schon bald wurde in häufigeren Lieferfenstern bis nach Wien gearbeitet.

Werbung für die Bars

»Natürlich ist es schön, wenn Menschen unsere Produkte zu Hause genießen, aber eigentlich wollen wir sie wieder als Gäste in der Bar begrüßen«, meint Straus. Ein Ansatz, den auch drinks at home verfolgt. Zu einem Hauptbestandteil der Markenbildung zählt hier, dass die Gesichter der Barkeeper auf den Labels gezeigt werden und die Namen der Bars angegeben sind. So können Sie entscheiden, ob sie den nächsten Cocktail im eigenen Heim oder in der unverwechselbaren Atmosphäre einer Cocktailbar genießen möchten.

Zukünftige Einsatzgebiete

Mit der Aufhebung aller Maßnahmen haben sich die Rahmenbedingungen erneut geändert. Während private Kunden als Gäste in Bars zurückkehren, gewinnen andere Einsatzgebiete an Bedeutung. Cocktails aus der Flasche bieten in Umgebungen, die über keine Bar-Infrastruktur verfügen, eine gute Alternative. Preislich werden verschiedenste Niveaus angeboten, neben günstigeren Basis-Produktschienen, sind Premiumprodukte verfügbar, die schon bei den Grundzutaten auf höchste Qualität setzen. Dabei sind die Namen der für die Rezepte verantwortlichen Bars und Barkeeper oftmals auf den Labels zu finden. Dazu genaue Anweisungen für die Endfertigung des Drinks.

In der Business Class von Fluglinien, in Hotel-Minibars, oder beim Catering von Veranstaltungen können so mit überschaubarem Aufwand gute Drinks genossen werden. Natürlich muss auch der private Kunde weiterhin nicht auf den gepflegten Drink zu Hause verzichten. Zahlreiche Internet-Verkaufsplattformen, sowie Spezialhändler und C&C-Anbieter haben eine schöne Auswahl an Bottled Cocktails gelistet.

Vertriebskanäle für Endkunden:

feingeist.at
weisshaus.at
amersin.at


Erhard Ruthner
Erhard Ruthner
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